Der Hauptverband der deutschen Bauindustrie hat in diesem Sommer mal wieder einen rausgehauen: „Bau in der Nachwuchsklemme“ war der Titel einer Pressemitteilung zum jährlichen Ausbildungs- und Fachkräftereport der Sozialkasse der Bauwirtschaft. Darin wurde erneut eine geringere Anzahl an abgeschlossenen Ausbildungsverträgen festgestellt. Die maue Konjunkturlage scheint diesmal aber nicht der Grund dafür zu sein, denn nur unter zehn Prozent der befragten Unternehmen gaben an, wegen der lahmenden Wirtschaft weniger auszubilden.
Laut Verband gibt es andere Faktoren dafür: Es fehle an geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten, und es wurden offenbar häufiger schlechte Erfahrungen mit früheren Auszubildenden gemacht. Dieses Risiko dürfte man allerdings immer haben: Motivation kann schwinden, eine bessere Stelle kann locken, und wenn ein junger Mensch erkennt, dass er für eine bestimmte Tätigkeit nicht geeignet ist, dann ist das sicher nicht das Schlechteste für seine persönliche Zukunft.
Gravierend bleibt der generelle Mangel an Bewerberinnen und Bewerbern, denn der begünstigt den Fachkräftemangel von morgen. Sicher kann die tägliche Arbeit in Bau und Handwerk herausfordernd sein, aber die aktuelle Lage bringt den Nachwuchs in eine komfortable Situation: Die Vergütung ist bereits während der Ausbildung oft sehr gut und die restlichen Leistungen sind meist durch Tarifvertrag geregelt. Auch das vermeintlich schlechte Image der Branche scheint vergangen zu sein. In einer aktuelle Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft bewerteten alle befragten Jugendlichen eine duale Ausbildung im Handwerk genauso positiv wie ein Studium. Ein Funken Hoffnung für die nächste Ausbildungs-Generation und dafür, dass sich auch künftig genügend Fachkräfte finden, die uns ein Zuhause bauen. KAI-UWE DIGEL
Erschienen im Tagesspiegel am 02.11.2024