Einmal Batman sein... Und dazu muss man gar nicht erst ins dystopische Gotham City, wo der fiktive Superheld lebt. Ein Ausflug zu BMW Classic in München reicht. Dort steht ein echtes Batmobil, wie die Rennversion des legendären Coupés genannt wurde. Ausfahrt mit der weiß-blauen Legende 3,0 CSL. Unser Autor Rudolf Bögel als Steuermann, quasi als Batman.
Bei diesem Auto war schon vor 50 Jahren alles anders: Zum Beispiel die Serienausstattung. Sie zeichnete sich durch Verzicht aus: Eine Frontstoßstange gab es nicht, zumindest ab Werk. Wer wollte, konnte sie gegen Aufpreis nachrüsten lassen. Rennsport-Fans mussten nach dem Kauf sogar den Gang zur Werkstatt antreten. Der Heckspoiler, der dem 3,0 CSL den Spitznamen „Batmobil“ verliehen hatte, war ebenfalls Sonderzubehör. Aber eines mit Aufmerksamkeitsgarantie. Als der Rennfahrer Hans-Joachim Stuck mit seinem Dienst-CSL beim Tanken war, wurde er weiland gefragt, ob das Teil hinten auf seinem BMW ein neuer Skiträger wäre. Aber zurück zu den Ursprüngen des CSL:
„Sehr geehrter Herr Redakteur, die Bayerischen Motoren Werke rüsten jetzt ihr Leichtbau-Coupé auch mit einem 3-Liter-Einspritzmotor aus. Für eine Veröffentlichung wären wir Ihnen dankbar.“
Mit diesen dürren Worten fing eine Pressemitteilung vom 14. August 1972 an. Dabei ging es um den E9, dem schönsten Coupé, das BMW jemals im Programm hatte. Nach dem CS und dem CSi baute BMW zusammen mit Alpina die Rennsportversion CSL, zunächst mit dem Vergasermotor und 180 PS, dann bekam das Batmobil den Einspritzer mit 200 PS. Im Fahrzeug-Prospekt von damals wurde BMW blumiger in der Ausdrucksweise:
„Überlegenheit durch Siege: Die Einheit durch Mensch und Maschine ist treibende Kraft im BMW-Automobilbau... im BMW CSL findet die konstruktive Überlegenheit von BMW ihren sportlichen Höhepunkt. Denn in ihm steckt die Begeisterung der Ingenieure für sportliches Fahren.“
Entscheidend am CSL war allerdings nicht, was in ihm steckte, sondern was nicht drin war. Das L steht nämlich für Leichtbau. Also hat man Türen, Heckklappe und Kofferraumdeckel aus Aluminium gemacht. Auch bei den Scheiben senkte man das Gewicht durch ein anderes Material, die elektrischen Fensterheber fielen weg. Vorne keine Stoßstange, hinten eine aus Plastik, nur 2,5 Kilogramm schwer - und schon wog das Auto nur noch 1165 Kilogramm. Das macht ein Leistungsgewicht von 5,8 Kilo pro PS. Zum Vergleich: Ein einfacher Porsche 911 Carrera wiegt heutzutage schon 1,5 Tonnen. BMW war von sich und vom CSL begeistert:
„Eine Spezialversion, in der alle konstruktiven Möglichkeiten auf Leistung und Fahreigenschaften ausgerichtet sind. Für den Wettbewerb und die Straße. Der BMW 3,0 CSL ist ein rennerprobtes Automobil. Es zeigt, was Freude am Fahren in der sportlichsten Form bedeutet.“
Mit dem Leichtbau alleine war es noch nicht getan. Die Karosserie wurde um 20 Millimeter abgesenkt, um die Wankneigung auch ohne Stabilisatoren in den Griff zu bekommen. Schraubenfedern, Gasdruckdämpfer und eine Differenzialsperre machten aus dem eher zahmen CSi ein „Bad Mobil“ für die Rennstrecke. Das sollte der Käufer nicht nur spüren, sondern auch sehen:
„Im Cockpit herrscht Rennatmosphäre. Die Ausstattung erlaubt einen reaktionsschnellen Fahrstil. Durch das griffsichere Sport-Lederlenkrad und die direkte Lenkung hat der Fahrer den BMW 3,0 CSL fest in der Hand.“
Im Gegensatz zu Cockpits der Moderne ist der BMW 3,0 CSL tatsächlich aufgeräumt.
Gelöchertes Dreispeichenlenkrad, Tacho, Drehzahlmesser, Uhr und noch ein Rundinstrument für Informationen wie etwa die Kühlertemperatur, dazu ein paar Klimaregler und Knöpfe. Das ist es schon. Fast schon schmeichlerisch liegt der hölzerne Schaltknüppel mit dem Alpina-Zeichen in der Hand. Muss er auch, weil: Nix Automatik. Hier zählt beim Autofahren noch die gute alte Handarbeit. Und Schalten kann so viel Spaß machen. Auch wenn der CSL nur vier Gänge hat. Aber zunächst einmal gehen wir mit viel Ehrfurcht ans Werk. Insgesamt drei Ausbaustufen gab es von diesem BMW. Wir sitzen in der letzten Variante mit 206 PS. Nur 167 Exemplare wurden davon gebaut.
Schon nach wenigen Kilometern spüren wir: Das Biest will ausgefahren werden. Und so drehen wir den Reihen-Sechszylinder immer höher: 2000 Touren, 3000, 4000 - jetzt erreicht das Drehmoment seine volle Kraft. Trotzdem fühlt sich der Wagen dynamisch an, spritzig mit viel Durchzug. Und der soll 50 Jahre alt sein? Die gleiche Frage stellen wir uns beim Tanz, nein beim Tänzchen in den Kurven. Das Batmobil fliegt durch die Kurven wie eine Fledermaus durch die stockfinstere Nacht. Präzise taucht es in die Biegungen ein, und genauso exakt beschleunigt der CSL wieder heraus. Kein Wunder, dass der Tourenwagen auf den Rennstrecken in den Siebzigern kaum zu schlagen war. Und wir bilden uns auch was ein auf unsere Fahrkünste. Aber das war auch die volle Absicht von BMW, wie uns der Prospekt verrät:
„Der CSL ist einer der sportlichen Höhepunkte des BMW-Konzepts. In ihm steckt die Erkenntnis, dass nur das bessere Automobil den besseren Fahrer ermöglicht.“
Vielen Dank, BMW!
TECHNISCHE DATEN
BMW 3,0 CSL (E9)
Motor: Sechs Zylinder in Reihe
Hubraum: 3153 ccm, Einspritzer
Leistung: 206 PS bei 5600 U/min
Drehmoment: 292 Nm bei 4200 U/min
Antrieb: Viergang-Handschalter/Heck
Beschleunigung (0-100 km/h): 6,9-7,1s (Angaben schwanken)
Höchstgeschwindigkeit: 220-222 km/h (Angaben schwanken)
Verbrauch: 10,91/100 km
Maße (L/B/H): 4,63/1,73/1,37 m
Wendekreis: 10,5 m
Gewicht: 1165-1270 kg (Angaben schwanken)
Bauzeit: 1973-1975
Stückzahl: 167
Verkaufspreis: 37.850 Mark
Erschienen im Tagesspiegel am 29.01.2024