Heldt und Gisdol beim 1. FC Köln:Skepsis begleitet den Kölner Neustart

1. FC Köln - Vorstellung Gisdol und Heldt

Arbeitet jetzt für seinen Traumverein: Kölns neuer Sportchef Horst Heldt.

(Foto: dpa)
  • "Er brennt", sagt FC-Präsident über den neuen Trainer Markus Gisdol.
  • Die Rückkehr sei "ein Traum", sagt der neue Sportchef Horst Heldt.
  • Doch manche Fans zweifeln an der Eignung der beiden Hoffnungsträger.

Von Philipp Selldorf, Köln

Lächelnde Herren und eine lächelnde Dame, die Pressesprecherin Lil Zercher, enterten das Podium, Präsident Werner Wolf begrüßte jovial die Zuhörer ("Zuerst mal guten Mittag zusammen") und bedauerte dann die Abwesenheit von Sonnenschein. Das regnerische Grau vor der Tür passe nicht zum positiven Befinden im Geißbockheim. "Es ist eigentlich ein Tag, an dem man sich freuen sollte", meinte Wolf. Das Wort "eigentlich" ließ die Zweifel anklingen, ob tatsächlich alle Fans des 1. FC Köln diesen Dienstag als Freudentag betrachteten. In der Stadt herrscht ein Klima der Skepsis, daran ändert auch die amtlich verkündete Lösung des ersten Krisenfalls unter der Aufsicht des seit September amtierenden Präsidiums nicht viel.

Vermutlich, das weiß auch Wolf, hätte selbst bei Sonnenschein und Vogelzwitschern keine Freudenkundgebung der FC-Sympathisanten die Parade der Akteure begleitet, die zur Mittagszeit mit optimistischem Schwung vor den Reportern aufmarschierte. Vorneweg der Vorsitzende und seine Vizepräsidenten, dahinter der Finanz-Geschäftsführer Alexander Wehrle - und im Gefolge jene beiden neuen Männer, die den auf Platz 17 festsitzenden Bundesliga-Aufsteiger in bessere Zeiten führen sollen: Horst Heldt, 49, als Sportchef und Nachfolger von Armin Veh; und Markus Gisdol, 50, als Nachfahre des vor zehn Tagen entlassenen Cheftrainers Achim Beierlorzer.

Heldt wird zunächst vom obersten FC-Beschlussorgan abgelehnt

Über Selbigen verlor die Runde im Laufe des Medientermins kein Wort, es genügt zu wissen, dass Beierlorzer zur nahezu gleichen Zeit beim Tabellenkonkurrenten FSV Mainz 05 als Lösung im Krisenfall präsentiert wurde. Diese Synchronität veranschaulicht die gehobene Nervosität im Bundesliga-Abstiegskampf.

Man habe sich "Zeit genommen", um die neue sportliche Führung zu engagieren, sagte Wolf, "das systematische Vorgehen ist am Ende belohnt worden". Just das methodische Verfahren war wegen seiner Vielstimmigkeit aber Gegenstand der Kritik und einer erstaunlichen Nachrichtenlage. Während externe Personalberater, der Finanzchef Wehrle sowie der kommissarische Sportchef Frank Aehlig nach Kandidaten für die vakanten Ämter fahndeten und nötige Vorgespräche führten, hielten im Geißbockheim Vertreter der zahlreichen Klubgremien noch zahlreichere Besprechungen ab. Seit der Trennung von Veh und Beierlorzer hätten die Arbeitstage morgens um acht begonnen und bis ein, zwei Uhr nachts gedauert, berichtete Wolf.

Eines der Ergebnisse der Beratungen unter den Feierabend-Funktionären bestand darin, dass man den Kandidaten Heldt nach seiner Vorstellung vor dem sogenannten "Gemeinsamen Ausschuss" - dem obersten FC-Beschlussorgan - erst mal ablehnte. Kein mehrheitlicher Rückhalt, hieß es. Drei Tage später saß er nun aber doch auf dem Podium, während der Präsident die Kölner Vergangenheit des neuen Sportchefs rühmte. Heldt, geboren im nahen Königswinter im Siebengebirge, hatte einst zehn Jahre beim FC gespielt und als junger Kerl schon auf dem Schoß des Nationalspielers Bernd Cullmann gesessen, wie er jetzt gern bestätigte. Erich Rutemöllers weltberühmten Satz "Mach et, Otze" habe er als Juniorprofi live erlebt, berichtete er auch.

Mancher Funktionär witterte offenbar ein abgekartetes Spiel

Schon vor zwei Jahren wäre Heldt fast beim FC gelandet, erhielt dann aber keine Freigabe von Hannover 96. Nun sei er "außerordentlich froh", dass es doch noch geklappt habe: "Es war ein Traum, noch einmal im Leben für meinen Klub arbeiten zu dürfen." Dass man sich zunächst nicht einig war, ob er wirklich der Richtige sei, nehme er nicht übel: "Das ist legitim, sinnvoll und richtig, dass sich der Verein mit mehreren Kandidaten beschäftigt hat."

Es hatte in Köln aber auch Mutmaßungen gegeben, Heldt habe von seinem alten Freund Veh erfahren, dass in Köln womöglich bald der Wunschposten frei werde, weshalb er vorsorglich seinen laufenden Vertrag mit Hannover aufgelöst habe. Mancher Funktionär witterte offenbar ein abgekartetes Spiel. Dies wies Heldt zurück: "Da war nichts getürkt." Die Vertragsauflösung sei eine "Spekulation" gewesen, weil im Herbst und Winter erfahrungsgemäß Personalbedarf entstehe in der Liga.

Die neue Besetzung im Geißbockheim ist auch ein Zeugnis dafür, wie überschaubar die kleine deutsche Fußballwelt ist. Mit Wehrle hatte Heldt schon zu Stuttgarter Zeiten zu tun, mit Gisdol in den Schalker Jahren. Dort engagierte er den Trainer 2011 als Assistenten für Coach Ralf Rangnick, der darum ausdrücklich gebeten hatte. Später arbeitete Gisdol an der Seite von Huub Stevens, der heute allerdings nicht mehr so gut auf seinen ehemaligen Helfer zu sprechen ist. Es sei "kein Vertrauensverhältnis" entstanden, Gisdol habe "zu viel gewollt" und sich außerdem unfreundlich geäußert, sagte Stevens am Dienstag. Als Heldt Ende 2012 den nächsten Trainerwechsel in Gelsenkirchen vollzog, ging er demzufolge konsequent vor: Er schickte sowohl Stevens als auch Gisdol in Urlaub. Letzterer landete in Hoffenheim und rettete die TSG vor dem Abstieg, was ihm später auch beim Hamburger SV gelang.

Besonders die Episode beim HSV beeindruckte die Kölner Ehrenämtler. "Markus Gisdol hat schwierige Situationen gemeistert und uns mehr als überzeugt, man kann sagen: Er brennt", erklärte Wolf. Der Angesprochene hielt sich zurück mit markanten Ansagen. Er wirkte gelassen und entsprach dem Vorsatz, den er zur Priorität ernannt hat: "Wir müssen hier Ruhe reinbringen - die Panikmache hier ist relativ groß." Scheint so, als habe Gisdol die Kölner Verhältnisse schnell verstanden.

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