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Potzblitz! Maserati unter Strom

Am Dreizack erkennt man einen echten Maserati. Der Grecale ist das erste SUV, das die Italiener elektrifiziert haben. Autor Rudolf Bögel nahm das Auto unter die Lupe. Fotos: Maserati

Mobile Faszination Juni 2024

Potzblitz! Maserati unter Strom

Kann das voll elektrische SUV Grecale Folgore mit Porsche Macan & Co mithalten?

Playboys fahren Ferrari, Gentlemen sitzen im Maserati!“ - auf diesen Punkt brachte Pinder bri der britische Filmstar Peter Ustinov das Image der beiden italienischen Erz-Rivalen. Und legte mit einem zweiten Zitat gleich den Finger in die Wunde: „Man sollte zwei Maserati haben, damit sich immer einer in der Werkstatt erholen kann“. Das zumindest dürfte Geschichte sein. Die Autobauer aus Modena haben unter der Ägide des obersten Dreizacks, Davide Grasso, die Qualität zum obersten Gut erhoben. Und was die Gentleman-Eigenschaften anbetrifft, hier bieten die neuen Elektroantriebe ganz neue Möglichkeiten. Nämlich Ruhe und Souveränität. Und was passt denn besser zu einer Dame oder zu einem Mann von Welt? Flüsterleise und kraftstrotzend - das ist der rein elektrische Maserati Grecale. 558 PS aus zwei E-Maschinen, 820 Nm Drehmoment und eine Fahrkultur, die man als Entdeckung der Stille bezeichnen kann. Der Grecale ist nach dem Levante das zweite SUV der Sportwagenbauer und traditionell nach einem Mittelmeer-Wind benannt. Und er ist das zweite Modell nach dem Gran Turismo, das den Beinamen „Folgore“ (italienisch für Blitz) trägt. So heißen die Elektroautos bei Maserati. Nummer drei wird schon in diesem Sommer das Gran Cabrio sein.

Wer in Leder schwelgen will, der kann sich bei Maserati voll austoben. Im Einsatz sind neuerdings auch nachhaltige Materialien wie regeneriertes Nylon.
Wer in Leder schwelgen will, der kann sich bei Maserati voll austoben. Im Einsatz sind neuerdings auch nachhaltige Materialien wie regeneriertes Nylon.

Optisch erkennt man den Folgore an zwei Merkmalen. Der Kühlergrill wirkt mächtiger mit seinen schwarz eloxierten Einsätzen, und weil wir gerade bei Farben sind: „Rame Folgore“ heißt der neue Kupferton, den es nur bei diesem Modell gibt und der als Akzentfarbe eingesetzt wird, zum Beispiel beim Dreizack auf der Schulter oder im Schriftzug. Und natürlich auch innen: von den 3-D-Carbon-Prägeteilen über die Bildschirm-Grafik bis hin zu den Steppnähten der Polster. Die Bezüge (ebenso wie Dachhimmel und Teppiche) bestehen aus regeneriertem Nylon (unter anderem aus Fischernetzen), fühlen sich aber wider Erwarten geschmeidig und hochwertig an. Hergestellt wird das Econyl in Arco, ganz in der Nähe des Gardasees. Das Cockpit des Elektro-Grecale ist das gleiche wie in den Verbrenner-Varianten: 12,3 Zoll misst das TachoInstrument, in der Mittelkonsole gibt es einen weiteren 12,3-Zöller fürs Infotainment und eine angewinkelten 8,8 Zoll großen Bildschirm für die Klimabedienung.

Platz bietet der Folgore ausreichend. Er steht zwar auf der gleichen Stellantis-Plattform wie der Alfa Romeo Stelvio, ist aber mit 4,87 Metern um 18 Zentimeter länger, beim Radstand sind es mit 2,90 Meter acht Zentimeter mehr. Das kommt vor allem den Fondspassagieren zugute. Wie es sich für ein Luxus-Geschöpf gehört, sind die 14-Wege-Sitze bequem, beheiz- und kühlbar. Wer die 558 PS ausfährt und sich mit dem 2,5-Tonner mit voller Wucht in die Kurven schmeißt, wird feststellen, dass das Gestühl auch sportlichen Ansprüchen genügt.

