Süddeutsche Zeitung

1:0-Sieg der Bayern:Alonso rettet Bayern den Abend

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Aus dem Stadion von Benedikt Warmbrunn, München

Und weil das eben ein Abend war, an dem nur ganz wenig klappte, blieben selbst die kleinen Erfolgserlebnisse aus. Pep Guardiola sprintete von seiner Bank an die Seitenauslinie, er wollte elegant den Ball stoppen, hob den rechten Fuß bereits an, bereit für einen technischen Höhepunkt - da schnappte ihm der Linienrichter den Ball gerade noch mit den Händen vor den schwarzen Oxfordschuhen weg. Es lief die 22. Minute, und spätestens jetzt merkte Guardiola, der Trainer des FC Bayern, dass an diesem Abend nichts von selbst laufen würde.

An diesem Dienstagabend besiegte der FC Bayern zwar den SV Darmstadt 98 schließlich doch 1:0 (1:0), aber es war eine Partie, in der sich der Gastgeber lange müde präsentiert, manchmal auch lasch, zuweilen sogar uninspiriert. Dass die Mannschaft die nächste Runde erreichte, verdankte sie vor allem Xabi Alonso, der dem Spiel mit seinen langen Bällen die wenigen gefährlichen Situationen gab. Und der es mit einem Kunstschuss entschied. Dem Basken war es also zu verdanken, dass zumindest im Ergebnis nicht weiter dramatisch auffiel, wie sehr den Bayern in den letzten Wochen des Jahres langsam die Kräfte ausgehen.

"Für ein 1:0 war's recht aktiv", meinte Thomas Müller, "ich hatte nicht viel Zeit, um durchzuschnaufen."

Lahm besetzt den rechten Flügel

Trainer Guardiola hatte seine Mannschaft gegen Darmstadt taktisch ähnlich eingestellt wie in der Schlussphase am Samstag gegen Ingolstadt: Kapitän Philipp Lahm spielte im rechten Mittelfeld, als Rechtsverteidiger begann Joshua Kimmich, der nun innerhalb von vier Tagen eindrucksvoll nachgewiesen hat, dass er auf so ziemlich jeder Position zurecht kommt. Und im Mittelfeld, das war wichtig, spielte Xabi Alonso wieder von Beginn an.

Anders als Ingolstadt, das früh attackiert hatte, zog sich Darmstadt weit in die eigene Spielfeldhälfte zurück; erst wenn der FC Bayern den Ball aus der eigenen Abwehr herausgespielt hatte, attackierten die Gäste - sobald das Spiel jedoch in deren Strafraum kam, verdichteten sie die Gefahrenzone mit bis zu acht Mann. Der FC Bayern hatte dadurch ein gewaltiges Übergewicht an Ballbesitz, er hatte auf dem Großteil des Spielfeldes viel Platz, er hatte viel Zeit. Aber er hatte kein Glück in den entscheidenden Momenten.

Früh schon erspielte sich der Gastgeber erste Gelegenheiten, früh schon war Linksaußen Kingsley Coman dabei einer der auffälligsten Spieler. Früh schon war der Franzose aber auch der Spieler, der besonders wenig Glück in den entscheidenden Momenten hatte. In der fünften Minute lupfte er den Ball in die Mitte, statt aufs Tor zu schießen.

Zwei Minuten später, nach einem dieser langen Bälle von Alonso, entschied er sich dafür, mit dem rechten Fuß aufs Tor zu schießen, nicht mit dem linken. Keine gute Idee. Der Ball ging ins Aus. Und so fehlten dem Spiel lange die Höhepunkte. Der FC Bayern spielte meist hohe Bälle in den Strafraum hinein, aber meist stand da dann auch einer der zahlreichen Darmstädter. Offensivbemühungen der Gäste? Gab es kaum. Am Strafraum des FC Bayern wurde es nur einmal aufregend - als alle Spieler durch den Trillerpfeifenpfiff eines Zuschauers verwirrt wurden (28.).

Alonso erlöst die Bayern

So ging das bis zur 40. Minute. Dann kam Alonso etwa 28 Meter vor dem Tor an den Ball, stoppte ihn, ließ ihn einmal aufspringen, schoss, mit vollendeter Technik, unhaltbar für Darmstadts Christian Mathenia, die Führung. "Wie der Ball aufgeschlagen ist! Perfekte Schusstechnik! Da kannst du nichts machen!", sagte sogar Darmstadts Marcel Heller begeistert, und auch Bayerns Thomas Müller meinte schmunzelnd: "Dass Xabi ganz gut schießen kann, wissen wir ja. Aber da wäre selbst ich nicht dran gekommen." Bayern spielte nun befreiter, Robert Lewandowski traf nach einer Flanke von Lahm den Pfosten (44.). Damit endete aber auch diese kurze, leidenschaftlichere Phase. Im zweiten Durchgang staffelte sich Darmstadt ein paar Meter weiter vorne, das Team konnte sich so häufiger in den Strafraum spielen; die beste Torchance hatte der frühere FCB-Stürmer Sandro Wagner, der einen flotten Konter mit einem schlappen Kopfball abschloss (71.).

Der FC Bayern wiederum spielte so wie in der ersten Halbzeit. Viel Ballbesitz, viel Zeit, viel Raum, wenige Ideen. Müller verfehlte mit einem Drehschuss das Tor (52.). Sieben Minuten später lenkte Darmstadts Peter Niemeyer den Ball nach einem Pass von Müller fast ins eigene Tor. Ein Kopfball von Lahm ging knapp über die Latte (73.). Den technisch anspruchvollsten Moment lieferte Kingsley Coman mit einem Fallrückzieher, doch auch das war ein Moment ohne Glück, Mathenia klärte zur Ecke (81.).

Dann war das Spiel vorbei, und die Lasershow zum Heimspiel-Jahresabschluss begann. Die Bayernspieler konnten durchschnaufen und mussten nicht mehr fürchten, weitere Kräfte zu verlieren. Die Darmstädter aber sahen sich als eine Art moralischer Sieger. "Ein Lob ist schon angebracht", fand 98-Kapitän Aytac Sulu, während Marcel Heller bemerkte: "Wir haben sehr gut dagegen gehalten. Wenn man in München nur 0:1 verliert, kann man schon zufrieden sein." Immerhin erkannte Heller auch: "Kaufen können wir uns dafür nichts."

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Quelle:
SZ vom 16.12.2015
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