0:2 in Wolfsburg:Von der Melancholie ins Chaos

VfL Wolfsburg - 1. FC Nürnberg

Neidvolle Blicke: Nürnbergs Ishak nimmt den Wolfsburger Jubel nach dem 1:0 zur Kenntnis.

(Foto: Swen Pförtner/dpa)

Der 1. FC Nürnberg leitet die Niederlage beim VfL Wolfsburg mit einem leichtfertigen Fehler selbst ein. Die Chance, die Saison wenigstens auf dem Relegationsplatz zu beenden, wird immer kleiner.

Von Javier Cáceres

Der 1. FC Nürnberg hat sich am Tag seines 119. Geburtstags in der Kunst des Harakiris versucht - und dennoch eine theoretische Chance auf den Klassenerhalt bewahrt. Trotz einer insgesamt enttäuschenden Leistung kam der VfL Wolfsburg gegen einen offensiv viel zu harmlosen und defensiv zu absurden Fehlern neigenden Club zu einem letztlich ungefährdeten 2:0-Erfolg - und kann damit weiterhin auf eine Qualifikation für die Europa League hoffen. Nürnberg hingegen muss nun gegen Mönchengladbach und in Freiburg gewinnen - und gleichzeitig darauf bauen, dass Stuttgart gegen Wolfsburg und auf Schalke nicht mehr als einen Punkt holt. Nur dann hat Nürnberg noch eine Chance, auch im kommenden Jahr als Bundesligist Geburtstag feiern zu können.

Gegen ersatzgeschwächte Wolfsburger vermittelten die Nürnberger zunächst alles andere als den Eindruck einer angstverzagten Mannschaft. Die Selbstsicherheit des Brasilianers Matheus Pereira, der als Linksfuß auf der rechten Seite spielte, wirkte ansteckend auf die restlichen elf Nürnberger, die überdies mit der Empfehlung des Punktgewinns gegen den FC Bayern aus der Vorwoche angereist waren. Doch nach 38 Minuten griff der Club zum Schwert - und rammte es sich vor offiziell 22 000 Menschen grund- und ansatzlos in den Bauch.

Nach einem weiten Pass ins Mittelfeld von Torwart Christian Mathenia landete der Ball bei Sebastian Kerk. Und der ließ etwas Fundamentales vermissen: den peripheren Blick. Er übersah, dass Wolfsburgs Admir Mehmedi im Strafraum der Nürnberger stehen geblieben war - und spielte unbedacht den Ball zurück auf seinen Keeper, der den Bruchteil einer Sekunde zu spät kam. Mehmedi spitzelte den Ball opportun zu Felix Klaus, der den Ball nur mitnehmen musste, um ihn dann aus sechs Metern einzuschieben. "Das war ein sehr dummes Gegentor. Das darf nicht passieren", sagte Nürnbergs Kapitän Hanno Behrens.

Das Tor verursachte einen Bruch im Spiel der Nürnberger. Und dennoch waren sie auch nach der Pause wieder das spielfreudigere Team. Wie schon in der ersten Halbzeit mangelte es den Nürnbergern aber in Nähe des Wolfsburger Strafraums an Explosivität. Umgekehrt hatten sie seitens der lethargischen Wolfsburger nicht viel zu befürchten. Nach knapp einer Stunde kam es zum ersten wirklich gefährlichen Abschluss der Franken: Nach einem Ballverlust von Wolfsburgs Stürmer Wout Weghorst stob Nürnbergs Mittelstürmer Ishak auf den Strafraum zu, verpasste einen günstigen Zeitpunkt, auf den frei mitlaufenden Pereira zu passen und schoss. Der Wolfsburger Keeper Pavao Pervan bekam aber noch seine Hand an den Ball. Doch das war es dann bald mit Nürnbergs Offensive. Denn in der 73. Minute hielt sich Pereira den hinteren linken Oberschenkel - und musste wegen einer Muskelblessur verletzt vom Platz. Der Arzt der Nürnberger berichtete nach dem Spiel, immerhin, dass die Blessur wohl nicht ernsthafter Natur sei. Doch nach dem Verlust seiner intelligentesten Waffe verfiel Nürnberg aus dem Stadium der Melancholie ins Chaos.

In der 78. Minute flankte Wolfsburgs Mehmedi einen Freistoß in den Strafraum, Marcel Tisserand (78.) wuchtete den Ball unbedrängt per Kopf ins Nürnberger Netz. Ein abgefälschter Freistoß von Maximilian Arnold hätte fast für das 3:0 gesorgt (83.). Trainer Boris Schommers blieb nur die Freude über eine spielerisch ansprechende Leistung - und die Bitterkeit einer tragischen Erkenntnis: "Wir haben uns selbst geschlagen."

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