1. FC Nürnberg:Etwas abenteuerlich

1. FC Nürnberg - Hertha BSC

Warten auf die Wende: Seit zwölf Spielen ist Nürnbergs Trainer Michael Köllner ohne Sieg.

(Foto: Daniel Karmann/dpa)

Nach dem 1:3 gegen Hertha BSC setzen sie beim Tabellenletzten 1. FC Nürnberg auf einen fast schon fatalistischen Optimismus - und statt auf einen Trainerwechsel auf Verstärkungen des Kaders.

Von Maik Rosner

Es gibt drei Gewissheiten in Nürnberg, die auch am Sonntag nicht ins Wanken geraten sind, obwohl ihnen zumindest in zwei Fällen viel Klischeehaftes anhängt. Drei im Weckla - oder nach fränkischer Mundart Weggla - wurden erstens auch beim frostigen Rückrundenauftakt des FCN gegen Hertha BSC im großen Stil gereicht. Hinzu kam zweitens, dass der historisch gewachsene Fatalismus bemüht wurde, wonach der Club (Fränkisch: Glubb) a Depp is, aber für seine Anhänger eben ein liebenswerter, trotz des Rekords von acht Abstiegen. "Extrem dumm verteidigt" habe man, befand Rechtsverteidiger Enrico Valentini. Das ändert aber nichts an der dritten, vergleichsweise jungen Gewissheit: Michael Köllner ist und bleibt beim Tabellenletzten dafür zuständig, die vage Hoffnung zu moderieren, dass die Bratwürstchen im Brötchen auch in der nächsten Saison noch in der ersten Liga serviert werden.

Dafür sprach beim 1:3 (1:1) gegen Hertha BSC allerdings sehr wenig, abgesehen vom scheinbar unerschütterlichen Optimismus des Trainers. Köllner hat jedenfalls öffentlich keinen Zweifel an seinem Glauben an den Klassenverbleib gelassen. Etwas abenteuerlich mutete es zwar an, dass er sogar "guter Dinge" sei, ebenso wie der andere Aufsteiger Fortuna Düsseldorf vier Spiele hintereinander gewinnen zu können. Andererseits ist es wohl einfach so, dass Köllner gerade wegen der ernüchternden Realität gar nichts anderes übrig bleibt, als Zuversicht zu verbreiten. Oder wie es Virgil Misidjan formulierte: "Natürlich ist da Hoffnung. Wenn wir keine Hoffnung hätten, könnten wir aufhören, zu spielen."

Die Frage ist allerdings, worauf diese Hoffnung fußt und wie sie gestärkt werden kann. Beim Hoffnungsverbreiter Köllner anzusetzen, halten sie beim Club wohl schon deshalb nicht für zielführend, weil sie niemandem zutrauen, noch mehr Optimismus zu verbreiten. Sportvorstand Andreas Bornemann bekundete jedenfalls am Sonntagabend in der BR-Sendung "Blickpunkt Sport" erneut sein Vertrauen in Köllner: Dessen Arbeit sei "noch genauso gut, wie sie vor einem Dreivierteljahr war, als wir gemeinsam aufgestiegen sind". Schon damals habe man gewusst, vor welch immenser Herausforderung man eine Etage höher stehen werde.

Gegen die Hertha war das wieder einmal zu besichtigen. Trotz viel Eifer zeichnete sich schnell ein Klassenunterschied ab. Besonders deutlich wurde das bei den Gegentoren, die zwei Mal nach eher hibbelig ausgelassenen Chancen des FCN fielen. Zunächst traf Vedad Ibisevic kühl zum 0:1 (15.). Dann legte er mit ebenso viel Klasse per Hacke Ondrej Dudas 1:2 auf (50.), der später auch noch einen weiteren überlegten Angriff zum Endstand vollendete (70.).

Der FCN dagegen mühte sich, kam aber eher durch Kampf und Zufall zum Ausgleich von Kapitän Hanno Behrens, der Eduard Löwens verrutschen Schuss eingrätschte (42.). Doch das reichte nicht zu einem wenigstens kleinen Ertrag, weil auch in der Defensive immer wieder Qualitätsmängel sichtbar wurden. "Wenn man so einfach Gegentore bekommt, kann man nicht bestehen", sagte Valentini, "es tut weh, aber wir haben noch Spaß an der Bundesliga." Deshalb werde man "kämpfen bis zum Ende", auch wenn "das Selbstvertrauens-Level nicht hoch ist" - nach zwölf sieglosen Spielen in Serie.

Es ist wohl vor allem der Realismus, der die Nürnberger davon absehen lässt, der zunehmenden öffentlichen Kritik an Köllner nachzugeben. "Die Rahmenbedingungen und die Konkurrenzsituation in der Bundesliga haben sich verändert - und nicht die Qualität unseres Trainers", sagte Bornemann. Sie vermuten nachvollziehbar, dass ein anderer mit diesem Kader kaum mehr ausrichten könnte. Auch deshalb soll es erst einmal eine andere "Hilfestellung für die Mannschaft" in Form von "ein, zwei personellen Veränderungen" geben, sagte Bornemann: "Das ist sicherlich, was primär in der kurzen Zeit bis zum Ende der Transferperiode möglich ist." Echte Verstärkungen in den verbleibenden zehn Tagen zu finden, dürfte beim sehr überschaubaren Einkaufsbudget des Clubs von rund drei Millionen Euro allerdings äußerst knifflig werden.

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