1. FC Köln:Demo für den Chef

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Ungewohntes Erfolgserlebnis: Kölns Spieler feiern mit Trainer Peter Stöger (rechts) eines der drei Pokal-Tore in Berlin. Es war der erste Pflichtspielsieg der Kölner seit Mitte August – damals ebenfalls im Pokal. (Foto: Matthias Kern/Bongarts/Getty Images)

Im ersten Spiel nach dem Rücktritt von Manager Jörg Schmadtke überrascht das Liga-Sorgenkind 1. FC Köln im Pokal mit einem 3:1-Sieg in Berlin.

Von Javier Cáceres, Berlin

Der 1. FC Köln hat den Schock über die überraschende Demission von Manager Jörg Schmadtke besser verwunden als vermutet. Das sieglose Bundesliga-Schlusslicht landete am Mittwochabend einen überraschenden 3:1 (2:0)-Sieg bei Hertha BSC und zog damit ins Achtelfinale des DFB-Pokals ein. Mit dem Triumph in der Hauptstadt war auch eine Demonstration der Mannschaft für Trainer Peter Stöger verbunden, dessen Arbeitsplatz wegen der sportlichen Misere der letzten Wochen als derart gefährdet galt, dass er in Berlin erklärte, er habe am Montag selbst gedacht, er könnte entlassen werden, als ihn die Geschäftsführung zum Gespräch bat. Doch weit gefehlt, es ging um den Abschied Schmadtkes. Wie dankbar die Belegschaft darob war, wurde nach dem Führungstreffer der Kölner klar.

Torschütze Simon Zoller rannte zu seinem Chef an die Seitenlinie und fiel ihm in die Arme, es sekundierten ihn alle anderen Kölner Feldspieler (35. Minute). Kurz vor der Pause ließen die Kölner durch Innenverteidiger Dominic Maroh das zweite Tor folgen, Christian Clemens erzielte in der 65. Minute das 3:0. Hertha kam durch Niklas Stark zwar zum Anschlusstreffer, blieb aber schon im siebten Pflichtspiel ohne Sieg - und wähnt sich nun selbst in der Krise. "Das tut uns gut", sagte FC-Coach Stöger. "Aber ein Befreiungsschlag war das noch nicht", fügte er hinzu.

Wenige Stunden vor Beginn der Partie in Berlin war der FC noch voll im Griff der Geschehnisse rund um Schmadtke gewesen. Der Manager meldete sich auf diversen Medienkanälen zu Wort und wehrte sich vehement gegen die Darstellung, er sei zurückgetreten, weil er den Rauswurf des Trainers geplant habe.

"Nein, ich hatte nicht vor, Peter Stöger zu feuern. Das war kein Thema", sagte der 53-Jährige dem Kölner Stadt-Anzeiger. "Ich habe vom ersten bis zum letzten Tag zu ihm gehalten, da ich von Peter überzeugt bin. Alles andere entspricht nicht der Wahrheit." Stöger sagte dazu, dass er mit Schmadtke nicht mehr gesprochen habe. Er habe sich überlegt, ihn anzurufen, davon dann jedoch abgesehen. Aber nicht, weil es keine Gesprächsbasis mehr gebe, sondern weil er ihn, Schmadtke, "nicht nerven wollte". Schmadtke wiederum unterstrich, dass er den Klub bei Sportdirektor Jörg Jakobs und Trainer Stöger in guten Händen sehe. "Warum sollten die beiden das denn nicht können? Sie haben es ja auch schon bewiesen."

Wie prekär die Lage der Kölner zurzeit ist, konnte man zu Beginn der Partie bis unters Dach des Olympiastadions spüren. Die Rheinländer konnten auch von einigem Glück sprechen, dass sie gegen die anfangs dominierenden Berliner nicht in Rückstand gerieten. Vor allem Offensivkraft Valentino Lazaro fiel durch temporeiche Vorstöße auf, die Kölns Defensive immer wieder in Unordnung brachten.

Für Gefahr sorgte die Hertha aber erst durch zwei Freistöße von Linksverteidiger Marvin Plattenhardt (15./20.). Nach gut einer halben Stunde hatte Hertha eine Doppelchance: Erst spielte Mitchell Weiser Herthas Stürmer Salomon Kalou mit einem feinen Pass in die Tiefe frei, doch Kölns Torwart Timo Horn parierte den Schuss. Nach der anschließenden Ecke landete der Ball 20 Meter vor dem Tor auf dem Fuß von Rechtsverteidiger Peter Pekarik. Doch auch dessen Drehschuss wehrte Horn ab.

Auch vor diesem Hintergrund mutete es überraschend an, dass die Kölner in Front gingen. Bis dahin waren sie bei eigenem Ballbesitz extrem unpräzise gewesen. Es bedurfte daher einer Fügung des Schicksals, um ein Tor zu bewerkstelligen. Mittelfeldspieler Leonardo Bittencourt rutschte ein Schuss aus der zweiten Reihe so glücklich ab, dass Sehrou Guirassy in die Flugball des Balles geriet - und der Franzose seinen Sturmpartner Simon Zoller bedienen konnte, der aus kurzer Distanz einschob. Ähnlich frei wie Zoller stand dann kurz vor der Pause Dominic Maroh beim 2:0 - allerdings nach einer Ecke. Statt sich bei den Kollaborateuren aus der Hertha-Abwehr zu bedanken, bedachte er die mitgereisten Kölner Fans mit Bützchen.

Nach der Pause wirkte Köln befreit. "Da kann man mal sehen, was passiert, wenn du mal in Führung gehst", sagte Dominique Heintz. Zwar mussten die Gäste durchschnaufen, als der für den formschwachen Kapitän Vedad Ibisevic spielenden Davie Selke zum Schuss kam (58.). Als Herthas Trainer Pal Dardai mit den Einwechslungen von Ibisevic und Regisseur Duda für Kalou und Pekarik signalisierte, dass die Zeit gekommen war, alles auf eine Karte zu setzen, eröffneten sich erst recht Räume für FC-Konter. Einer davon führte zum zwischenzeitlichen 3:0. Zoller war in den freien Raum geschickt worden, chippte den Ball elegant über Herthas Torwart Jarstein an den Pfosten, ehe der eingewechselte Christian Clemens den Abpraller ins Netz drückte. Nach menschlichem Ermessen war die Partie damit gelaufen. Zweifel kamen nur kurzzeitig auf, nachdem Herthas Innenverteidiger Karim Rekik eine Ecke von Plattenhardt an die Querlatte köpfelte - und Stark den Abpraller ebenfalls per Kopf ins Netz bugsierte (69.). Doch am Ende wirkte Hertha zu kraftlos, um das Spiel zu drehen. "Wir müssen aufpassen, dass wir die Mannschaft hinbekommen. Mental und körperlich", sagte ein erkennbar besorgter Hertha-Trainer Pal Dardai.

© SZ vom 26.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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