Der chinesische Motorenhersteller Loncin ist ein Schwergewicht in der Zweirad-Welt. Nicht aus Zufall lässt BMW Motorrad dort seine Einstiegsmotoren bauen. Mit der Marke Voge (sprich: Woutsch) ist das Unternehmen jetzt seit gut vier Jahren in Deutschland vertreten - die von uns getestete R125 ABS schließt das Modellangebot nach unten ab und ist speziell von A1- und B196-Führerscheinbesitzer gedacht, für Ein- und Wiedereinsteiger. Dass klein nicht gleich langweilig sein muss, beweist das pfiffig gestylte Naked Bike sehr eindrucksvoll. Speziell in der hellblauen Version mit roten Akzenten und dickem Marken-Schriftzug auf dem Tank.
Die Grafik der LED-Leuchten vorne wie hinten kommt richtig cool rüber, das farbige LCD-Display liefert übersichtlich alle nötigen Infos bis hin zur Ganganzeige. Groß ist die Voge R125 nicht, das sollten Interessenten bedenken. Auf der 1,94 Meter langen Maschine mit einer Sitzhöhe von 80 Zentimetern und einem Radstand von 1,31 Metern sitzen sehr langbeinige Zeitgenossen doch etwas verkrampft - das sollte man unbedingt vorab ausprobieren. Die Sitzbank mit Mini-Polster hinten ist eindeutig auf den Ein-Frau- oder Ein-Mann-Betrieb ausgelegt - oder allenfalls noch für ein Paar, das sich richtig gerne hat. Vorne hat Voge eine erwachsen wirkende Upside-down-Gabel moniert, hinten sorgt eine Zweiarm-Schwinge mit verstellbaren Zentral-Federbein für Komfort - und das recht überzeugend. Schließlich ist das Einsteiger-Bike keine Rennsemmel. Der Vierventil-Motor passt gut ins Konzept.
Er leistet 11 kW/15 PS bei 9.500 U/min und liefert bei 8.500 U/min sein maximales Drehmoment von 12 Nm ans Hinterrad. Aus diesen Daten ist unschwer zu erkennen, dass die kleine Voge gedreht werden will, damit es flott vorangeht. Das leicht schaltbare Sechsgang-Getriebe macht das problemlos mit, beim Beschleunigen kommt durchaus eine Portion Dynamik rüber. Auf 100 schafft es die R125 in (handgestoppten) 14 Sekunden, bei 110 km/h ist Schluss und das reicht auch völlig zum entspannten Mitschwimmen auf Landstraßen. Unser Testverbrauch: um die drei Liter je 100 Kilometer, das ergibt eine Reichweite von rund 300 Kilometern. Apropos entspannt: Dieses Gefühl vermitteln auch die Bremsen. Je eine Scheibe hat Voge pro Rad verbaut, vorne mit 276 und hinten mit 220 Millimeter Durchmesser, dazu kommt ein gut regelndes ABS-System. Die Bedienung der R125 ist simpel und auch für Einsteiger sofort verständlich. Die Rückspiegel sind zwar schick geformt, dürften aber gerne mehr Überblick nach hinten verschaffen. Das ist aber auch so ziemlich der einzige Kritikpunkt an der Achtelliter-Voge. Denn sie vermittelt auch dank des gut abgestimmten Fahrwerks, der nicht zu sportlichen Sitzhaltung und ihres vergleichsweise markanten Sounds aus dem Mini-Auspuff unter dem Motor eine ordentliche Portion Fahrspaß. Und das zum sozialverträglichen Preis von 3.199 Euro.
Rudolf Huber
Erschienen im Tagesspiegel am 18.11.2024