Zwei 90-minütige Testspiele an zwei verschiedenen Orten an einem Tag abzuhalten, das bringt bisweilen kuriose Situationen mit sich. Für Mahir Emreli und für Jannik Hofmann zum Beispiel. Die zwei Spieler des 1. FC Nürnberg kamen nämlich am Sonntagvormittag schon im ersten Spiel gegen den FC Ingolstadt zum Einsatz, in Halbzeit zwei. Über eine Stunde später standen sie in Spiel zwei in der Startelf, ebenfalls gegen den Drittligisten Ingolstadt, diesmal aber einen Kilometer entfernt, am Platz des Nachwuchs-Leistungszentrums (NLZ), wo Trainer Miroslav Klose auf dem Rasen schon auf sie wartete. In der Pause dieser Partie durfte zumindest Emreli dann duschen gehen. Nürnberg gewann Spiel eins 2:1, Spiel zwei 3:0. Kloses erste Blitzanalyse nach 180 Minuten: In Spiel eins „hätten wir das eine oder andere Tor mehr machen können. Nicht so zufrieden war ich mit der letzten Viertelstunde, da haben wir zu viele Bälle gespielt, die wir nicht spielen wollen.“
Noch sechs Tage sind es, ehe der Club gegen den Karlsruher SC in die Rückrunde der zweiten Liga startet, doch der Kader ist immer noch so groß, dass sie gar nicht wissen, wohin mit all ihren Spielern. Zumindest sollen so viele Akteure wie möglich eine 90-Minuten-Belastung erhalten, „damit sie die Batterien voll bekommen“, wie Klose sagte. Wobei ja schon klar ist, dass gar nicht alle Spieler mit vollen Batterien nötig sind.
Nun wird Linksverteidiger Tim Handwerker von Freitagabend an für den Liga-Konkurrenten Jahn Regensburg auflaufen, und Joseph Hungbo wechselte zu Wigan Athletic. Letzterer Abschied hat den Vorteil, dass schon einmal ein Flügelstürmer abgegeben wurde, von denen der Club seit seiner Systemumstellung auf eine Dreierkette zu viele hat. Doch trotz dieser beiden Weggänge fanden sich am Sonntag beim zweiten Testspiel am NLZ noch durchaus bekannte Spieler wie Lukas Schleimer oder Enrico Valentini auf der Ersatzbank wieder (letzterer wurde immerhin in der zweiten Halbzeit eingewechselt und traf zum 3:0). Drei Testspiele an einem einzigen Tag, meint Klose schmunzelnd, wären womöglich dann doch ein bisschen zu viel gewesen. Der Trainer wollte die Bank aber nicht als Fingerzeig in Richtung Abschied verstanden wissen. „Der Verein hat mit dem einen oder anderen Spieler gesprochen“, sagt Klose. Diejenigen, die „etwas hinten dran“ seien, wüssten Bescheid. Gemeint seien damit aktuell lediglich Benjamin Goller und Tayman Duman.
Andererseits gibt es freilich auch Akteure, die für die zweite Hälfte der Saison gesetzt sind. Stefanos Tzimas gehört sicherlich dazu, immerhin hat der 18-jährige Angreifer schon acht Tore erzielt. Im Stadion-Testspiel nutzte er schon in der zweiten Spielminute einen Fehler in der Ingolstädter Abwehr zur Führung, letztlich erzielte er beide Treffer zum 2:1-Erfolg und hätte auch noch öfter treffen können, weil er stets anspielbar und gefährlich ist. Es war wenig überraschend, dass er sich kurz vor der Pause übermäßig über ein Foul seines Gegenspielers Felix Keidel echauffierte. Tzimas sieht wohl auch für sich selbst eine große Zukunft, solange er gesund bleibt.
Zugang Tim Drexler spielt über 90 Minuten, allerdings im Spiel zwei
Das Problem für den Club ist nur, dass diese Zukunft eher nicht in Nürnberg liegt. Tzimas, der im Trainingslager in Herzogenaurach seinen 19. Geburtstag feierte, ist eine Leihgabe von PAOK Saloniki, rund 18 Millionen Euro würde es im kommenden Sommer kosten, ihn zu behalten. Und selbst, wenn sich der 1. FCN dazu entscheidet, stellt sich die Frage, ob er ihn angesichts dieses Betrags nicht gleich wieder gewinnbringend weiterverkaufen muss. Behalten würden sie ihn aber, Stand jetzt, sehr gerne.
Zufrieden scheint der Cheftrainer auch mit dem ersten Zugang des Jahres zu sein. Tim Drexler, 19, ist von der TSG Hoffenheim ausgeliehen, bringt also Erstliga-Erfahrung mit, und soll eben jene Verteidiger-Optionen erweitern, die nach der Systemumstellung fehlten, zumal er ihn auf jeder Position in der Dreierkette für einsetzbar hält. „Er hat auch im Training gut ausgesehen, und heute hat er gezeigt, dass er auch schon 90 Minuten spielen kann.“ Das allerdings im Spiel zwei.
Weil Spiel eins im Stadion unter Ausschluss der Öffentlichkeit gespielt wurde, drängte sich der Verdacht auf, dass es sich auch schon um die Startelf für den Sonntag gegen den Karlsruher SC am selben Ort handeln könnte. „Nee“, sagt Klose, das sei nicht unbedingt so, „da ist jetzt keine Mannschaft B oder so etwas“. Alle könnten sich weiterhin empfehlen. Es gilt allerdings als unwahrscheinlich, dass sich auch der KSC zu zwei Partien überreden lässt, damit alle Nürnberger zum Zug kommen.