Der Begriff „Entwicklungsland“ bekommt zunehmend eine neue Bedeutung. In den heutigen Schwellenländern werden Dinge entwickelt, die dringend benötigt werden. So etwa ein Zementersatz in Tansania. In Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) wurde dort ein Bio-Beton entwickelt, der auf Abfällen aus der Landwirtschaft basiert.

„Afrika könnte uns allen zeigen, wie man nachhaltiger baut“, ist der vor Ort tätige Koordinator aus dem Fachbereich Baustofftechnologie der BAM, Wolfram Schmidt, überzeugt. Es geht in erster Linie um die Reduktion der CO-Emissionen, die in großen Mengen beim Herstellen von Zement entstehen. Bei der rasant wachsenden Bauwirtschaft in Afrika ist schon die Verhinderung von weiten Transporten dank Verwendung lokaler Ressourcen klimarelevant. Dazu gehört auch der Sand, der bisher aus Asien importiert wurde.
Der Zementersatz wird aus den Schalen der Wurzeln der Cassava-Pflanze, hierzulande als Maniok bekannt, hergestellt. „Sie werden auf Halden abgelagert, ziehen Insekten an, entwickeln einen unangenehmen Geruch und können das Grundwasser verschmutzen“, berichtet Schmidt. Durch Verbrennung entsteht eine Asche, deren hoher Anteil an Siliziumdioxid und Aluminiumoxid für die Eignung als Zementersatz sorgt.
Derzeit wird noch am Verbrennungsprozess getüftelt, um die Konsistenz, Druckfestigkeit, Rissneigung und Dauerhaftigkeit des Betons bei möglichst geringer CO2-Emission steuern zu können. So löst der Cassava-Beton zugleich auch das Umweltproblem des Maniok-Abfalls. Die Forschung zum Bio-Beton erhielt 2018 den deutsch-afrikanischen Innovationspreis des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Das Preisgeld fließt in den Bau des ersten Gebäudes aus Cassava-Beton in Lagos (Nigeria) ein. REINHARD PALMER
Erschienen im Tagesspiegel am 07.09.2024