Die nahezu täglich geführten Klimadebatten haben nicht selten etwas mit der Bauwirtschaft zu tun, denn jene Branche verantwortet mehr als die Hälfte des in Deutschland erzeugten Abfalls. Die Deutsche Umwelthilfe beziffert die Belastung konkret: Ihrer Aussage zufolge kommen auf eine Sekunde etwa 7,3 Tonnen Bauschutt. Auf die Fläche gerechnet sind das 4,4 Hektar pro Tag, was in einem Jahr der Größe von Nürnberg entspräche. Das beeindruckende Zahlenwerk scheint jedoch die Bedenken der von Abriss befeuerten Klimaschädigungen nicht stoppen zu können. Das legt nun der im September 2023 vorgestellte Abriss-Atlas, der von der Deutschen Umwelthilfe gemeinsam mit verschiedenen Organisationen aus Umweltschutz, Architektur und Kultur initiiert wurde, offen.
Ziel ist es, den deutschlandweiten Abriss der Gebäude zu dokumentieren und deren Klimabilanz durch die Zerstörung von Baumasse aufzuzeigen. Die Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe Barbara Metz wünscht sich aber auch Konsequenzen, beispielsweise in Form einer Abreißgenehmigungspflicht. Die Initiative Architects4Future forciert zudem neue baurechtliche Rahmenbedingungen, bei denen bedacht wird, dass die Sanierung alter Gebäude aufgrund heutiger Vorgaben meist zu teuer und in Teilen überhaupt nicht realisierbar ist. Hier bedarf es anderer Parameter, die zum Erhalt des Bestands motivieren. Um den Abriss-Atlas mit Leben zu füllen, ist jeder aufgerufen, seine Beispiele auf der Plattform (www.abriss-atlas.de ) einzutragen. Bisher sind über 700 Fälle registriert. Demgegenüber stehen zirka 14.000 Gebäude (destatis), die jährlich rückgebaut werden. Die Dunkelziffer wird deutlich höher vermutet. Daher appellieren die Initiatoren, sich der Verantwortung bewusst zu sein und die Dokumentation mit validen Zahlen zu ergänzen.
KELLY KELCH
Erschienen im Tagesspiegel am 04.05.2024