1. FC Nürnberg:"Deswegen ist es nur logisch, dass ich dann auch selbst übernehme"

1. FC Nürnberg: Trägt bald wieder Trainingsanzug: Dieter Hecking ist erneut Cheftrainer des 1. FC Nürnberg.

Trägt bald wieder Trainingsanzug: Dieter Hecking ist erneut Cheftrainer des 1. FC Nürnberg.

(Foto: Wolfgang Zink/Zink/Imago)

Nürnbergs Sportvorstand Dieter Hecking ist nun auch der Cheftrainer und will den Club vom Abstieg bewahren - ein möglicher Nachfolger findet sich in den eigenen Reihen.

Von Christoph Ruf

Wer am Dienstag die Nummer des Mannes wählte, der seit Wochenbeginn sowohl Sportvorstand als auch Cheftrainer des 1. FC Nürnberg ist, stieß auf ein interessantes Profilbild: Es zeigt Dieter Hecking, wie er mit entschlossenem Blick und vorbildlicher Haltung einen Rechtsschuss absetzt. Das Ganze selbstverständlich in Kickschuhen und der Trainingskleidung des Zweitligisten. "Das dürfen Sie jetzt aber nicht überinterpretieren", warnt er. "Das Bild ist schon im Winter im Trainingslager geknipst worden."

An diesem Dienstag kann es tatsächlich nicht entstanden sein. Schließlich hat Hecking den Tag vor allem mit vielen Gesprächen verbracht, nicht zuletzt mit seinen beiden künftigen Assistenten Cristian Fiél und Frank Steinmetz, um "schnellstmöglich eine Idee zu entwickeln, von der wir glauben, dass sie die Mannschaft nach vorne bringt". Hecking klingt entschlossen. Dass die nächsten Monate auch über seine persönliche Zukunft in Nürnberg entscheiden, ist ihm offenbar nicht erst bewusst, seitdem das vom Aufsichtsratschef Thomas Grethlein am Montag auch so gesagt worden ist.

Und wer mit ihm die einzelnen Mannschaftsteile durchgeht, die Liste der Verletzten, die Liste all der Spieler aus der U19 und der U23, die zuletzt bei den Profis trainieren durften, der merkt, dass da jemand ziemlich überzeugt davon ist, dass dieser Kader mehr kann, als der gegenwärtige Tabellenplatz aussagt. "Deswegen ist es nur logisch, dass ich dann auch selbst übernehme." Allerdings nur bis zum Saisonende. Dann braucht der FCN also wieder einen neuen Trainer. "Wer das sein wird, beschäftigt uns im Moment wirklich nicht", sagt Hecking. "Jetzt geht es nur um den Klassenerhalt."

Tags zuvor hatte Hecking allerdings durchblicken lassen, dass er Fiél, 42, perspektivisch durchaus zutraut, auch als Cheftrainer im Profibereich erfolgreich zu arbeiten, dass er den jetzigen Zeitpunkt aber als ungünstig erachtet. Tatsächlich würde Fiél nicht nur ein verunsichertes Team in Abstiegsgefahr übernehmen, sondern auch in einem schwierigen Umfeld debütieren: Die Geduld der Fans, das zeigten zuletzt die wüsten Beschimpfungen, die auf Spieler und Funktionäre nach dem 0:5 in Heidenheim niedergingen, ist aufgebraucht. Sollte der Club am Samstag gegen den Tabellenletzten SV Sandhausen in Rückstand geraten, könnte es im Max-Morlock-Stadion ungemütlich werden. Wahrlich keine gute Ausgangslage für einen jungen Trainer.

Auch der SV Sandhausen hat eine Trainerentlassung verkündet - aus ganz ähnlichen Gründen

Auch nicht für Fiél, der auch bei Dynamo Dresden vier Jahre lang erfolgreich im Nachwuchs gearbeitet hatte, ehe er 2019 acht Monate lang die erste Mannschaft trainierte. Er habe allerdings, hört man in Dresden, zu vieles in zu kurzer Zeit auf links zu drehen versucht und habe eine zu riskante Spielweise gewählt. In der Hinsicht scheint er dazugelernt zu haben, die Spiele der Nürnberger U23 sind auch defensiv in der Balance. Fiél ist bei einem Verein mit großem Fanumfeld wie Dresden oder Nürnberg offenbar gut aufgehoben: "Wenn du nur ein klein bisschen Fußballromantik in dir hast, dann fehlt dir doch was, wenn auf deiner Autogrammkarte Wacker Nordhausen steht. Oder ...", sagte er noch als Dresdner Jugendtrainer. Dann nannte er den Namen eines Zweitligisten.

1. FC Nürnberg: Gute Arbeit bei der U23: Cristian Fiél achtet mittlerweile auch auf defensive Balance.

Gute Arbeit bei der U23: Cristian Fiél achtet mittlerweile auch auf defensive Balance.

(Foto: Sven Leifer/Foto2press/Imago)

Auch der SV Sandhausen hat, fast gleichzeitig mit dem FCN, eine Trainerentlassung verkündet - aus ganz ähnlichen Gründen. Die vergangenen vier Spiele gingen verloren, ohne dass der SVS seine 90-minütige Defensivtaktik aufgegeben hätte. Eine interessante Parallele zum Club, wo Hecking bereits angekündigt hat, künftig mutiger agieren zu lassen, als das unter Vorgänger Weinzierl der Fall war. In Sandhausen wurde Defensivspezialist Alois Schwartz, der in der Saison 2016/2017 acht Monate lang den Club trainierte, durch Tomas Oral ersetzt, der seinen Mannschaften meist eine offensive, attraktive Spielweise verordnet.

Den Club-Fans ist Oral als Trainer des FC Ingolstadt in Erinnerung. In zwei auch an der Seitenlinie hart umkämpften Relegationsspielen setzte sich der FCN am Ende der Saison 2019/2020 als Drittletzter der zweiten Liga mit mehr Glück als Verstand gegen den FCI durch. Damit der Club dieses Jahr nach Möglichkeit ohne Relegationsspiele die Klasse halten kann, wird Dieter Hecking am heutigen Mittwoch erstmals in der Kleidung arbeiten, die er seit Januar auf seinem Profilbild trägt.

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