Was für ein Mordstrumm von Auto! Die bayerische Längeneinheit für etwas unglaublich Großes (Mordstrumm Hirsch, Mordstrumm Watschn) beschreibt den Ineos Grenadier Quartermaster aufs Trefflichste. Der britische Pick-Up streckt sich auf 5,44 Meter Länge und ist mit seinem Wendekreis von 14,5 Metern bestimmt kein Auto für das schicke Lifestyle-Klientel, das am Wochenende die Innenstädte unsicher macht. Und das will er auch nicht sein. Der Quartermaster ist ein echter Lastenesel und damit ein Arbeitstier - auch für extrem schwieriges Gelände. Ineos? Grenadier? Quartermaster? Sollten Sie von diesen Dreien noch nichts gehört haben, sind Sie nicht allein. Der Autobauer ist ziemlich neu. Finanziert wird er von einem der größten Chemie-Unternehmen der Welt, damit sind wir bei der britischen Firma Ineos. Grenadier heißt das erste Modell, weil die Idee dafür im gleichnamigen Londoner Pub geboren wurde. Bleibt noch der Quartermaster - der war beim britischen Militär als Quartiermeister zuständig für Nachschub aller Art. Was eignet sich dafür besser als ein Pritschenwagen?

Mit dem Pick-up (ab 72.460 Euro) bringt Ineos die zweite Karosserievariante des Grenadiers. Das Lastentier mit der Doppelkabine ist bis zu den hinteren Türen identisch mit dem Station Wagon.
Der Radstand wächst von 2,92 auf 3,23 Meter. In der Länge legt er um 54 Zentimeter zu. Und das alles, damit hinten eine Euro-Palette drauf passt das ist quasi der Ur-Meter für Pick-ups. Insgesamt verträgt die Pritsche je nach Motor 760 oder 835 Kilogramm Zuladung, und wenn es sein muss, nimmt der Grenadier sogar Anhänger bis zu 3,5 Tonnen an den Haken. Damit das alles auch flott bewegt werden kann, greift Ineos auf zwei 3,0 Liter große Reihen-Sechszylinder von BMW zurück. Der Diesel hat 249 PS und ein Drehmoment von 500 Nm, der Turbo-Benziner stellt 286 PS und 450 Nm zur Verfügung. Natürlich ist der Benziner das elegantere Triebwerk mit seiner kultivierten Laufruhe und dem direkten Antritt. Wer jedoch oft schwere Lasten zu schleppen hat, für den empfiehlt sich der Selbstzünder. So viel zum Thema Arbeitstier. Die zweite Kern-Kompetenz des Grenadiers ist seine Geländefähigkeit. Hier werden die Fans des alten Land Rover Defenders mit der Zunge schnalzen. Denn hier haben die Konstrukteure keine Kompromisse gemacht. Leiterrahmen, Starrachsen und drei Sperren - das ist die Heilige Dreifaltigkeit auch für schwieriges Geläuf. Die Bodenfreiheit liegt mit 26,4 Zentimetern auf Augenhöhe mit der Konkurrenz, bei der Wattiefe kommt der Brite ebenfalls auf einen guten Wert: Furten von einer Höhe bis zu 80 Zentimetern dürfen kein Problem sein. Wie fährt er sich im Gelände? Überwiegend gut. Sieht man einmal davon ab, dass enge Kurven im Wald aufgrund des extrem großen Wendekreises nicht zu den Lieblingen des Quartermasters zählen dürften. Eine Achillesferse des Grenadiers ist die Kugelumlauflenkung. Normalerweise leistet sie ihre Dienste in Nutzfahrzeugen. Sie ist schwergängig und muss nach jeder Kurve geradegestellt werden. Macht aber Sinn, weil sie im Gelände robuster ist. Ansonsten arbeitet sich der Grenadier kompromisslos und zuverlässig durchs Terrain. Macht richtig Spaß, wie leichtfüßig der Pick-up unterwegs ist. Dabei ist er wirklich ein Mordstrumm von einem Trumm.
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Erschienen im Tagesspiegel am 22.07.2024