Muss es auch, denn Gentleman hin, Gentleman her: Ein Maserati darf keine lahme Ente sein. Davon ist der Grecale Folgore weit entfernt. In 4,1 Sekunden überspringt er ganz souverän die 100-km/h-Marke, das ad hoc zur Verfügung stehende Drehmoment von 820 Nm ist im wahrsten Sinn des Wortes mitreißend. Verglichen mit dem Wettbewerber Porsche liegt der Maserati damit zwischen dem Macan 4 (5,2 s) und dem Macan Turbo (3,3 s). Freude bereitet nicht nur der Antrieb, sondern auch das luftgefederte und perfekt abgestimmte Fahrwerk mit den aktiven Dämpfern (Serien-Ausstattung). Die Spreizung zwischen GT und Sport existiert nicht nur dem Namen nach, sondern liefert sanften Langstreckenkomfort genauso wie strammes Sportfeeling. Auch die Lenkung erfüllt höchste Ansprüche. Vergleicht man den Grecale in dieser Disziplin direkt mit dem Macan, dann kann der Maserati zwar hin schmecken, aber Porsche kann es noch einen Tick besser. Das ist, zugegeben, jetzt wirklich geschmäcklerisch und natürlich macht das präzise Rumkurven mit dem Grecale einen Heidenspaß: Unterstützt wird das Vergnügen durch einen künstlichen Sound. Liebe Puristen, jetzt aber nicht gleich meckern! Der Klang, der irgendwo zwischen Achtzylinder und Sphärenmusik angesiedelt ist, klingt nicht nur gut, sondern passt auch zu diesem Auto. Vielleicht ist er auch der wahre Grund, warum wir bei unseren Testfahrten im Elektro-SUV fast so viel Spaß hatten wie in einem Verbrenner. Spaß kostet Leistung - diese Formel gilt auch für E-Fahrzeuge. 27 kWh haben wir auf 100 Kilometer verbraucht, damit waren wir über den angegebenen Wert von 24 kWh und hätten auch die rein theoretische Reichweite von 500 Kilometern nie erreicht. Wenn man realistisch ist, dann dürfte man mit dem 98 kWh großen Akku (netto) so um die 300 Kilometer schaffen, bis man aufladen muss. Hier liegt eine der Schwächen des Grecale. Während Audi Q6 e-tron und Porsche Macan auf einer 800-Volt-Architektur stehen und mit bis zu 270 kW laden können (23 Minuten von 10 bis 80 Prozent), sind es beim Maserati (400 Volt) nur 150 kW (29 Minuten von 20 auf 80 Prozent). Bei AC sind es bis zu 22 kW, die Wallbox ist immerhin im Preis inbegriffen. Unser Fazit zum Maserati Grecale Folgore: Mit einem Grundpreis von 124.021 Euro rangiert der Maserati ziemlich weit oben. Damit kostet er auch mehr als der deutlich besser motorisierte Macan Turbo (693 PS / 114.600 Euro). Ein echtes Playmobil für Playboys ist er nicht, auch wenn der sportliche Charakter wirklich überzeugend ist. Wer Wert legt auf Stil und Styling à la Italia - der liegt aber bei diesem Maserati richtig. Ist halt doch ein Auto für Gentlemen.

Rudolf Bögel

TECHNISCHE DATEN

MASERATI GRECALE FOLGORE
Technische Daten: Maserati Grecale Folgore
Motor: zwei permanenterregte E-Maschinen
Antrieb: Allrad
Leistung: 410 kW (558 PS)
Drehmoment: 820 Nm
0-100 km/h: 4,1s
V. max: 220 km/h
Akku-Kapazität: 105 kWh (98 kWh netto)
Ladeleistung 22 kW (AC)/150 kW (DC)
Ladezeiten: 20 - 80 % 29 min (400 Volt, DC)
Verbrauch: 24,0 kWh/100 km
Reichweite: von 426-501 km
Länge/Breite/Höhe: 4,87/1,95/1,65 m
Radstand: 2,90 m
Wendekreis: 12,3 m
Leergewicht: 2.480 kg
Gewichtsverteilung: 47,2:52,8
Kofferraum: 5351
Preis: 124.301 Euro

Er­schie­nen im Ta­ges­spie­gel am 24.06.2024

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