0:2-Niederlage gegen Arsenal:Bayern bekommt Schrammen ab

FC Arsenal London vs. Bayern Munich 2:0

Erste Niederlage in der Champions League: Trübe Stimmung beim FC Bayern

(Foto: dpa)

Wie tückisch es im Verkehr von London zugehen kann, spürten die Spieler des FC Bayern schon früh an diesem Dienstagabend. Bei der Abfahrt ins Stadion rammte ein Taxi den Mannschaftsbus des Klubs, die Weiterfahrt verzögerte sich. Außer ein paar leichten Schrammen am Bus gab es jedoch keine bleibenden Schäden.

Der Bus fuhr also ins Stadion, zum Champions-League-Gruppenspiel beim FC Arsenal. Und dann begannen die Verkehrsprobleme des FC Bayern an diesem Abend erst so richtig.

Der FC Arsenal gegen den FC Bayern, das war die Partie des Tabellenletzten der Gruppe F gegen den Tabellenführer. Es war die Partie zweier Mannschaften, die sich jeweils auf eine eindeutige Spielausrichtung konzentrierten. Die Gastgeber vertrauten ganz auf ihren Überfallfußball. Die Gäste ganz ihrem Ballbesitzdogma. So entstand eine abwechslungsreiche Partie. Und weil der FC Bayern in diesem flinken Londoner Fußballverkehr immer wieder Orientierungsprobleme hatte, verlor die Mannschaft letztlich nicht unverdient 0:2 (0:0).

Den entscheidenden Fehler machte Manuel Neuer, ausgerechnet also der Torwart, der zuvor noch so sensationell gehalten hatte, der als einziger den Überblick zu bewahren schien.

Bleibende Schäden nach dieser Niederlage? Vorerst nur ein paar Schrammen, die Tabellenführung zumindest ist geblieben. Es war jedoch auch der erste Punktverlust nach zuletzt wettbewerbsübergreifend zwölf Siegen in Serie. Beim FC Bayern hatten sie vor der Partie ja entschlossen gewarnt vor dem Blick auf die Tabelle. Selbst hatte das Team zweimal gewonnen, war ohne Gegentor geblieben. Der FC Arsenal dagegen hatte zweimal verloren. Dennoch warnte Trainer Pep Guardiola vor "einer der besten Mannschaften Europas". Er wusste warum.

Seine Spieler kontrollierten die Partie gerade in den ersten Minuten ohne größere Schwierigkeiten, gewarnt vor den schnellen Angriffen über die quirligen Außenspieler des FC Arsenal wählten sie die Verteidigungsstrategie, für die sie sich überhaupt am liebsten entscheiden: Sie überließen den Gastgebern einfach erst einmal nicht den Ball. Stattdessen wollten sie selbst so schnell wie möglich in den gegnerischen Strafraum; es waren noch nicht einmal 25 Sekunden gespielt, da dribbelte sich Robert Lewandowski in den Sechzehner hinein. Auch in den folgenden Minuten passten sich die Gäste unnachlässig den Ball zu.

Dann aber, in der siebten Minute, konterte der FC Arsenal ein erstes Mal. Sofort wurde es gefährlich.

Alexis Sanchez konnte den Ball ungefährdet bis weit in die Münchner Spielfeldhälfte hinein führen, die ansonsten oft so gute Raumaufteilung des FC Bayern wirkte das erste Mal brüchig. Und so stand plötzlich der zuvor unauffällige Mesut Özil an der Strafraumgrenze, er schoss platziert. Aber erstmals wurden die Spieler des FC Arsenal daran erinnert, dass bei München ein gewisser Manuel Neuer im Tor steht; er parierte mit einer Hand.

Neuer springt am Ball vorbei

Die Dramaturgie der Partie war nun geschrieben. Der FC Bayern hatte den Ball, er hatte gute Ideen, er hatte auch ein paar ganz nette Torgelegenheiten: Thiago scheiterte nach einem Doppelpass mit Douglas Costa an Arsenal-Keeper Petr Cech (11.), acht Minuten später entschärfte der Torwart eine Flanke von Costa gerade so noch zur Ecke. Und auch bei einem Distanzschuss von Arturo Vidal war Cech aufmerksam (28.).

"Wir hatten das Spiel eigentlich größtenteils unter Kontrolle", sagte Kapitän Philipp Lahm. Er sagte aber auch: "In den entscheidenden Momenten haben wir das Tor nicht gemacht."

Der FC Arsenal dagegen hatte kaum den Ball, er hatte im Wesentlichen auch nur eine Idee. Aber die funktionierte immer. Ballgewinn, Gegenzug, meist über links, also über Sanchez. Und dann in die Mitte, im Dribbling oder mit einer Flanke. So versuchten sie es zum Beispiel in der 33. Minute. Nacho Monreal flankte von der linken Strafraumseite, in der Mitte hatten die FC-Bayern-Innenverteidiger Jérôme Boateng und David Alaba völlig vergessen, dass da noch Theo Walcott steht.

Präzise drückte dieser den Ball mit dem Kopf aufs Tor, er drehte schon zum Jubel ab - und konnte gerade noch erkennen, dass es keinen Grund zum Jubeln gab. Zumindest nicht für ihn. Als sei er eine Comicfigur und habe einen ausfahrbaren Gummiarm, streckte sich Neuer und parierte den Ball mit einem irrsinnigen Reflex. Neuer jubelte.

Özil trifft zum 2:0

"Das war Wahnsinn", sagte Lahm, "ich glaube, den hält auf der Welt keiner außer Manuel."

Auch nach der Pause war der FC Bayern spielbestimmend, passte, passte, passte; je länger die Partie dauerte, umso besser wurden auch die Torchancen. Erst scheiterte Robert Lewandowski an Cechs Rippen (75.). Dann sauste ein Drehschuss von Thomas Müller knapp am Pfosten vorbei (76.).

Und dann, nur eine Minute später, hatte ausgerechnet Manuel Neuer die größten Orientierungsprobleme an diesem Abend. Der Ball war nach einem Freistoß lange in der Luft, Neuer sprang ihm entgegen - und er sprang an ihm vorbei. Hinter ihm purzelte der kurz zuvor eingewechselte Olivier Giroud zum Boden, eher versehentlich traf er mit dem Kopf den Ball, und so kullerte dieser über die Linie. Manuel Neuer hüpfte, er schimpfte mit sich selbst.

"Grundsätzlich muss ich zum Ball kommen, und da wollte ich auch hin. Ich weiß, dass ich da einen Fehler gemacht habe", sagte er später. "Wir haben nicht wegen Manuel Neuer verloren", sagte Guardiola, "in der ersten Halbzeit hat er wahnsinnig gehalten, also ist es kein Problem. Es ist egal." In der Nachspielzeit zeigte der Torwart nach einem Schuss von Özil noch einen weiteren geistesgegenwärtigen Reflex. Das war allerdings auch egal. Den Reflex zeigte er erst hinter der Torlinie. Und so gehörte auch der letzte Jubel an diesem Abend dem FC Arsenal.

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