Aufsteiger 1. FC KölnAchtung! Anfänger!

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Thomas Kessler, 39, früher Torhüter, jetzt Sportdirektor in Köln.
Thomas Kessler, 39, früher Torhüter, jetzt Sportdirektor in Köln. (Foto: Jan Huebner/Imago)
  • Thomas Kessler, ehemaliger Torhüter des 1. FC Köln, wurde vor drei Monaten zum Sportdirektor des Vereins ernannt und hat seitdem einen vielversprechenden Kader für den Bundesliga-Aufsteiger zusammengestellt.
  • Als vermeintlich naiver Anfänger lässt sich Kessler in Verhandlungen gerne unterschätzen, nutzt aber seine Erfahrungen und Datenanalysen, um kluge Transferentscheidungen zu treffen.
  • Kesslers bisher größter Erfolg war die Vertragsverlängerung des begehrten 18-jährigen Außenstürmers Said El Mala.
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Der neue Sportchef Thomas Kessler hat dem Aufsteiger aus Köln einen offenkundig vielversprechenden Kader beschert. Sein Trick dabei: Er lässt sich gerne unterschätzen.

Von Philipp Selldorf, Köln

In den vergangenen Wochen hat Thomas Kessler zwar unentwegt bis zur völligen Ermüdung an der Gegenwart und Zukunft des 1. FC Köln gearbeitet, aber wenn er dann endlich im Bett lag, konnte er plötzlich doch nicht schlafen. Er musste jetzt unbedingt noch mal den Computer einschalten, das Fußball-Programm Wyscout aufrufen und in der Datenbank checken, ob der Verteidiger, über dessen Kauf er gerade verhandelte, wirklich die zweckmäßigen Werte aufweist. Da war dieser „permanente Gedankenprozess, das ständige Rattern im Kopf“, das ihn nicht zur Ruhe kommen ließ, sagt er.

Einerseits trieb ihn also der Stress um, die richtige Entscheidung zu treffen und keinen teuren Fehleinkauf ins Haus zu holen, andererseits gab es aber seit dem 22. Mai keinen Tag, an dem er nicht froh und dankbar war für die typischen Heimsuchungen eines Bundesligamanagers. Seit jenem Donnerstag vor drei Monaten darf Kessler auf dem Platz sitzen, wo er schon lange hinwollte, auf dem Stuhl des Sportdirektors seines Heimatklubs. Zum guten Gefühl trägt bei, dass der FC in der Stadt zurzeit ein beachtliches Ansehen genießt, was ganz wesentlich auch mit den vielversprechenden Transferaktivitäten des neuen Managers zu tun hat.

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Vor 39 Jahren kam Thomas Kessler im rechtsrheinischen Ortsteil Holweide zur Welt, mit 14 nahm ihn der 1. FC Köln auf. Daraus wurde ein festes Verhältnis. Beim FC machte er sich, abgesehen von zwei kurzen Ausflügen zum FC St. Pauli und zur Frankfurter Eintracht, als Torwart, Kapitän und langjähriger Ersatz-Keeper sowie seit 2020 als Mitglied des Managements verdient. Bis ihn, ein paar Tage nach dem Aufstieg, der Verein vom Aushilfssportchef zum richtigen Chef beförderte. „Als ich hier als Sportdirektor unterschrieben habe, hat meine Frau gesagt: Dafür hast du 25 Jahre gearbeitet. Und ich muss sagen: Da hat sie nicht unrecht.“

Beim Start in den Wunschberuf hat Kessler davon profitiert, dass der 1. FC Köln ein relativ solventer Aufsteiger war

