Keine Lust mehr auf Schäfchenzählen, um einschlafen zu können? Dann empfiehlt sich ein Blick auf die Toyota-Modelle der letzten Jahrzehnte. Mit Ausnahme des Land Cruisers und des ein oder anderen Sportwagens findet sich dort nur wenig Aufregendes. Irgendwann hat das auch den Chef genervt. „No more boring cars“, keine langweiligen Autos mehr - das ordnete Akio Toyoda im Jahr 2017 an. Intern muss der Ruf schon vorher erschallt sein. Denn just 2017 kam der erste Toyota C-HR auf den Markt. Kühn gezeichnet, zerklüftet gebaut, ein echtes Enfant terrible. Entworfen wurde der Coupé High-Rider (so das Kürzel C-HR) in Europa für Europa. Und siehe da: Design verkauft Autos. 840.000 Einheiten wurden unters Volk gebracht. Der Erfolg hat Toyota noch mutiger gemacht. Es folgten Yaris, bZ4x und der neueste Prius, der ebenfalls einen Designpreis verdient hat. Die zweite Generation des Crossover-SUVs C-HR ist sogar noch exzentrischer geworden. Vor allem mit der zweifarbigen Premieren-Lackierung in Sulphurgold und Schwarz. Vorne erinnert der C-HR mit seinen U-förmigen Leuchten an den Prius. Das Heck ist knackig. Und natürlich darf das modische durchgehende Lichtband nicht fehlen. Bei geöffneter Kofferraumklappe stehen die Rücklichter wie zwei Stachel weg, ein Wunder, dass sich der TÜV daran nicht gestoßen hat. Nicht gerade üppig ist der Platz im Fond: Man sitzt tief, die Seitenfenster sind hoch und ziemlich klein. Da geht es im Kofferraum etwas großzügiger zu: 422 Liter sind es, das ist ähnlich viel wie im vergleichbaren Opel Crossland. Keine Überraschungen beim volldigitalen Cockpit. So groß die Display-Landschaft (zweimal 12,3 Zoll) auch ist, so fummelig ist leider die Bedienung. Wer zum Beispiel die Geschwindigkeitswarnung ausschalten will, muss sich durch unübersichtliche Untermenüs plagen. Der Infotainment-Bildschirm hingegen ist sauber strukturiert: Gut, dass man die Klangeinstellungen nicht suchen muss, sie sind auf der Startleiste. Auch die Klimaanlage bedient man mit eigenen Schaltern. Und für Sonderfunktionen wie die Lenkradheizung stehen ebenfalls Tasten zur Verfügung. Bequem sind auch die Sitze. Selbst bei längerer Fahrt bieten sie ausreichend Komfort und Seitenhalt. Obwohl es den eigentlich gar nicht bräuchte, weil der Toyota C-HR kaum sportliche Ambitionen hat. Unwillig taucht der Paradiesvogel auf vier Rädern in die Kurven ein, genauso mühevoll und zäh kämpft er sich wieder heraus. Auch die ein oder andere Hybrid-Motorisierung ist eher von der lahmen Sorte. Drei Varianten bietet Toyota an. Der 1,8-Liter-Hybrid mit einer Systemleistung von 140 PS treibt das Auto an der Vorderachse an. Quälend versucht der auf Effizienz getrimmte Benziner sein Leistungshoch zu finden. Besser bedient ist man mit dem 2,0-Liter-Hybrid, den es als Fronttriebler, aber auch als Allradler gibt.


Zum Elektro-Motor auf der Vorderachse gesellt sich dann ein Heck-Aggregat. Die System-Power klettert auf knapp 200 PS. Noch etwas mehr Spaß verspricht der Plug-in-Hybrid mit seinen 223 PS. Aber eigentlich ist der C-HR mehr ein Auto für gemütliche Gleiter. Dafür sorgt die angenehm leichte und trotzdem präzise Lenkung und die gute Federung. Die Dämpfer bügeln alles weg, was für die Bandscheiben gefährlich werden könnte. Beim Antrieb werden sich hierzulande wohl die meisten Kunden für den 2,0-Liter-Hybrid entscheiden mit der Ausstattung Team Deutschland“. An Bord: LED-Licht, digitales Cockpit, kabelloses Handy-Aufladen und beheizbare Frontscheibe. Wer die Preise zu happig findet, dem rechnet Toyota vor: Der neue 1,8-Hybrid (plus 18 PS) kostet mit dieser Ausstattung 38.190 Euro - das ist auf Augenhöhe mit dem Vorgänger. Ansonsten ist die Schere groß. Die Basis fährt für 34.990 Euro vor, der PHEV ruft dann schon 43.490 Euro auf. Viel Geld für wenig Reichweite (62 Kilometer) und kleinen Kofferraum (minus 100 Liter). Unser Fazit: Es lebe der Gegensatz. Aufregend ist das Design des neuen C-HR. Unauffällig sind hingegen die Fahrleistungen. Mehr ein Schaf im Wolfspelz als anders herum. rdf
TECHNISCHE DATEN
TOYOTA C-HR 2,0 LITER HYBRID
Motor: 2,0 Liter Vierzylinder-Benziner
Leistung (max.): 112 kW (152 PS)
Drehmoment: 190 Nm
E-Maschine (vorne): 83 kW (111 PS) / 206 Nm
E-Maschine (vorne): 30 kW (40 PS) / 84 Nm
Systemleistung: 145 kW (197 PS)
Antrieb: Allrad / Automatik
Benzinverbrauch: 5,1l/100 km
Beschleunigung: 7,9 s (0-100 km/h)
Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h
Batterie: 4,08 kWh
Abmessungen (L/B/H): 4,36m/1,83 m/1,56m
Kofferraum: 4221
Preis: ab 40.190 Euro
Erschienen im Tagesspiegel am 29.01.2024