1. FC Nürnberg:Dämpfer zur Unzeit

23.02.2020 - Fussball - Saison 2019 2020 - 2. Fussball - Bundesliga - 23. Spieltag: 1. FC Nürnberg Nuernberg FCN ( Club

Daheim geblieben: Der zuletzt stark spielende Konstantinos Mavropanos (re.) zog sich gegen Darmstadt eine schwere Beckenprellung zu – und fehlt ausgerechnet im wichtigen Spiel gegen den Karlsruher SC.

(Foto: Daniel Marr/imago)

Ausgerechnet vor dem Duell gegen Abstiegskonkurrent KSC kämpft Nürnberg mit den Nachwirkungen der jüngsten Niederlage und Defensivproblemen.

Von Christoph Ruf

Hanno Behrens ist ein intelligenter Mann. Als Kapitän einer Fußballmannschaft ist er auch insofern eine Idealbesetzung, als dass er der Presse nach frustrierend verlaufenen Spielen, wie zum Beispiel dem maßgeblich vom Schiedsrichter beeinflussten 1:2 gegen Darmstadt, verwertbare Aussagen liefert, ohne ins Fluchen zu geraten. Am Sonntag schüttelte aber auch der eloquente Mittelfeldspieler nur immer wieder ungläubig den Kopf, ehe er die Prognose abgab, das anstehende Spiel in Karlsruhe werde nun "sehr, sehr wichtig."

So ist es. Nachdem der FCN zuletzt die Kurve bekommen zu haben schien und seit Mitte Dezember in sechs Spielen nur eine Niederlage kassierte, kommt der Dämpfer auch insofern zur Unzeit, als auch neutrale Beobachter das Gefühl der Bitterkeit nachvollziehen konnten, das die Nürnberger Spieler nach der merkwürdigen Schiedsrichterleistung befiel. Am Sonntag hatte der Referee Patrick Alt dem Club einen Elfmeter verweigert, dafür aber einen für Darmstadt gepfiffen und zwei Club-Akteure vom Platz gestellt. Als der Darmstädter Marvin Mehlem nach der Partie ein Wort für seinen Gegenspieler Fabian Nürnberger einlegen wollte, soll sich der Schiedsrichter geweigert haben, ihm die Tür zu öffnen. "Fabian will ihm aufhelfen und wird dafür vom Platz gestellt", kommentierte das FCN-Trainer Jens Keller. Er ist nach eigenem Bekunden "nicht mehr in der Lage, die Regeln richtig auszulegen."

Völlig klar ist hingegen die Ausgangslage vor dem Auswärtsspiel beim Tabellensechzehnten Karlsruher SC, der 24 Zähler auf dem Konto hat und den Club (15.) bei einem Sieg auf den Relegationsrang hinunterziehen könnte. Nach einer schier endlosen, bis in den November zurückreichenden Serie von sieglosen Spielen musste beim KSC Trainer Alois Schwartz gehen, nun gelang unter Nachfolger Christian Eichner in Sandhausen der erste Sieg, der auch deswegen für Selbstbewusstsein sorgte, weil er durch eine dominante und konsequente Spielweise völlig verdient zustande kam. Ansonsten dürfte den Nürnbergern, die in der Saison 2016/2017 auch einmal von Juni bis März von Schwartz trainiert wurden, bekannt vorkommen, wie sich eine Mannschaft präsentiert, der er seine Handschrift aufzwingt. Schwartz, der in Nürnberg auch Pech hatte, weil aus finanziellen Gründen im laufenden Betrieb wichtige Spieler verkauft werden mussten, hätte in Karlsruhe über zweieinhalb Jahre etwas aufbauen können, vertraute aber einer tendenziell zu langsamen und zu alten Mannschaft, der er lange und weite Bälle verordnete. Für den Aufstieg von der dritten in die zweite Liga reichte das. In der zweiten Liga wurden dem KSC hingegen das rudimentäre Offensivkonzept und die mangelnde taktische Flexibilität zum Verhängnis. Nachfolger Eichner schob die Feldspieler dann auch als erste Amtshandlung erst mal 15 Meter nach vorne und dürfte sein Team auch gegen den Club auf eine offensivere, mutigere Spielweise einschwören.

Vor der Saison hatte der Club geglaubt, einen Kader fürs obere Tabellendrittel zu haben

Er empfängt dabei eine Nürnberger Mannschaft, deren Sorgen gerade blöderweise vor allem im Defensivbereich liegen, zumindest könnten beide Innenverteidiger ausfallen. Asger Sörensen fehlt definitiv rotgesperrt, Kollege Konstantinos Mavropanos, der zuletzt stark spielte, humpelte gegen Darmstadt nach einer Viertelstunde vom Platz und hat sich eine schwere Beckenprellung zugezogen. Die Reise nach Karlsruhe konnte der Grieche nicht antreten. Lukas Mühl, der sich am Sonntag mit zwei fairen, aber resoluten Tacklings gleich produktiv ins Team einführte, dürfte also sowieso auf der Innenverteidigerposition zum Einsatz kommen. Wer den ebenfalls gesperrten Sechser Fabian Nürnberger ersetzt, ist offen, Johannes Geis steht wieder zur Verfügung.

So viel zu den Details vor dem 24. Spieltag, an dem es unter anderen Umständen auch um etwas mehr gehen könnte als um ein recht spannendes Abstiegsduell. Schließlich hatte der Club vor dem widrigen Darmstadt-Spiel spielerisch und ergebnistechnisch wieder in die Spur gefunden, und auch manch externer Beobachter fragte sich bereits, ob die so desaströs in die Saison gestartete Mannschaft nicht vielleicht doch zumindest halb so gut sein könnte, wie das die Club-Offiziellen vor der Saison geglaubt hatten, als sie mit gar nicht mal wenig Geld einen Kader zusammenstellten, der im oberen Tabellendrittel konkurrenzfähig sein sollte. Und bei allem Ärger über den Schiedsrichter und die eigene Tapsigkeit beim Torabschluss ist ja am vergangenen Sonntag dann doch zumindest ein positives Fazit hängen geblieben: Das, was der Club derzeit spielt, sieht zumindest endlich wieder nach planvoll ausgeübtem Mannschaftssport aus.

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