Die „Gebäudeöffnung", dieser Begriff klingt für Laien erst mal ein wenig befremdlich, beschreibt den Bereich, der bei Immobilien einer besonderen Sicherung bedarf, aber ziemlich treffend. Überall dort, wo Wohnungen und Häuser nicht bauseits geschlossen sind, können möglicherweise Sicherheitsrisiken bestehen. An Fenstern und Balkonen, an hoch gesetzten Tür-Konstruktionen, an Flachdächern mit erweiterter Nutzung oder auch an Dachfenstern und Dachterrassen sollen Geländer, Brüstungen und Sicherungselemente aus Glas oder Metall daher als unüberwindbare Barriere dienen. Der Schutz vor dem Durch- oder Abrutschen, vor Stürzen oder auch dem Darüberklettern von Kindern ist im Grundsatz durch verschiedene DIN-Normen, aber vor allem durch die Bundesbauordnung und davon mitunter abweichend auch durch Vorschriften der Länder und Kommunen geregelt, zum Beispiel was die Fensterbrüstung anbelangt:
Wenn die Absturzhöhe bis zu 12 Meter beträgt, müssen Brüstungen gemäß der bundesweiten Musterbauordnung eine Höhe von 80 Zentimetern aufweisen. Geht es über die 12 Meter hinaus, sind sogar zehn Zentimeter mehr vorgeschrieben. Bei den beliebten bodentiefen Fenstern oder Balkontüren kann man zur Sicherung auch auf den sogenannten „Französischen Balkon“ ausweichen, falls sie mehr als 50 Zentimeter hoch angebracht werden sollen. Die an der Fassade montierten Stäbe oder Verglasungen sind in zahlreichen stilistischen Ausführungen zu haben und können gut gewählt zu gestalterischen Highlights an der Immobilie werden. Bei „echten Balkonen führt natürlich kein Weg an einer genau für sie vorgesehenen Sicherung vorbei. In den meisten Bundesländern ist hier die Höhe von einem Meter das Maß der Dinge, in Bayern beginnt die Sicherungspflicht aber sogar schon bei 50 Zentimetern.
Aufgrund der Exponiertheit eines Balkons sollte auch dessen Absturzsicherung immer dem architektonischen Gesamtbild entsprechen und vor allem dauerhaft wetterfest gestaltet sein. Und auch Treppen brauchen besonderes Augenmerk im Hinblick auf die Sicherheit, obwohl sie nicht in jedem Fall mit Brüstungen, sondern alternativ mit Geländer und Handlauf ausgeführt werden können. Die Vorgaben hierfür finden sich wiederum in den Bauordnungen und einer eigenen DIN-Norm. All das ist übrigens nicht nur im Neubau zu beachten, auch bei einer Sanierung oder Modernisierung im Bestand sollte die Umsetzung immer gemäß dem aktuell geltenden Recht erfolgen, um auf der sicheren Seite zu sein. Neben der gesetzlichen Vorschriften kommt es natürlich auch immer auf die persönlichen Bedürfnisse an. Im eigenen Interesse kann es durchaus angezeigt sein, freiwillig sogar über die bestehenden Normen hinauszugehen, etwa wenn im Haushalt neben Kindern ältere, besonders klein- oder großgewachsene oder auch in der Mobilität oder anderweitig eingeschränkte Personen leben, beziehungsweise Wohnungen extra für diese Zielgruppen konzipiert sind.


Besonderheit Dachfenster
Bei Dachfenstern gelten hinsichtlich der Absturzsicherung besondere Regeln im Vergleich zu regulären Fenstern, da sie durch die Dachschräge in den Innenbereich ragen und bei ausgebauten Dachböden oft als Flucht- und Rettungswege zu sehen sind. Je nach Landesbauordnung bewegt sich die maximale Brüstungshöhe hier zwischen 110 und 120 Zentimetern.
Bei den verbreiteten Schwing-Kipp-Fenstern im Dach kann genau das aber ziemlich tricky sein, wenn das Dachfenster für Großgewachsene zu klein ist, eine Vergrößerung des Maẞes dann aber ins Gehege mit den Vorgaben für Brüstungen kommt. Dann wäre die Klassifizierung als Fluchtweg in einigen Bundesländern so nicht erlaubt. Außeres gibt einen großen Abstand zur Kante des Daches von mindestens einem Meter, damit die Feuerwehr im Notfall bei der Rettung nicht behindert wird dann sind Ausnahmen möglich. Am besten man spricht das mit den ausführenden Architekten, Betrieben und den zuständigen Behörden vorab gründlich durch, denn verlässliche Sicherheit ist immer besser als ein mulmiges Gefühl. KAI-UWE DIGEL
Erschienen im Tagesspiegel am 09.06.2024