Ein Sprung ins glasklare, saubere Wasser, Sonnenbaden am feinen Sandstrand oder auf der weitläufigen Liegewiese, mit dem SUP oder dem Tretboot über den See schippern, ein wilder Ritt mit Wakeboard und Wasserski oder mit geblähten Segeln über den See gleiten die Oberpfälzer Seen bieten im Sommer die ganze Palette an Bade- und Wassersportfreuden.
Drei Seen für alle Fälle
Murner- und Brückelsee sind die kleinen Brüder des Steinberger Sees, dem mit 184 Hektar größten See Ostbayerns. Nur ein schmaler Damm trennt Badegäste, Tretbootfahrer oder Stand-Up-Paddler auf dem Murner See von dem regen Treiben der Segelboote auf dem Brückelsee. Jeder der drei Seen hat besondere Attraktionen zu bieten.
Die Wasserski- und Wakeboardanlage „Wild Wake Park“ am Steinberger See zählt zu den größten und modernsten Deutschlands. Vier Seilbahnen bieten für jedes Niveau ideale Bedingungen. Profis mit entsprechender Schutzausrüstung können auf 18 verschiedenen Rampen mit klangvollen Namen wie „Banana Rail“, „Funbox“ oder „Pole-Kicker“ rasante Sprünge und Drehungen üben. Wer es ruhiger angehen möchte, findet im „Wild Wake Park“ auch einen weitläufigen Golf-Parcours oder kann sich ein SUP ausleihen.
Das Familien-Highlight der Region ist der Mehrgenerationenpark am Steinberger See mit seiner 40 Meter hohen „Erlebnisholzkugel“. Der als Holzkonstruktion errichtete kugelförmige Bau bietet neben einer 80 Meter langen Rutsche von mehreren Plattformen weite Ausblicke über die Oberpfälzer Seenlandschaft. Der Nachwuchs kann sich auf einem Abenteuerspielplatz oder an der Boulderwand austoben. Nebenan lockt die ganzjährig geöffnete „Kugelwirtschaft“ hungrige Mäuler mit regionalen Schmankerln auf die Seeterrasse. Am Murner See ist der Erlebnispark „Wasser-Fisch-Natur“ Anziehungspunkt für Familien. Neben Planschen und Spielen lernt man an den fünf verschiedenen Teichen auch einiges über die Natur und Teichwirtschaft der Oberpfälzer Region. Drei der Teiche sind mit Karpfen besetzt, die als Speisefische den größten Teil der Teichwirtschaft ausmachen. Mehrere Wege über Trittsteine, Hängebrücken oder Laufteller führen auf eine kleine Halbinsel mit einem Picknicktisch und einer Eidechsenburg. Die Wassertiefe beträgt maximal 40 Zentimeter.
Der „Murano-Beachclub“ am Murner See bietet an warmen Sommertagen Karibik-Feeling inmitten der Oberpfalz. Dafür sorgt der weiße Karibiksand und mediterrane Bepflanzung mit echten Palmen. Wenn dann die Sonne über dem türkisblauen See untergeht und man auf gemütlichen Tagesbetten mit einem kühlen Sundowner in der Hand herumlümmelt, ist die Karibik ganz nah. Wem nach Bewegung ist, kann sich dort auch ein SUP ausleihen und der untergehenden Sonne entgegenpaddeln. In den Strandabschnitt eingebettet bietet die Freilichtbühne „Theatron Events und Kulturveranstaltungen vor südlicher Kulisse.
Nicht nur die Seen selbst lohnen sich für einen Ausflug. Um die Seen führen zahlreiche idyllische Rad- und Wanderwege durch dichte, grüne Wälder und entlang der Seeufer. Besonders beliebt bei Familien ist der sieben Kilometer lange Rundweg um den Steinberger See.
Das „braune Gold“ sorgte für Aufschwung
Bei Ausflügen in die Naturlandschaft der Oberpfälzer Seen kann man sich kaum noch vorstellen, dass sich bis 1982 riesige Schaufelradbagger im Tagebau durch die Landschaft fraßen und Braunkohle förderten. In den 1980er-Jahren waren die Kohlevorräte weitgehend erschöpft. Die Gruben wurden geschlossen und rekultiviert. Über die Jahre verwandelte sich das Abbaugebiet mit seinen ausgedehnten Gruben in die heutige grüne Oberpfälzer Seenlandschaft. Der größte ehemalige Tagebau befand sich dort, wo heute der Steinberger See ist.