Es heißt, dass ehemalige Torhüter im Fußball nicht als Cheftrainer taugen, und die Geschichte zeigt: Der Volksmund hat recht. Darmstadts Coach Florian Kohfeldt, der früher für Werder Bremens dritte Mannschaft zwischen den Pfosten stand, ist eine der raren Ausnahmen. Nun kann Kessler ein Beispiel geben, wie es sich mit der Eignung von Torhütern für die Vereinsführung verhält. Trainer zu werden, hatte er nie vorgehabt: „Mich hat das Geschäft immer schon fasziniert. Richtig angefangen hat das in den Zeiten, als Jörg Schmadtke Manager beim FC war. Wie Schmadtke seine Arbeit machte, das hat mich viel mehr interessiert als die Taktik von Peter Stöger.“  Wobei man sagen muss, dass Ende 2017 mangels Erfolgs sowohl die Zeit des Strategen Schmadtke als auch die des (taktisch eher genügsamen) Trainers Stöger endete.

Nach der Spielerkarriere absolvierte Kessler ein Programm von DFB und DFL und erwarb das Zertifikat „Management im Profifußball“. Er wurde in Themen wie Sportrecht, Lizenzierung, Kaderplanung und Finanzmanagement unterrichtet, aber auch mit dem schicken Diplom kam er als „Bereichsleiter Lizenzfußball“ nicht richtig voran, weil Sport-Geschäftsführer Christian Keller beim FC umfassende Befehlsgewalt beanspruchte. Mit zunehmender Amtszeit soll Keller das Sportressort angeblich nach dem Prinzip „Die wichtigen Gespräche führe ich“ vereinnahmt haben. Keller, so wird es ihm von ehemaligen Mitarbeitern nachgesagt, soll der Meinung gewesen sein, fast alles besser zu wissen, eventuell sogar alles.

Außer den Scouting-Daten hat Kessler die menschlichen und psychologischen Themen im Blick

Zu besagten Erzählern gehört, heiliger Schwur, nicht Thomas Kessler. Doch auch ihm kamen, so war bereits vor einem halben Jahr zu hören, allmählich Zweifel, wie lange er sich noch in der untergeordneten Rolle wohlfühlen würde. Im Gespräch geht er darüber schnell hinweg, er redet lieber darüber, wie ihn die Funktionäre am Tag nach der erschütternden Heimniederlage gegen Regensburg am drittletzten Spieltag der vergangenen Zweitligasaison aus dem Bett klingelten, um ihn anstelle des entlassenen Keller zum kommissarischen Sportchef zu ernennen. Und wie er dann an der Seite von Friedhelm Funkel die beinahe schon gescheiterte Mission Aufstieg rettete und dabei vorsorglich einen Kader für die erste und einen für die zweite Liga plante.

Beim Start in den Wunschberuf hat Kessler davon profitiert, dass der 1. FC Köln ein relativ solventer Aufsteiger war und zudem noch ein paar gute Verkäufe machte. Doch Kessler wusste auch in den Verhandlungen mit anderen Liga-Managern und Spielerberatern zu tricksen. Gern ließ er sich als vermeintlich naiver Anfänger unterschätzen, denn das gehört ja zum Unterhaltungsprogramm des Profifußballs: Es ist ein Geschäft, aber es ist ein Geschäft voller Eitelkeiten. Außer den Daten von Wyscout hat Kessler daher auch die menschlichen und psychologischen Themen im Blick. So besteht sein bisheriges Meisterstück nicht im Kauf von Spielern, die auch andere Vereine unbedingt haben wollten, den schlagkräftigen Mittelfeldspieler Isak Johannesson etwa oder den Angreifer Ragnar Ache. Am meisten Kraft und Fingerspitzengefühl brauchte er stattdessen, um den überall heiß begehrten 18-jährigen Außenstürmer Said El Mala vor vielfältigen Versuchungen zu bewahren – und ihn obendrein für einen neuen Vertrag zu gewinnen.

Mit seinem Einstand darf Kessler zufrieden sein, er weiß es bloß noch nicht. Bisher habe er „nicht die Zeit gehabt, um einfach mal an die Wand zu gucken und mich zu fragen: Was ist hier eigentlich passiert in den letzten drei Monaten?“

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