1. FC Köln:Ein Kölner mit steigender Formkurve

1. FC Köln: Sind Kölns Sturmsorgen dank ihm Vergangenheit? Sehrou Guirassy traf in den letzten beiden Spielen zweimal für den FC.

Sind Kölns Sturmsorgen dank ihm Vergangenheit? Sehrou Guirassy traf in den letzten beiden Spielen zweimal für den FC.

(Foto: AP)
  • Der 1. FC Köln ist in der Bundesliga noch immer ohne Sieg, gegen Hoffenheim hofft der Verein auf Sehrou Guirassy.
  • Schon 2016 hatte ihn der Klub vom OSC Lille nach Köln geholt, doch dann hatte er Pech mit zahlreichen Verletzungen.
  • Die Partie im Liveticker gibt es ab 15.30 Uhr hier, Tabelle und Ergebnisse der Bundesliga finden Sie hier.

Von Sebastian Fischer

Es gibt da diese Videoplattform, von der selbst der Sportdirektor des FC Bayern schon gehört hat. Er soll sie - eilig dementierten und trotzdem recht glaubwürdigen Gerüchten zufolge - sogar zum Scouting nutzen. Angenommen, Hasan Salihamidzic würde sich auf Youtube über den Kölner Stürmer Sehrou Guirassy informieren wollen, müsste er ein großer Optimist sein, wenn er danach von den Qualitäten des Franzosen überzeugt wäre. Im zurzeit einzigen Highlight-Video über Guirassy steht der Angreifer in diversen Szenen derart frei vor Torhütern der zweiten französischen Liga, in der er 2016 noch sein Geld verdiente, dass es eher einen Klick wert wäre, hätte er dabei das Tor verfehlt. So wie im meist gesehenen Video mit Guirassy als Hauptdarsteller. Es heißt "Fail des Jahres" und zeigt eine vergebene Torchance vor zwei Woche gegen Werder Bremen.

Es ist kurios, aber gleichzeitig eine durchaus inspirierende Geschichte aus Kölner Sicht, dass ausgerechnet jener Sehrou Guirassy, 21, die Hoffnungen des Tabellenletzten vor dem Sonntagsspiel gegen die TSG Hoffenheim schultert. Dass der Express, Kölns Boulevardzeitung, titelt: "Peter Stöger hofft auf Guirassy-Einsatz."

Noch nach dem 0:0 gegen Bremen, als Guirassy kurz vor Schluss aus zwei Metern am leeren Tor vorbeischoss und die Chance auf den ersten Saisonsieg verschenkte, hatte im Express noch eine Anekdote gestanden, die das Kölner Dilemma auf den Punkt brachte: Guter Wille, schlechtes Ergebnis. Um sich mit den Fans zu versöhnen, waren die Kölner Fußballer nach dem Schlusspfiff zur Südkurve getrottet. Sie schenkten den Anhängern ihre Trikots. Doch Guirassy, so schrieb das Blatt, habe zweimal vergeblich versucht, einen Abnehmer für sein Trikot zu finden. Die Fans hätten es zurückgeworfen. "Ich bin nicht zur Kurve gegangen, um mein Trikot hineinzuwerfen, sondern um mich zu entschuldigen", stellte Guirassy klar. Doch das nächste unglückliche Bild von ihm war in der Welt.

Im Sommer war er "gefühlt so etwas wie ein Neuzugang"

Für 3,8 Millionen Euro hatte der inzwischen zurückgetretene Manager Jörg Schmadtke den Stürmer im Sommer 2016 vom OSC Lille verpflichtet. Gar nicht mal so wenig Geld für einen Spieler, der zuvor zwar für französische Jugendnationalteams aufgelaufen war, allerdings lediglich in der zweiten französischen Liga Tore geschossen hatte. Achtmal hatte er in der Saison 2015/2016 für AJ Auxerre getroffen, wohin er für ein Jahr ausgeliehen war. In Köln unterschrieb er prompt einen Fünfjahresvertrag. "Wir glauben an sein Potenzial", sagte Trainer Peter Stöger damals.

Doch von diesem Potenzial war dann zunächst wenig zu sehen gewesen. Guirassy hatte Pech. Unmittelbar nach seiner Ankunft in Köln hatte er sich einer Meniskusoperation unterziehen müssen. Als er sich im Dezember wieder an den Kader herangekämpft hatte, musste er wegen muskulärer Probleme gleich wieder aussetzen. Und während der Rückrunde zwang ihn eine Schambeinentzündung zum Aussetzen. "Das vergangene Jahr war eine Katastrophe", sagte er im Kicker. Stöger sagte im Sommer, der Stürmer sei "gefühlt so etwas wie ein Neuzugang".

Obwohl sie sich beim FC gegen diese Darstellung wehrten, um keinen Druck aufzubauen, so galt der Franzose so manchem Beobachter am Geißbockheim doch als Ersatz für den nach China gewechselten Anthony Modeste. Denn eher als Jhon Cordoba, der rund 17 Millionen Euro teure Zugang aus Mainz, erinnerte der 1,87 Meter große Guirassy von Statur und Spielweise dem Angreifer, der den FC in die Europa League geschossen hatte. Anders als man es bei seiner Statur erwartet, ist Guirassy eher ein spielstarker Angreifer als ein Rammbock auf der Neuner-Position. Doch als mit dem Bundesligastart Kölns Misere begann, war auch Guirassy kaum noch präsent. Am fünften Spieltag war er erstmals nicht im Kader, sondern spielte 69 Minuten lang für die zweite Mannschaft in der Regionalliga.

Viermal in Serie in der Startelf

Erst durch die Oberschenkelverletzung von Cordoba, der voraussichtlich erst Ende November zurückkehrt, war Guirassy wieder ein Anwärter auf einen Platz in der Startelf: viermal in Serie spielte er von Beginn an. Nach dem Rückschlag gegen Bremen traf er in der Woche darauf erstmals in der Bundesliga. In Leverkusen drehte er sich um Gegenspieler Jonathan Tah und überwand Torhüter Bernd Leno. Am Donnerstag, in der Europa League gegen Borissov, traf er per Freistoß.

Wenn es gegen Hoffenheim trotz einer leichten Verletzung im Oberschenkel für einen Einsatz Guirassys reicht, werden die krisengeplagten Kölner wieder auf ein Tor von ihm hoffen, um endlich erstmals in dieser Saison zu gewinnen. In einer verunsicherten Mannschaft ist der Stürmer nun plötzlich einer der wenigen Spieler, deren Formkurve nach oben zeigt. Und genügend Tore für ein neues Highlight-Video auf Youtube hat er nun auch geschossen.

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