1:1 in Köln:"Mitte Dezember war hier eigentlich alles erledigt"

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Feiern vor leeren Rängen: Der 1. FC Köln hat mit dem Sieg gegen Frankfurt den Klassenerhalt besiegelt. (Foto: Friedemann Vogel/Pool via Getty)

Der FC hält mit einem 1:1 gegen Frankfurt endgültig die Klasse - und Trainer Gisdol wird emotional.

Von Milan Pavlovic, Köln

Die Freude war ganz ehrlich. Kölns Trainer Markus Gisdol, Manager Horst Heldt und die Spieler herzten einander, dass die Hüter des "Social Distancing" ein Auge zudrücken mussten. Es sah fast so aus, als wäre dem FC an diesem sonnigen Nachmittag etwas Großes gelungen, und die Beteiligten sahen das auch so ähnlich: Mit dem 1:1 (1:0) gegen die Frankfurter Eintracht sicherten sich die Kölner endgültig den Klassenerhalt, da war es egal, dass die Gefahr höchstens hypothetischer Natur gewesen war und dass die Sieglosserie sich jetzt auf neun Spiele erstreckt.

"Das Ziel war, nicht abzusteigen. Wir sind sehr froh darüber", sagte FC-Mittelfeldspieler Mark Uth bei Sky. Und Trainer Gisdol fasste in einer langen, emotionalen Analyse die Saison mit zwei Sätzen zusammen: "Mitte Dezember war hier eigentlich alles erledigt." (Köln war damals Letzter, Anm.) "Wir haben uns rausgekämpft, das hat Energie gekostet. Die Energie haben wir im Mai oder Juni nicht mehr auf den Platz bringen können. Wenn man alles zusammen bewertet, sind wir superhappy, dass wir durchgekommen sind. Wir spielen nächste Saison wieder Erste Bundesliga, das ist die beste Nachricht."

Wenn zwei Mannschaften gegen Ende einer Saison nichts mehr zu verlieren haben, stellt sich die Frage, wie groß ihre Lust ist, befreit aufzuspielen, erst recht bei frühsommerlichen Bedingungen. Köln war so gut wie gerettet, Frankfurts so gut wie chancenlos im Kampf um den letzten Europa-League-Platz, und beide Klubs haben in dieser Saison diverse Spektakel geboten. Diesmal klappte fast nichts. "Es war so warm heute, es war ein Wahnsinn. Es war sehr schwül", erklärte Frankfurts Stürmer Bas Dost. "Nein!" war das Wort, dass man im weiten, leeren Stadion vielleicht am häufigsten hörte, "Durchziehen!" - als Mahnung, auch wirklich alles zu geben - das zweite.

Rode dribbelt in die falsche Richtung

Es half lange wenig. Ein solches Potpourri an Unfertigkeiten, Ungenauigkeiten, schlechten Ideen und zusammenhanglosen Aktionen wie in der ersten Halbzeit hat man selbst im Zeitalter der oft runtergedimmten Geisterspiele noch nicht gesehen. Bis zur 44. Minute gab es kaum Auffälligkeiten, bis Schiedsrichter Christian Dingert kurz vor der Pause eingreifen musste, Sebastian Rode ließ ihm keine andere Wahl.

Der Kapitän der Eintracht dribbelte in einer denkbar ungefährlichen Position in den eigenen Strafraum zurück, verlor die Kontrolle über den Ball - und brachte Mark Uth zu Fall, obwohl dieser den Ball nicht mehr erlaufen hätte. Da Uth zuletzt zwei Elfmeter vergeben hatte und Goalgetter John Cordoba sich abwandte und dem Gefoulten auf die Beine half, statt sich den Ball zu schnappen, stand dann Florian Kainz am Punkt. Nach einem Zweischritt-Anlauf drosch er den Ball an den linken Innenpfosten, und von dort flog er hinter die Linie zur 1:0-Führung. So wenig Fußball, und dann doch ein Tor!

Nach dem Wechsel arbeiteten die Kölner daran, sich die Führung nachträglich zu verdienen. Cordoba war kurz davor, sein 14. Saisontor zu erzielen. Frankfurt hingegen sah 70 Minuten lang nicht aus wie ein Team, dass zwei Spielzeiten lang international fesselnde Abenteuer bestanden hat. Bezeichnend, dass ihr über die Saison gesehen bester Feldspieler, der Sprintdribbler Filip Kostic, nie richtig im Spiel war. Doch dann machten die Gäste die Schwachstellen der Kölner Ochsenabwehr aus (Leistner und Czichos), kamen durch Dost zum Ausgleich (72.) und erdreisteten sich glatt, zehn Minuten flüssig Fußball zu spielen und Chancen zu kreieren. Allerdings ohne Erfolg. Trotzdem waren am Ende irgendwie alle halbwegs zufrieden, einige Profis sprachen sogar von einer "intensiven Partie" - und es gab ja auch niemanden in der weiten, leeren Arena, der Einspruch einlegen konnte.

© SZ vom 21.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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