Anzeige

Studieren im Sechsachtel-Takt

So hochmodern wie das Studienangebot sind auch etliche Wiener Universitätsgebäude. Foto: Adobe Stock

BILDUNG AKTUELL

Studieren im Sechsachtel-Takt

In Österreich gibt es zwar keinen Numerus clausus, wissenschaftliche Qualität hat dennoch oberste Priorität

Österreich ist nicht nur seit jeher das beliebteste Urlaubsland deutscher Touristinnen und Touristen, die Alpenrepublik führt auch seit Jahren das Ranking von Studierenden an, die im Ausland ihre wissenschaftliche Ausbildung absolvieren wollen. Nach den Corona-Jahren sogar noch deutlicher als in der Zeit zuvor. Die Gründe muss man eigentlich nicht erklären, dennoch seien sie hier einige genannt: die ähnliche Sprache, der weltbekannte Charme der Österreicherinnen und Österreicher, die hohe akademische Qualität ihrer Hochschulen, die erstklassigen kulinarischen Erzeugnisse und nicht zuletzt die Berge, Seen und Flüsse, sommers wie winters. Außerdem verzichtet der österreichische Staat auf Zugangsbeschränkungen wie den Numerus clausus, etwa in den Fächern Humanmedizin oder Psychologie. Dass ein guter Notenschnitt nicht automatisch mit der Empathiefähigkeit einer Ärztin oder eines Psychologen korreliert, haben die Nachfahren von Menschenkennern wie Arthur Schnitzler, Siegmund Freud, Joseph Roth, Ingeborg Bachmann oder Friederike Mayröcker schon lange verinnerlicht.

Dennoch gilt es in Österreich einiges zu beachten, gerade für deutsche Studierende. Etwa, dass man sich mit Lichtbildausweis bei der zuständigen Bundespolizeidirektion oder bei der Bezirkshauptmannschaft (eine Verwaltungsbehörde auf Bezirksebene) anmelden muss, wenn der Aufenthalt länger als drei Monate dauert - was ja schon bei einem einzigen Auslandssemester der Fall ist. Übrigens: Die Einheimischen können sich derartige Behördengänge mit der „ID Austria“, die im vergangenen Jahr eingeführt wurde, ersparen. Sie löste übrigens die Handy-Signatur und Bürgerkarte ab - ebenfalls Fremdworte und ungewohnte Services für deutsche Staatsangehörige.

Prinzipiell gleichen sich das deutsche und österreichische Hochschulsystem. Österreich verfügt derzeit über 22 öffentliche Universitäten, 21 Fachhochschulen, 14 Pädagogische Hochschulen sowie 17 Privatuniversitäten. Die größte Hochschule ist die Universität Wien mit fast 90.000 Studierenden, gefolgt von der Universität Graz mit 29.000 und der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck mit 28.000. Auf Platz vier folgt die TU Wien mit rund 26. 000 knapp vor der Johannes-Kepler-Universität Linz mit 24.000 Studierenden. Eine der jüngsten und kleinsten, dennoch bedeutenden Einrichtungen ist das Jam Music Lab, eine Wiener Privatuniversität für Jazz und Popularmusik.

Die Zulassung zu einem Studium ist im Prinzip denkbar einfach: rechtzeitiges Einreichen der Unterlagen, Zahlung der Studiengebühren - das war's. Außer wenn sich an einer Uni oder Hochschule mehr Interessierte anmelden als es Studienplätze gibt; ein gar nicht so seltener Fall. Tritt der ein, führt die Einrichtung ein Aufnahmeverfahren durch. Das kann mehrstufig sein und zum Beispiel mit einem Online-Self-Assessment-Test und/oder mit einem Motivationsschreiben starten. Manche Einrichtungen setzen auf ein persönliches Vorstellungsgespräch, andere auf Multiple-Choice-Tests, bei denen Allgemeinwissen oder auch studienrelevante Inhalte abgefragt werden. Gerne streuen die Verantwortlichen bei den Tests auch Aufgaben ein, mit denen die kognitiven Fähigkeiten von angehenden Studierenden überprüft werden sollen. Betroffen sind meist Studiengänge wie Medizin, Pharmazie, Biologie, Psychologie, Sozialwissenschaften und Wirtschaftswissenschaften, Publizistik und Kommunikationswissenschaft, Lehramtsfächer, Sport oder auch Informatik und Wirtschaftsinformatik.

Das anspruchsvolle Auswahlverfahren zeigt: In Österreich wird Wert auf Kompetenz und Leistung gelegt. Wer glaubt, hier wissenschaftliche Meriten im Walzertakt erwerben zu können, liegt falsch.

Das Tempo und die Anforderungen sind in unserem liebsten Nachbarland mindestens so hoch wie bei uns. Tröstlich bei dem ganzen Studienstress: Er wird durch die hohe Lebensqualität zwischen Wien und Bregenz locker ausgeglichen.

Viele weitere Fragen zum Studium in Österreich werden auf den Seiten des österreichischen Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung (www.bmbwf.gv.at ) beantwortet.

Horst Kramer

Er­schie­nen im Ta­ges­spie­gel am 26.04.2024

Das könnte Sie auch interessieren