Die Geschichte des Bergbaus in der Region kann im Braunkohle- und Heimatmuseum in der Gemeinde Steinberg erkundet werden. In dem geschichtsträchtigen, 1750 errichteten Gebäude wird die chronologische Entwicklung des Braunkohle-Abbaus und die anschließende Rekultivierung anschaulich dargestellt. Anfang des 19. Jahrhunderts wurde im zehn Kilometer entfernten Wackersdorf Braunkohle entdeckt. Der Schneidermeister Andreas Schuster aus Wackersdorf stieß bei Grabungsarbeiten für einen Brunnen auf das „braune Gold“. Zunächst wurde die Braunkohle im Untertagebau in geringem Umfang abgebaut. Bereits in den 1840er-Jahren wurde der unrentable und gefährliche Abbau wieder eingestellt. Rund 60 Jahre lang schlummerte der Kohle-Schatz im Boden.
Anfang des 20. Jahrhunderts wurde der Abbau mit Schaufelradbaggern im Tagebau wieder aufgenommen, was die Fördermengen erheblich erhöhte und der eher ärmlichen, ländlichen Gegend zu einem enormen Aufstieg verhalf. Bereits in den 1920er-Jahren gab es Pläne, Wackersdorf abzureißen, um an die darunterliegenden Braunkohlevorkommen zu gelangen. Rund zwölf Millionen Tonnen Braunkohle wurden dort vermutet. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs begann man die Pläne schließlich umzusetzen und das Dorf wurde zwischen 1950 und 1952 zu seinem heutigen Standort umgesiedelt. Der Braunkohle-Abbau und die Verstromung im Kraftwerk in Schwandorf machten die Gemeinden in dem Revier in den 1970er Jahren zu den reichsten Gemeinden Bayerns. In den 1980er-Jahren zeichnete sich jedoch ein Ende der Braunkohlevorkommen ab und Gruben wurden geschlossen. Der Verlust von rund 1600 Arbeitsplätzen waren die Folge und zahlreiche Menschen wanderten ab.
Innovationspark und Spitzenstandort
Die Region sollte wieder wirtschaftlich gestärkt werden. Die Bayerische Staatsregierung unter Franz-Josef Strauß favorisierte daher Anfang der Achtzigerjahre Wackersdorf und Schwandorf als Standorte für eine atomare Wiederaufbereitungsanlage. Rund 3000 Arbeitsplätze sollten während der Bauphase geschaffen werden. Das gesamte Investitionsvorhaben mit der Schaffung von regionaler Infrastruktur – wie etwa dem Bau von Verkehrswegen – belief sich auf die gigantische Summe von rund zehn Milliarden Deutsche Mark. Doch zahlreiche Bürger vor Ort konnten die wirtschaftlichen Vorteile nicht überzeugen. Die Angst vor radioaktiver Strahlung und nuklearen Unfällen brachte sie auf die Barrikaden. Dem lokalen Widerstand gegen das Projekt schlossen sich zahlreiche Atomkraftgegner aus dem gesamten Bundesgebiet an. Ende der 1980er-Jahre wurden die Pläne nach heftigen Auseinandersetzungen mit der Staatsmacht schließlich gestoppt. Seither gilt Wackersdorf hierzulande als wichtigstes Symbol im Kampf gegen die Atomkraft. Auf dem bereits gerodeten Gelände für die Wiederaufbereitungsanlage entstand ein für die Region bedeutendes Industrie- und Gewerbezentrum, das zahlreiche qualifizierte Arbeitskräfte benötigte. 1990 siedelte der Autobauer BMW auf rund 50 Hektar ein Werk an, die Maschinenbaufirma Sennebogen und der Medizintechnik-Hersteller Gerresheimer folgten. Rund um BMW haben sich weitere Firmen im Automobilbereich angesiedelt. Auf dem Gelände entstand ein Innovationspark mit internationaler Ausrichtung für mehr als 2500 Arbeitsplätze. Wackersdorf mit seinen rund 5500 Einwohnern und umliegenden Gemeinden gilt heute als ein Spitzenstandort und Wirtschaftsmotor für die Region, an dem es sich gut leben und arbeiten lässt.
Wolfram Seipp
Erschienen im Tagesspiegel am 04.05.2024