Neue Führung beim 1. FC Nürnberg:„Wir werden unsere DNA behalten“

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Lob aus allen Landesteilen: Nürnbergs neuer Sportvorstand Joti Chatzialexiou (re.) bei seiner Vorstellung am Sonntag. (Foto: dpa)

Der Club baut unter dem neuen Sportvorstand Chatzialexiou, einem ausgewiesenen Nachwuchsexperten, auf seine Talentförderung. Zugleich fahndet man nach dem Weggang von Coach Fiél nach einem Trainer mit besonderer Qualität.

Von Christoph Ruf

Man muss sich Peter Meier als, nun ja, sehr sachlichen Menschen vorstellen. Dass Nürnbergs Aufsichtsratschef bei der Vorstellung von Joti Chatzialexiou als neuem Sportvorstand kurzzeitig fast schon beschwingt wirkte, lag dann auch nicht nur an den „vielen positiven Reaktionen“, die er aus allen Landesteilen für dessen Verpflichtung bekommen habe. Es lag auch nicht daran, dass er – „da habe ich erst gemerkt, wie gut du vernetzt bist“ – dadurch etwas erfahren hat, was seinem Gremium bei der Sichtung der „über 30 Bewerber“ offenbar noch nicht vollumfänglich bewusst war. Die gute Laune, die derzeit nicht nur er beim Club ausstrahlt, lag eher am Gesamteindruck, den der – so viel lässt sich jetzt schon sagen – künftige erste Mann im sportlichen Bereich offenbar schon in den ersten Tagen hinterlassen hat. Zumal Chatzialexiou schon im Vorstellungsgespräch angekündigt hatte, dass er nach einer Verpflichtung mit seiner Familie nach Nürnberg ziehen will. Das, findet Meier, sei „ein wichtiger Aspekt, der im gesamten Kontext eine wichtige Rolle spielt“.

Vor allem aber ist es ein Hinweis darauf, dass es wohl mehrere Faktoren waren, die Anfang Mai zur Trennung von Chatzialexious Vorgänger Dieter Hecking geführt hatten. Der hatte zuletzt kaum noch verbergen können, dass er die Anspruchshaltung rund um den FCN zu hoch fand. Wobei das substanzlose Lamento über die angeblich zu kritische fränkische Presselandschaft nicht nur beim Club, sondern auch in Fürth zur Vereinsidentität gehört. Dass Hecking, der immerhin vier Jahre beim Club als Vorstand wirkte, seinen Hauptwohnsitz in Bad Nenndorf bei Hannover behielt, wurde ihm zuletzt aber als Beweis für fehlende Identifikation ausgelegt.

Belastbarer ist der Vorwurf, dass eineinhalb Fehlgriffe auf der Cheftrainerposition auf sein Konto gingen. Zum einen Robert Klauß (2020 bis 2022), von dem man sich zumindest früher hätte trennen müssen. Und zum anderen Markus Weinzierl, dessen schwer genießbarer Fußball zudem eine völlige Abkehr vom vermeintlichen Nürnberger Weg war, auf junge Spieler und attraktiven Fußball zu setzen. Für die oft hilf- und auch im konkreten Sinne kraftlosen Nürnberger Auftritte im zurückliegenden halben Jahr unter Cristian Fiél konnte Hecking hingegen nichts. Auch daher wirkte es im Mai ein wenig so, als habe man nach der missratenen Rückrunde einen Schuldigen gesucht und nicht zuletzt deshalb in Hecking gefunden, weil Fiél bei Fans und Mitgliedern einen hohen Stellenwert genoss.

Chatzialexiou moniert die miserable Bilanz bei den Zweikampf- und den Laufwerten des FCN in der abgelaufenen Saison

Letzteres hat sich spätestens seit Montag gründlich geändert. So mancher Club-Fan wundert sich doch über Fiéls Weggang, der offenbar am Sonntag nach positiven Signalen vom künftigen Arbeitgeber leichten Herzens beschlossen wurde. Gar nicht mal so sehr, weil „Fiélo“ trotz der zuletzt miserablen Bilanz von nur einem Sieg aus den letzten acht Saisonspielen hätte bleiben dürfen, daraus offenbar jedoch keine Verpflichtung abgeleitet hatte. Sondern weil es der einstige U-23-Coach nie an Pathos hatte fehlen lassen, wenn es um seine Liebe zu Verein und Fans ging.

Allerdings hat auch Fiél Spuren hinterlassen. Wie es ja überhaupt beim Club zumindest konzeptionell eine Basis gibt, auf der man aufbauen kann. Dass es keine seriöse Alternative dazu gibt, auf junge, möglichst aus dem eigenen Nachwuchs stammende Talente zu setzen, die im Idealfall nach erfolgter Profi-Werdung verkauft werden, ist unumstritten. Dass man die Zuschauer in Ermangelung teurer Stars nur durch eine ansehnliche Spielweise bei der Stange halten kann, ebenfalls.

Ob Hecking und der langjährige Aufsichtsratschef Thomas Grethlein das vor vier Jahren durchgesetzt haben, weil sie davon überzeugt waren, oder weil es angesichts knapper Kassen auch nicht anders gegangen wäre, ist müßig zu diskutieren. Fakt ist, dass es grundsätzlich der Weg ist, den der ausgewiesene Nachwuchsexperte Chatzialexiou auch empfohlen hätte, wenn ihn damals jemand beim Deutschen Fußball-Bund in Frankfurt angerufen hätte. Weshalb es auch der Weg ist, den der Club unter ihm weitergehen wird, wie er am Montag ankündigte: „Wir werden unsere DNA behalten. Wir wollen weiter auf junge Spieler setzen, gerade auch aus dem eigenen Nachwuchs.“

So mancher Club-Fan wunderte sich über den am Sonntag beschlossenen Weggang von Trainer Cristian Fiél. (Foto: Swen Pförtner/dpa)

Schon diesen Sommer erlöst der Club durch die Verkäufe von Nathaniel Brown und Can Uzun hohe Beträge, der erst 17-jährige Finn Jeltsch, von Fiél zum Stammspieler befördert, dürfte der nächste teure Weggang sein. Von der U19 des BVB kommt derweil in Rafael Lubach der Kapitän, und mehr als deutlich betonte Chatzialexiou am Montag, dass künftig der 22-jährige Jan Reichert erster Mann als „Goalie“ sein wird. Konzeptionell wird sich also weniger ändern beim Club. Er fahndet allerdings nach einem Trainer, der Ballbesitzfußball mit Leidenschaft und Energie spielen lässt – und im Training die Voraussetzungen dafür schafft. Zu Recht monierte Chatzialexiou schließlich, dass der FCN in der abgelaufenen Saison eine miserable Bilanz bei den Zweikampf- und den Laufwerten hatte. Auch in der streckenweise passablen Hinrunde hatte sich das Team viel zu wenige Torchancen erspielt, um dauerhaft erfolgreich zu sein.

Trainer, die einen solchen Fußball – Fiél-Style in variabel und mit vollem Tank – spielen lassen, gibt es in der zweiten Liga. Überhaupt nicht auszuschließen ist indes, dass Chatzialexiou einen Nachwuchsmann im Blick hat. Mehrmals betonte er am Montag jedenfalls, dass er selbst es war, der St. Paulis Aufstiegstrainer Fabian Hürzeler als No-Name-Mann zum DFB holte.

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