Die erste Pressekonferenz mit Panagiotis Chatzialexiou war gerade einmal vier Minuten alt, da hatte der neue Sportvorstand des 1. FC Nürnberg schon geschickt von sich abgelenkt. Fast nebenbei ließ er zu diesem Zeitpunkt durchblicken, dass er nach einem neuen Trainer für den Tabellenzwölften der abgelaufenen Saison fahndet. Der bisherige, Cristian Fiél, habe ihm nämlich „mitgeteilt, dass er eine neue Herausforderung bei einem anderen Verein annehmen möchte“. Bei diesem dürfte es sich um Hertha BSC Berlin handeln, mit dem Hauptstadtklub wird Fiél wie viele Berufskollegen (außer Pal Dardai) bereits seit Wochen in Verbindung gebracht.
Chatzialexiou hätte derweil dem Vernehmen nach gern mit Fiél weitergearbeitet und ging wohl auch davon aus, dass es so kommen wird. Am Montag wirkte er aber – „Reisende soll man nicht aufhalten“ – angesichts von dessen offenbar kurzfristig erfolgtem Sinneswandel ebenso wenig den Tränen nahe wie Peter Müller. Der Nürnberger Aufsichtsratschef hatte Fiél am Ende einer enttäuschenden Saison vor wenigen Tagen ein Treuebekenntnis abverlangt – und dies auch bekommen. Aber vergebens. Menschlich fand Meier („so etwas erleben wir ja leider immer wieder“) das nicht ganz so vorbildlich.

SZ-Serie HeimatVereine:"Tuchel? Dazu wollen wir nichts sagen"
Der TSV Krumbach ist Thomas Tuchels Heimatverein, doch davon will hier niemand etwas wissen. Egal, wen man fragt: Keiner möchte mehr über den Trainer sprechen. Woran liegt das? Eine Spurensuche.
Dass Chatzialexiou, der insgesamt wohltuend floskelfrei über seine Vorstellungen referierte, Fiéls Weggang „auch als Chance“ sieht, glaubte man ihm indes gern. Schließlich fiel seine Analyse der abgelaufenen Saison einigermaßen schonungslos aus. „In Sachen Intensität und Laufbereitschaft“ habe man „zu den schlechtesten Mannschaften der zweiten Liga“ gezählt, so Chatzialexiou, der damit natürlich auch dem für Fitness und Primärtugenden zuständigen Coach kein gutes Zeugnis ausstellte.
Die offensive, auf eigenem Ballbesitz beruhende Spielweise, die Fiél zu implementieren versucht hatte, soll indes beibehalten werden. Gleiches gilt für den unter Chatzialexious Vorgänger Dieter Hecking eingeschlagenen Weg, selbst ausgebildete Talente zu Stammspielern in der zweiten Liga zu machen und sie danach gewinnbringend zu verkaufen. In diesem Sommer wechseln Can Uzun, 18, und Nathaniel Brown, 20, nach Frankfurt in die erste Liga. Dem Club bringt das viel Geld – und einen erheblichen Verlust an sportlicher Qualität.
Beim DFB war Chatzialexiou für Nachwuchsförderung verantwortlich – das trifft sich
Dafür zu sorgen, dass die erzielten Erlöse künftig tatsächlich so investiert werden, dass der Club irgendwann mal wieder erstklassig spielt, ist dann auch die Erwartung an Chatzialexiou, 48, der zuvor zwanzig Jahre lang in diversen Funktionen beim DFB wirkte und dort unter anderem für Scouting und Nachwuchsförderung verantwortlich war. Um Nachwuchs- und Profibereich künftig noch enger zu verzahnen, will er künftig den Leiter des Nachwuchsleistungszentrums, Michael Wiesinger, bei allen Transfers einbinden.
Doch vorher muss der neue Sportvorstand, der seinen Vornamen zur Entlastung der grobmotorischen deutschen Zunge „Joti“ abkürzen lässt, erst einmal die zweitwichtigste Stelle im sportlichen Bereich neu besetzen. Und versteht man die Zwischentöne vom Montag richtig, soll der Neue also ein ähnliches Konzept wie Fiél haben – das aber durchdachter und mit höherer Intensität umsetzen. Für einen solchen Trainer würde der Club auch eine Ablösesumme bezahlen. Zumal er für Fiél, dessen Vertrag bis 2025 lief, ja auch eine überwiesen bekommt.