1. FC Nürnberg:Die Entdeckung des Gaspedals

RB Leipzig - Training / Fussball Bundesliga Leipzig, 09.07.2019, RBL Trainingszentrum, Fussball, 1.Bundesliga. , RB Lei

Getrenntes Duo: Robert Klauß (rechts) empfindet es als „großes Glück“, in Leipzig unter Julian Nagelsmann gearbeitet zu haben.

(Foto: Roger Petzsche/imago)

Robert Klauß, 35, setzt bei seiner ersten Station als Cheftrainer auf die Unterstützung des erfahrenen Sportvorstands Dieter Hecking - und auf die Leipziger Art, Fußball zu spielen.

Von Markus Schäflein

Der 19-jährige Mittelfeldspieler Tom Krauß soll Trainer Robert Klauß vom Bundesligisten RB Leipzig zum Fußball-Zweitligisten 1. FC Nürnberg folgen. "Klauß holt Krauß" oder "Krauß folgt Klauß" lauteten die Überschriften über die Nachricht, die Bild-Zeitung und Kicker verbreitet hatten, kurz bevor sich Klauß (der Trainer, d. Red.) auf einer Pressekonferenz in Nürnberg vorstellte. Als ein Reporter den neuen Nürnberger Coach um eine Bestätigung des Krauß-Transfers bat, sagte Klauß: "Also, zu den Personalsachen würde ich an Dieter Hecking übergeben." Der ebenfalls neue Sportvorstand, der Klauß nach Nürnberg gelotst hatte, nickte anerkennend, grinste und sagte: "Da hat er gut den Ball rübergespielt, das hat er schon gelernt."

Es ist ja so, dass Klauß, bisher ein Jahrzehnt lang als Junioren- und Co-Trainer bei RB im Hintergrund, bei seiner Premiere als Cheftrainer tatsächlich lernen will und muss - von Hecking. "Er hat es mir sehr schmackhaft gemacht, hierher zu kommen", sagte Klauß, denn: "Er hat eine unglaubliche Erfahrung und kann mich unterstützen auf meiner ersten Station." Wenngleich der 35-Jährige eloquent und selbstsicher auftritt, kann er gerade in der Außendarstellung beim chronisch aufgeregten Club sicherlich Unterstützung vom 20 Jahre älteren Sportvorstand brauchen, zumal Hecking ja nicht nur ein Trainer-Routinier ist, sondern auch ein Nürnberg-Routinier. Das ist die Grundidee hinter den Personalien.

Klauß will, "dass wir wild werden, wenn es in die Umschaltmomente geht"

Für seine Vorstellungen, wie er Fußball spielen lassen will, setzt Klauß hingegen nicht bloß auf Heckings Hilfe, sondern viel mehr auf das, was er in seiner langen Zeit in Leipzig aufgesogen hat. "Uns ist es wichtig, dass wir in allen Phasen des Spiels aktiv sind, dass wir wild werden, wenn es in die Umschaltmomente geht und dann richtig auf dem Gaspedal sind", sagte er. Für den intensiven und aggressiven Stil braucht es allerdings passendes Personal, und an den fränkischen Stammtischen wurde selbstredend schon gelästert, wie dieser Red-Bull-Fußball mit den vorhandenen Nürnberger Fußballern wohl aussehen soll; bisher wirkten sie ja nicht so, als seien sie als Kinder in den Topf mit dem Energydrink gefallen. Klauß macht sich da weniger Sorgen: "Tempo ist wichtig, aber es ist auch nur ein Faktor", meinte er. "Es geht viel um Bereitschaft zu laufen, und dann darum, intelligent zu laufen: Welche Wege sind sinnvoll, welche Wege lohnen sich?" Die Spieler müssten lernen, "Situationen sehr schnell zu erkennen". Es muss aber auch nicht alles nach RB aussehen, er wolle auch "Stärken nutzen, die schon im Kader sind", versprach Klauß: "Das ist ein Prozess, in dem wir uns angleichen. Das dauert ein bisschen länger, aber am Ende kann es richtig gut werden."

Und es wird sich am Kader ja auch noch einiges tun. Er werde seine Spieler nun "genau angucken", kündigte Klauß an; dieses Jahr sei "das Transferfenster ja lange offen", der eine oder andere zum geplanten Stil passende Akteur wird sicherlich noch am Valznerweiher erscheinen. Von daher sei es auch noch "viel zu früh, um über Ziele zu sprechen", findet er: "Es macht wenig Sinn, Dinge vorzeitig rauszuhauen." Wenn die Nürnberger ihr Ziel dann später raushauen, wird es sich allerdings kaum um den erneuten Klassenverbleib handeln, und auch eher nicht um einen gesicherten Mittelfeldplatz.

Dass es im ersten Pflichtspiel gleich gegen Nagelsmann geht, findet Klauß "verrückt"

Zurückhaltung bei den Ambitionen ist Klauß ja auch aus Leipzig nicht gewohnt. Er hat dort als Assistent von Ralf Rangnick und zuletzt von Julian Nagelsmann gearbeitet, er empfindet es als "großes Glück", unter "zwei so hervorragenden Trainern" gewirkt zu haben - und selbstredend ist seine Idee vom Fußball "sehr nah" an deren Vorstellungen. Dass Klauß, wie sein zu den Konzern-Kollegen nach Salzburg gegangener früherer Assistenztrainer-Kompagnon Jesse Marsch, irgendwann mal selbst Chef sein wollte, überraschte die Leipziger nicht. Er habe Nagelsmann "relativ frühzeitig über das Angebot von Nürnberg informiert", berichtete Klauß. "Er hat gesagt, dass er diesen Schritt verstehen kann." Und mehr noch: "Dass er meint, dass ich bereit bin für diesen Schritt - dafür habe ich ihm auch gedankt." Dass Klauß seinen ersten Pflichtspiel-Schritt gleich gegen Nagelsmann und RB machen wird, in der ersten DFB-Pokal-Runde, ist kurios. Das findet auch der neue Nürnberger Trainer "verrückt" - und es ist der beruhigende Beweis, dass man selbst in Leipzig nicht alles perfekt planen kann.

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