1. FC Köln:Das Ende von Anfang

1. FC Köln - Darmstadt 98

Am Ende mit vier Spielen ohne Sieg: Trainer Markus Anfang.

(Foto: Marius Becker/dpa)

Der 1. FC Köln entlässt als Tabellenführer der zweiten Liga seinen Trainer, obwohl nicht mehr viel zum Aufstieg fehlt. Abwehrfehler und fehlender Mannschaftsgeist werden dem Coach zum Verhängnis.

Von Johannes Kirchmeier

Wichtige Nachrichten verbreitet der Zweitligist 1. FC Köln wie alle professionellen Fußballklubs der Welt über die sozialen Medien. Kein Tag vergeht ohne Mitteilungen, auch der Samstag nicht: Erst veröffentlichte der Klub via Twitter, dass das nächste Training nicht wie geplant am Vormittag, sondern erst am Montag stattfinde. Später eine Jubelnachricht: "Ganz stark. Die #U21 des #effzeh gewinnt 3:0 gegen den SC Wiedenbrück. Die Tore machten Laux, Sonnenberg und Szöke. Ein wichtiger Sieg im Kampf um den Klassenerhalt in der Regionalliga West." Kölns Reserve ist fünf Punkte weg von den Abstiegsrängen, ein Grund zur Freude fürs holprig gestartete Team.

Wie sich später herausstellte, hingen die beiden Nachrichten miteinander zusammen. Denn am Abend folgte der nächste Tweet: Der 1. FC Köln hat sich von seinem Cheftrainer Markus Anfang getrennt, auf ihn folgt André Pawlak, der Coach, der zuvor noch mit der zweiten Mannschaft 3:0 gewonnen hatte. Am Freitagabend hatten die Kölner Profis 1:2 gegen Darmstadt 98 verloren, danach schrien die Fans im Stadion erstmals "Anfang raus". Nach dem Kampf um den Abstieg in Liga vier führt Pawlak nun gemeinsam mit Manfred Schmid, dem früheren Co-Trainer von Kölns Europapokal-Trainer Peter Stöger, den Kampf um den Aufstieg in die Bundesliga an - aller Voraussicht nach erfolgreich.

Schon kurios: Die Kölner entlassen als Tabellenerster ihren Trainer. Markus Anfang hat den Absteiger seit seinem Amtsantritt im Juli 2018 der Favoritenrolle entsprechend auf Rang eins geführt. "Mein Kölner Herz trägt Trauer", sagte Anfang, "mein klares Ziel war es, gemeinsam mit dem FC aufzusteigen. Die Mannschaft wird es in den letzten drei Saisonspielen auf jeden Fall über die Ziellinie schaffen, die Ausgangssituation ist nach wie vor gut." Eine solche Entlassung bleibt erstaunlich.

U 21-Trainer André Pawlak übernimmt bis Saisonende - dann kommt ein neuer Coach

26:10 Torschüsse standen am Freitag nach einem eigenartigen Spiel in der Statistik, überhaupt war der FC den Darmstädtern in jeder relevanten Erhebung überlegen. Aber: "Nach intensiver Aufarbeitung der letzten Spiele haben wir uns dazu entschieden, die Zusammenarbeit mit Markus und seinem Team zu beenden", sagte Sportchef Armin Veh: "Trotz der nach wie vor guten Ausgangslage gab es einen negativen Trend." Anfangs Problem war, dass hinter dem schönen Tabellenbild ein paar nicht ganz unwichtige Details stehen, die den Kölnern zuletzt nicht gefallen konnten. Das Spiel gegen Darmstadt war das vierte ohne Sieg, erneut fielen die Gegentreffer zu leicht. Ein Defensivkonzept ließ Anfangs Elf bisher vermissen - 41 Gegentore in 31 Spielen sind viel für den Ersten. Und so sah der Klub offensichtlich die großen Ziele in Gefahr: erst einmal in Ruhe aufzusteigen und sich dann wieder als Erstligist zu festigen. Denn das soll ja in der kommenden Saison geschehen, ein Abstieg wie 2018 soll sich nicht 2020 wiederholen.

Veh hatte schon nach einer Schwächephase vor zwei Monaten gemahnt, das Trainerteam solle Lösungen für die Schwächen in der Defensive finden. Das scheint nur unzureichend geglückt zu sein. Zudem, so scheint es, stimmt es auch im Binnenverhältnis des Teams nicht mehr so ganz: "Das machen die Stars!", antwortete Dominick Drexler vor einer Woche nach dem 0:3 gegen Dresden, als ihn die Journalisten zum Interview baten. Das klingt nach Grüppchenbildung im Team. Drexler, den der Trainer Anfang zu Saisonbeginn von seiner vorherigen Station Holstein Kiel mitbrachte, ist im Übrigen einer der stärksten Kölner der Saison.

Es ist eine verworrene Situation, in die die Trennung von Anfang nun platzt. Am meisten für den Trainer selbst, der derzeit auch abseits des Fußballplatzes eine schwierige Phase erlebt. Anfangs Vater hatte vor zweieinhalb Wochen beim Spiel in Duisburg (4:4) einen Herzinfarkt erlitten. Die Mannschaft trug Shirts mit dem Aufdruck "Alles Jode DIETER", Unterstützung gab es auch von den Fans für den Trainer.

Nun geht es in Köln bereits um seinen Nachfolger, denn Pawlak übernimmt nur bis zum Saisonende. Nach Informationen der Bild-Zeitung hat der zum Saisonende scheidende Berliner Trainer Pal Dardai dem FC bereits abgesagt. Als weitere Kandidaten gelten den Kölner Zeitungen zufolge Bruno Labbadia, André Breitenreiter und David Wagner. Sicher ist nur: Es wird nun erst mal kaum ein Tag ohne Mitteilungen aus Köln vergehen.

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