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Spenden für das SZ-Hilfswerk: Vom Taschengeld bis zum Quiz-Gewinn

*ohne Erbschaften; **aktueller Stand im laufenden Jahr 2024 SZ-Grafik: Mainka; Quelle: SZ-Adventskalender

75 Jahre SZ-Adventskalender

Spenden für das SZ-Hilfswerk: Vom Taschengeld bis zum Quiz-Gewinn

Auktionen für den guten Zweck: Jedes Jahr kommen sechs Millionen Euro und mehr für Menschen in Not zusammen. Die meisten Spenden stammen von Privatleuten, aber auch Münchner Firmen spenden regelmäßig.

Es waren bescheidene Anfänge, als die Lokalredaktion 1949 erstmals unter den SZ-Leserinnen und SZ-Lesern nach Weihnachtspaten suchte, die bedürftigen Menschen die dringendsten Wünsche erfüllen wollten. 83 Spendenangebote gingen zunächst ein, darunter Einladungen, Lebensmittel- und andere Sachspenden, aber auch Geld. „Wir verteilten 1281 Mark Spenden, wir konnten 47 Pakete abschicken und 38 Heimkehrern oder Kindern eine Festeinladung verschaffen“, berichtete die SZ zu Weihnachten 1949.

Aus dem Spendeneingang von 654,96 Euro im ersten Jahr sind längst Beträge von sechs Millionen Euro und mehr geworden, die rund 20 000 Leserinnen und Leser für ihr Hilfswerk alljährlich einzahlen. Dazu kommen noch Erbschaften von jeweils insgesamt bis zu 2,7 Millionen Euro jährlich. Alles zusammen sind es nun mit der 75. Aktion mehr als 200 Millionen Euro für Mitmenschen in Notlagen.

Mit einer Tortengala zur Handwerksmesse beteiligen sich Konditoren

Den bisherigen Spendenrekord brachte die 73. Aktion 2021/22. Damals kamen allerdings auch besondere Umstände zusammen: Neben der eigentlichen Weihnachtsaktion startete die SZ, als viele Menschen aus der Ukraine wegen Putins Angriffskrieg flohen, eine zusätzliche Spendenaktion, die rund zwei Millionen Euro für Geflüchtete erbrachte. Und außerdem gingen fast weitere zwei Millionen Euro aus Erbschaften ein. Das ergab zusammengerechnet die Rekordsumme von mehr als elf Millionen Euro für das Hilfswerk.

Tatsächlich dürften viel mehr Menschen am Erfolg beteiligt sein, als sich anhand der Einzahlungen und Überweisungen ablesen lässt: Denn häufig stehen hinter einer einzigen Überweisung ganze Familien, Freundeskreise, Stammtische, Vereine, Schulklassen oder Firmenbelegschaften. Runde Geburtstage dienen immer wieder als gute Gelegenheit, Spenden statt Geschenke zu erbitten. Auch bei Traueranzeigen findet sich mitunter der Hinweis, statt Blumen lieber das Hilfswerk mit einer Spende zu bedenken.

Die Spenden, in der Regel in Höhe von einem bis zu 50 000 Euro, kommen fast ausschließlich von Privatleuten. Auffallend ist dabei auch, wie sehr viele Menschen, die eine Zeit lang in München lebten, ihrer einstigen Heimat und dem SZ-Hilfswerk verbunden bleiben. So kommen nicht nur immer wieder Spenden aus anderen Bundesländern und europäischen Staaten wie Österreich, Belgien, Frankreich und Italien, sondern auch aus den USA, zum Beispiel aus Kalifornien.

Auch die meisten der etwa 400 Firmen, die sich alljährlich an der Spendenaktion beteiligen, sind schon lange dabei. So engagiert sich etwa das 1878 gegründete Münchner Familienunternehmen Keller & Kalmbach schon lange regelmäßig mit fünfstelligen Beträgen für das Hilfswerk. Der Aufsichtsratsvorsitzende Florian Seidl übergab zur 75. Aktion einen Scheck in Höhe von 20 000 Euro. Es gehört zur Firmenphilosophie, sich sozial zu engagieren und bedürftige Menschen zu unterstützen. Beim SZ-Hilfswerk wisse er, sagt Seidl, dass das Geld gut aufgehoben sei, weil es auch wirklich dort ankommt, wo es gebraucht wird.

