Süddeutsche Zeitung

1. FC Nürnberg:Die Versicherung und das Kleingedruckte

Vorstand Armin Zitzmann erklärt, warum die Nürnberger Versicherung das Sponsoring beim Club lange gemieden hat.

Von Markus Schäflein

Am Sonntag reiste der 1. FC Nürnberg ins oberfränkische Hof, um dort mit einem Testspiel ein wenig Werbung für sich zu machen. Auf dem Rasen der Grünen Au gelang das dem Fußball-Zweitligisten nur bedingt, ein eher müdes Spiel gegen den Drittligisten Chemnitzer FC endete 1:1 durch zwei Elfmetertore. Und neben dem Platz erwiesen sich einige Nürnberger unter den 2000 Zuschauern auch nicht als gute Gäste: Rund 50 Anhänger des 1. FCN und der Chemnitzer lieferten sich nach dem Schlusspfiff außerhalb des Stadiongeländes eine offenbar verabredete Massenschlägerei.

Nur wenige Tage zuvor hatte Armin Zitzmann, Vorstand des neuen Hauptsponsors Nürnberger Versicherung, eine in ihrer Deutlichkeit und zu Beginn des Engagements überraschende Drohung ausgesprochen: Bei massiven Verfehlungen der Anhänger werde das Unternehmen, das insgesamt über 5000 Mitarbeiter beschäftigt und zu den größten Arbeitgebern der Stadt zählt, wieder aussteigen. "Wir haben Klauseln in den Verträgen, die uns das ermöglichen", sagte Zitzmann, "da schauen wir nicht zu."

Nach seinem Auftritt wünschen sich manche Mitglieder Zitzmann schon als Aufsichtsrat

Finanzvorstand Michael Meeske geht selbstredend nicht davon aus, dass es so weit kommt. "Sonst wären wir den Vertrag ja nicht eingegangen", sagt er, "das wurde teilweise ein bisschen vereinfacht dargestellt. Bei allen großen Sponsoren ist es heutzutage üblich, dass sie bei einem drohenden Imageschaden aussteigen können - beispielsweise bei Doping oder anderem Fehlverhalten." Dass Zitzmann die Passage öffentlich erwähnte und mithin aus dem Kleingedruckten des Vertrags große Schlagzeilen machte, das allerdings ist schon bemerkenswert.

Überhaupt hielt der Vorstand nicht mit den Gründen hinter dem Berg, weshalb seine Firma sich in den vergangenen Jahren vor dem naheliegenden Einstieg beim Club zierte. Schwerwiegender als das Verhalten der Fans dürfte dabei der "Respekt vor der wechselhaften wirtschaftlichen Vergangenheit des 1. FCN unter den damals handelnden Personen" gewesen sei, wie es Zitzmann formulierte. Unter diesen Bedingungen seien gar nicht erst konkrete Gespräche mit dem Verein aufgenommen worden.

Es war ein Gruß an die ehemaligen Vorstände Martin Bader und Ralf Woy. Zitzmann sprach aus, was manche verschweigen; er positionierte sich auf seinem ersten Termin zu zwei großen Themen des Clubs weitaus deutlicher als der Aufsichtsrat mit dem Vorsitzenden Thomas Grethlein und Oberbürgermeister Ulrich Maly. Weil der Sponsoringvertrag drei Jahre läuft, wünschen sich manche Vereinsmitglieder Zitzmann als Kandidaten für das Gremium. Ob er sich das traditionell hitzige Direktwahlprozedere bei den Mitgliederversammlungen, bei denen stets auch viele Vertreter der Ultra-Gruppierungen anwesend sind, antun will, ist allerdings fraglich.

Mittlerweile sei der Club mit Meeske, Sportvorstand Martin Bornemann und einem klaren Konsolidierungskurs "auf dem richtigen Weg", sagte Zitzmann. Schon der Möbelunternehmer Markus Wolf, der Vorgänger auf dem Club-Trikot, hatte Baders Wirken öffentlich scharf kritisiert. Für einen Versicherer ist seriöses und zuverlässiges Wirtschaften selbstredend ein noch wichtigeres Kriterium; mit Finanzchaos will ein Unternehmen, auf das die Leute sich verlassen sollen, nichts zu tun haben.

Eine Million für zwei Spieler: Bornemanns Spielraum für Transfers bleibt klein

Doch eine Weile wird es noch dauern, bis der Club aus dem Gröbsten raus ist. Denn laufende Verträge aus der Ära Bader lassen sich nicht einfach so auflösen; einige Spieler, die noch gehen dürften, erhalten schlicht keine adäquaten Angebote. In Hof wirkte beispielsweise der hoch bezahlte Stürmer Jakub Sylvestr wieder mit, der zuletzt gar keine Rolle mehr gespielt hatte; für ihn wird sich kaum ein Interessent finden, also versucht ihn der neue Trainer Alois Schwartz wieder einzubauen. "Durch die Entscheidungen, die vor ein oder zwei Jahren getroffen wurden, stehen wir im Zweitliga-Szenario weiterhin unter Druck", sagt Meeske. Der Spielraum, den Sportvorstand Bornemann für Verpflichtungen hat, bleibt daher trotz der 2,2-Millionen-Euro-Ablöse für den nach Hannover gewechselten Niclas Füllkrug relativ klein: Für zwei geplante Transfers hat er eine Million zur Verfügung. "Es wird schwer, jemanden irgendwo rauszukaufen", weiß Meeske. In Hof wurde der vereinslose Außenverteidiger Pele van Anholt (zuletzt SC Heerenveen) getestet und für gut befunden; ob er verpflichtet wird, war noch offen.

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SZ vom 26.07.2016
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