1860-Investor Hasan Ismaik:Angriff auf den alten Mann

Führungskrise bei 1860 München

Dieter Schneider (links), Präsident von 1860 München, und Investor Hasan Ismaik im April 2011. Bereits im vergangenen Winter hatte Ismaik Schneiders Rücktritt gefordert und damit Unruhe ausgelöst.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

"Warum sollte ein alter Mann wie Schneider am Präsidentenposten festhalten?" Investor Hasan Ismaik attackiert öffentlich die Spitze von Zweitligist 1860 München - und droht offen mit seinem Rückzug.

Von Markus Schäflein und Philipp Schneider

Wie so oft war es mal wieder der Ton, der die Musik machte - und beim ohnehin lärmgeplagten TSV 1860 München klang das Neujahrskonzert so schrill wie selten zuvor. An den inhaltlichen Positionen hat sich zwar nichts geändert: Während das Präsidium des e.V. eine Neuverschuldung der Profifußball-KGaA im großen Stil ablehnt, will Investor Hasan Ismaik mit viel Geld, das er als Darlehen zur Verfügung stellt, einem neuen Trainer und neuen Spielern schnellstmöglich in die Fußball-Bundesliga aufsteigen. Dass über diese gegensätzlichen Vorstellungen noch sachlich und zielführend debattiert wird, wenn Ismaik am 7. Januar zu Gesprächen mit Präsident Dieter Schneider in München erscheint, ist aber mittlerweile eine schon fast surreale Vorstellung.

Während die Klubvertreter stets peinlich genau auf ihre Wortwahl achteten, um dem "Partner" aus Jordanien nicht auf die Füße zu treten, lederte Ismaik nun in der Boulevardzeitung tz los, dass die Schwarte krachte. Dabei hob er den Zwist mit dem Präsidium auf eine persönliche Ebene: "Warum sollte ein alter Mann wie Schneider am Präsidentenposten festhalten?", fragte Ismaik. "Die einzige Erklärung ist, dass seine persönlichen Interessen und sein Öffentlichkeitsdrang ihn dort halten."

Die Vereinsvertreter allgemein, sagte Ismaik, hätten "den Klub durch schlechtes Management und noch schlechtere Entscheidungen ruiniert". Sie versuchten, die Fans für sich zu gewinnen, indem sie "falsche Bedenken" äußerten und ein "falsches Verlangen" zeigten, Vereinsinteressen zu schützen: "Sie schaffen falsche Szenarien, die bei keinem Treffen diskutiert worden sind. Sie treiben politische Spielchen." Die Wahrheit sei, "dass sie sich nicht wirklich um den Klub kümmern, sondern um ihre Ämter und ihr Ansehen in den Medien".

Bereits im vergangenen Winter hatte Ismaik den Rücktritt Schneiders gefordert. Schneider setzte sich damals nicht zuletzt aufgrund seiner Popularität bei den Anhängern und in den Vereinsgremien gegen Ismaik durch. Damals wurde nach langem Hin und Her eine Friedens-Wasserpfeife geraucht und ein Dreijahresplan verabschiedet - den Ismaik nun nach einem halben Jahr als gescheitert empfindet. Hamada Iraki, der den Investor damals beriet, trat als Vermittler auf. Mittlerweile ist Iraki nicht mehr für Ismaik in Sachen 1860 tätig; Ismaiks Bruder Abdel Rahman, der diese Aufgabe mit übernommen hat, drückte die neue inhaltliche Unnachgiebigkeit schon vor Weihnachten aus.

Noor Adnan Hasan Basha, der mittlerweile offizieller Repräsentant Ismaiks in München ist, zwei Deutschkurse absolviert und seit zwei Monaten eine Wohnung in der Stadt hat, erklärte auf SZ-Anfrage am Mittwoch den Sinneswandel. "Wir haben dem Dreijahresplan damals zugestimmt, aber dann haben wir gemerkt: Wir können viel schneller aufsteigen, wir müssen nicht drei Jahre warten."

Unzufrieden mit der Personalpolitik

Zudem war der Investor äußerst unzufrieden mit der Personalpolitik im Sommer. "Sechs Spieler kamen, das war keine Verbesserung", sagte Basha: "Was macht Blanco? Nichts. Also stimmt was mit dem Plan nicht. Sportdirektor Florian Hinterberger hat die Spieler geholt, das Management hat zugestimmt." Ob Ismaik deren Ablösung fordern wird, wollte Basha nicht sagen: "Das sehen wir am 7. Januar."

Mit der Personalpolitik begründete Ismaik auch, dass er die zweite Darlehensrate nicht überwiesen hat: "Ganz einfach, weil ich keine gescheiterten Pläne unterstütze." Er drohte mit einem Rückzug von 1860, sofern er künftig nicht die Chance zum Aufstieg erhalte - "dann hat dieses Investment keinen Wert für mich". Den Erfolg will er mit seinem eigenen Plan erreichen, der nach wie vor auf den früheren Nationaltrainer Englands, Sven-Göran Eriksson, baut: Dieser sei "ein international anerkannter Coach mit großer Erfahrung", sagte Ismaik. "Sein Enthusiasmus ist das, was ich am meisten an ihm schätze."

Er empfahl den 1860-Mitgliedern, "ihre Wahlentscheidungen mit dem Ziel zu prüfen, manche Klubverantwortliche durch Personen zu ersetzen, die die 1860-Anliegen über ihre persönlichen Interessen stellen. Der Klub braucht frisches Blut." Schneider sei "nicht ehrlich im Umgang mit mir, mit den Fans und auch nicht zu sich selbst".

Ismaik betonte, ohne ihn "wäre der Verein innerhalb eines Jahres kollabiert". Für den Winter plant der Investor nach wie vor die Verpflichtung eines Topstürmers, der sich mit Benjamin Lauth ergänzen und für mehr Offensivgefahr sorgen soll. Welches Finanzierungsmodell dafür in Frage käme, wollte Basha auch auf mehrmalige Nachfrage nicht beantworten.

Stattdessen versuchte er zu beschwichtigen, und offenbar war es nicht ironisch gemeint: "Es gibt keine Probleme, das Verhältnis ist gesund." Fragt sich nur, ob die Vereinsvertreter das nach diesem Auftritt noch genauso sehen.

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