„Es geht uns darum, direkt Hilfe in unserer Nachbarschaft zu leisten, quasi vor unserer Haustür“, sagte auch der frühere Bezirksobmann der Notare in Stadt und Landkreis München, Ludwig Thiede, der viele Jahre lang beharrlich die Spendenaktion unter seinen Kollegen und Kolleginnen organisierte und dabei jährlich Beträge von bis zu 50 000 Euro für das Hilfswerk einsammelte.

Gemeinsinn zeigten, unterstützt von ihren Lehrerinnen und Lehrern, auch immer wieder Kinder, die für Weihnachtsbasare bastelten, deren Reinerlös dann an den Adventskalender ging. Originelle Ideen gab es immer wieder: So unterstützten die Schüler der Berufsschule für Finanz- und Immobilienwirtschaft mit ihrer „Aktion Flaschenpfand“ die Solidarität mit Geflüchteten. Die Schüler hatten gemeinsam mit engagierten Ethik- und Religionslehrkräften beschlossen, in der Adventszeit den Erlös von eigens in der Schule gesammelten Pfandflaschen zu spenden. So kamen 200 Euro zusammen. An der Berufsschule für Großhandels- und Automobilkaufleute kochten die Schüler für Gäste - gegen Spenden für Geflüchtete.

Einen wichtigen Beitrag zum Erfolg leisteten auch Benefizveranstaltungen. Fünfstellige Beträge bringen regelmäßig die Konzerte des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks ein. Schöne Erlöse kommen auch aus dem Kinder- und Jugendbuchflohmarkt, den die Kinder- und Jugendbuch-Redaktion für die Mitarbeiter im SZ-Hochhaus veranstaltet. Gelegentlich machen sich sogar Schulklassen auf den Weg ins Hochhaus, um ihre Spenden persönlich bei Vorständin Sandra Geisler abzugeben - und einmal aus großer Höhe München zu überblicken.

Doppelte Freude macht auch die Tortengala der Konditoren, die der Förder- und Spendensammelverein der Konditoren-Innung Bayern im Rahmen der Internationalen Handwerksmesse auf dem Messegelände veranstaltet. Dort werden von der Meisterschule der Konditoren etwa 250 Tortenkreationen und süße Präsente gezeigt - und zugunsten des SZ-Hilfswerks an Messebesucher verlost. Die Lose für die versüßte Spende sind immer schnell verkauft. Nach Abzug der Materialkosten gingen so 2023 insgesamt 2794 Euro ein. Lange Jahre erfolgreich lief auch in der Adventszeit das Benefizhaarschneiden der Meisterschule für Friseure am Ostbahnhof, bei dem angehende Friseurmeisterinnen und -meister gegen eine Spende vielen Köpfen ein neues Erscheinungsbild gaben.

Ohnehin ist die Fantasie groß, wenn es gilt, Beweggründe fürs Spenden zu finden. Da verzichten Firmen auf Weihnachtsgeschenke für ihre Kunden, manche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sogar auf ihr Weihnachtsgeld, andere verbinden ihren Geschenkkauf in der Stadt mit dem Besuch im SZ-Servicezentrum, um dort ihre Spende einzuzahlen. Mal beteiligt jemand das Hilfswerk an einem „guten Geschäft“ mit einem größeren Betrag, mal opfert ein Kind sein Taschengeld - nicht die Höhe der Spende ist entscheidend, sondern die Geste und das Motiv, anderen Menschen im Rahmen der eigenen finanziellen Möglichkeiten zu helfen. Auch der im Januar verstorbene Franz Beckenbauer, der als SZ-Leser die Aktion kannte, hat bereits in den Achtzigerjahren über die mit den Einnahmen aus seinem Abschiedsspiel gegründete Franz-Beckenbauer-Stiftung gespendet, um einem Multiple-Sklerose-Kranken den Kauf eines „Treppen-Kulis“ zusammen mit einem Rollstuhl zu ermöglichen. Damit konnte der Kranke Treppen ohne Hilfskräfte überwinden. Von der Sozial-Stiftung der Stadtsparkasse München kam die bislang höchste Spende: Mit 250 000 Euro unterstützte die Stiftung 2009 die Aktion „Schülerlunch“, die Kindern aus Familien mit geringem Einkommen ein kostenloses Mittagessen in der Schule sicherte. Weitere 250 000 Euro gab die Stadtsparkasse im selben Jahr auch noch für die Aktion „Sport für alle Kinder“.

