1. FC Köln:Schmadtke vermisste die Solidarität

1. FC Köln - Werder Bremen

Köpfe der Krise: Manager Jörg Schmadtke (links) verlässt den 1. FC Köln, Trainer Peter Stöger bleibt.

(Foto: dpa)
  • Überraschend gehen der 1. FC Köln und Manager Jörg Schmadtke getrennte Wege.
  • Was den Impuls zur Trennung gab, ist unklar.
  • Der Tabellenletzte steht vor einer schwierigen Aufgabe.

Von Philipp Selldorf, Köln

Zu Beginn des Frühlings kam im Vorstand des 1. FC Köln Nervosität auf. Man fürchtete, dass der Manager Jörg Schmadtke vom Nachbarn Borussia Mönchengladbach zum Seitenwechsel verführt werden könnte. Dessen Sportchef Max Eberl stand unter Verdacht, vom FC Bayern München abgeworben zu werden. Schmadtke trat den Spekulationen zwar glaubhaft entgegen, sein Arbeitgeber baute dennoch eine Sicherung ein: Mitte Mai verlängerte der Klub den Vertrag mit Schmadtke bis zum 30. Juni 2023 - obwohl die bestehende Vereinbarung ohnehin noch eine an Ewigkeit grenzende Gültigkeit hatte (bis 2021). Schmadtke sei eine zentrale Figur in der "sportlich und wirtschaftlich herausragenden Entwicklung des 1. FC Köln", hieß es, und es war nicht nur schwer vorstellbar, sondern schlicht unmöglich, in Köln eine Person zu finden, die diesem Satz widersprochen hätte.

Am Montagabend nun hat der Verein seine Gemeinde mit der Mitteilung schockiert, dass Schmadtkes ungewöhnlich langfristiger Vertrag "im gegenseitigen Einvernehmen" und mit sofortiger Wirkung aufgelöst worden sei. "Nach eingehender und intensiver Analyse" seien beide Parteien "im Hinblick auf die zukünftige sportliche Ausrichtung zu unterschiedlichen Auffassungen" gelangt, stand in einer Mitteilung an die Presse. Der Sportchef gab zu Protokoll, er wolle "mit diesem Schritt den Weg frei machen für einen neuen Impuls".

Wer hat den Impuls zur Trennung gegeben?

Selbst Angehörige des sportlichen Führungsstabs wurden von der Wendung überrascht. Es müsse sich um eine sehr kurzfristige Entwicklung gehandelt haben, hieß es. Schmadtke wollte sich gegenüber der SZ zunächst nicht näher äußern. Er verwies auf die Pressemitteilung, was den Schluss nahelegt, dass die besagten "unterschiedlichen Auffassungen" einen grundlegenden Dissens hergestellt haben. Doch wer nun den Impuls zur Trennung gegeben hat? Schmadtke, so viel steht fest, neigt nicht zu Kompromissen, von denen er nicht überzeugt ist. Womöglich empfand er aber auch - Stichwort: neuer Impuls - seine Rolle als nicht mehr tragfähig.

Nach der torlosen Partie gegen Werder Bremen am Sonntag hatte Schmadtke noch gewohnt karg und brummig zum prekären Stand der Dinge und zur unvermeidlichen Trainerfrage Stellung genommen. Man werde auch nach diesem neunten sieglosen Ligaspiel keine Trainerdiskussion eröffnen, legte er fest. "Es ist vielleicht ungewöhnlich, aber es gibt keine Deadline für ihn", erklärte der 53 Jahre alte Sportchef zur Lage von Peter Stöger. Dieser hatte die Begegnung mit dem SV Werder zu einem "emotionalen Endspiel" erhoben. Das 0:0 empfand er als einen Fall "für Vegetarier - weder Fisch noch Fleisch".

Die Leistung der Kölner Mannschaft, ihr Einsatzwille und ihr emotionales Engagement sprachen jedoch für den Coach. Von den Zuschauern im ausverkauften Stadion gab es keine Bekundungen gegen Stöger. Es gab aber auch, anders als drei Tage vorher beim verlorenen Europacupspiel in Borrisow, keine Einwände gegen Schmadtke.

Radikal abgerissene Erfolgsgeschichte

Während Stögers Popularität in der FC-Gefolgschaft trotz der radikal abgerissenen Erfolgsgeschichte kaum nachließ, musste sich Schmadtke in den vergangenen Wochen, in denen es für den 1. FC Köln ständig schlimmer wurde, häufig Vorwürfe wegen seiner Einkaufspolitik gefallen lassen. Die Kritik nahm er an, sein Verschulden an der Misere räumte er lediglich unter Vorbehalten ein. Die Versäumnisse beim Sommereinkauf seien einer von mehreren Faktoren, meinte er. Dass er sich nicht selbst zum Generalverantwortlichen für die sportliche Krise erklärte, hatte zwei Gründe: Erstens weil er diese Rollenzuteilung für ungerechtfertigt hielt. Zweitens weil er seine Autorität wahren und seine Funktion im Klub schützen wollte.

Allerdings war auch zu spüren, dass ihm die Vorwürfe nahe gingen. Manches nahm er persönlich. Er kam sich zudem ein Stück weit alleingelassen vor. Er vermisste Solidarität aus dem Klub, durchaus auch von Stöger, der davon aber womöglich gar nichts wusste, weil er seinerseits glauben musste, dass es doch vor allem um seinen eigenen Job gehen würde: Die Mechanismen der Branche, wie der übliche Prozess bei unvermuteten Abstiegskandidaten genannt wird, treffen normalerweise den Trainer. Dieses Verfahren hat Stöger aber, auch durch seine Präsenz in der Öffentlichkeit, abwehren können.

Der Präsident Werner Spinner, der dem scheidenden Sportchef nun recht förmlich seinen Dank aussprach, hatte in den vier gemeinsamen Jahren großen Respekt vor Schmadtke. Ihm war immer klar, dass Jörg Schmadtke kein ganz einfacher Charakter ist und dass er einen skeptischen Blick auf Vorgesetzte bzw. "die Obrigkeit" hat. Dissonanzen wurden daher tunlichst vermieden. Bisher zumindest.

Dass der Tabellenletzte 1. FC Köln neue Impulse benötigt, das ist im Übrigen unbestritten. Diese Impulse sollten aber eigentlich jene neuen Spieler auf dem Spielfeld setzen, die der Sportchef Schmadtke während der Winterpause dem Kader zuführt. Doch vor den Verstärkungen fürs Team muss sich der Klub nun erst mal um einen Mann bemühen, der diese Verstärkungen beschafft.

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