Willy Astor ließ einige seiner Gitarren für den guten Zweck versteigern

Spenden im hohen fünfstelligen Bereich überbrachte Rupert Hackl von der Ingeborg und Marion von Tessin-Stiftung. Hackl, Gründungsmitglied des Lions-Clubs Neuburg an der Donau, ergänzte dies regelmäßig mit hohen Spenden aus einem Benefiz-Golfturnier des Lions-Clubs.

Immer wieder gab es auch Auktionen für den guten Zweck. So hat der Kabarettist und Musiker Willy Astor 2011 mit der Versteigerung einiger Gitarren aus seiner Sammlung 22 645 Euro zugunsten des Hilfswerks eingenommen. Unter den Instrumenten befanden sich einige ganz besondere Raritäten, wie eine Ovation Adamas Millenium, von der es nur 75 Exemplare insgesamt auf der ganzen Welt gibt. Eine „halbwegs anständige Summe von 5000 Euro“ hatte sich Astor für die 18 Gitarren aus seiner Sammlung erhofft. Die viel größere Summe aus der Auktion im Lustspielhaus ermöglichte Kindern den Zugang zur Musik durch Unterricht und den Kauf eines Instrumentes.

Unterstützung erhält das Hilfswerk aber immer wieder auch von außerhalb: So wäre beinahe eine ziemlich große Spende für die 59. Hilfsaktion 2007/2008 vom Journalisten und TV-Moderator Christian Sievers gekommen. Sievers, inzwischen Moderator des „heute journal“ beim ZDF, war bei Jörg Pilawas Starquiz angetreten, um mit seinem Gewinn das Spendenhilfswerk der SZ zu unterstützen. Im Prominenten-Team zusammen mit Moderatorenkollegin Anne Gesthuysen bewältigte er zunächst souverän Frage um Frage. Doch die 75000-Euro-Frage erwies sich für beide als unüberwindbare Hürde: Welche Sportart entwickelte 1891 der kanadische Sportpädagoge James Naismith? Handball, Squash, Basketball oder Badminton?

„Wir haben leider falsch geraten, das war uns wahnsinnig peinlich“, sagte Sievers, der damals das ZDF-Morgenmagazin moderierte. Richtig wäre Basketball gewesen. Das Moderatoren-Team fiel damit wieder zurück auf 10 000 Euro. Für seinen halben Anteil daran hatte sich Sievers den „Adventskalender für gute Werke“ als Empfänger ausgesucht. Der SZ-Adventskalender stelle ein „sehr positives Konzept“ dar, für das er sich aus Überzeugung privat engagiert habe, zumal auch die Verwaltungskosten nicht zulasten der Spenden gingen. „Es ist wichtig, armen, kranken und behinderten Menschen zu helfen, die in der unmittelbaren Nachbarschaft leben“. Die Adventskalender-Reportagen des Münchner Teils seien auch außerhalb Bayerns lesenswert, denn sie fühlten sich ein in das Schicksal jener Leute, die es sehr viel schwerer haben als andere.

2016 war Sievers dann umso erfolgreicher bei seinem Auftritt in der Quiz-Show „Wer weiß denn so was“. Sievers kam ins Finale und gewann den ersten Preis: 50 000 Euro. Er habe sich sehr gefreut, sagte er danach, „dem Adventskalender der Süddeutschen Zeitung damit ein bisschen helfen zu können“. Dass er als Nicht-Münchner Münchnerinnen und Münchner unterstützte, begründete er damit, er halte die Idee für sehr gut, „dass man auf Menschen in der unmittelbaren Nachbarschaft achtet. Es gibt viel Not und Leid auf der Welt, da übersehen wir oft, was direkt vor der eigenen Haustür passiert.“ Und er betonte: „Es braucht oft gar nicht viel Geld, viel wichtiger ist die Tatsache, dass da jemand ist, der an einen denkt.“

Von Sven Loerzer

Er­schie­nen im Ta­ges­spie­gel am 23.02.2024

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