Wie verändert das Arbeiten im Home Office die Bürowelt? Eine Antwort darauf möchte das Projekt „Der Bogen“ geben: Trotz Rohstoff- und Materialienmangels kann nun der Business Campus mit flexiblen Büros und zahlreichen Serviceangeboten – für Mieter sowie für Nachbarn – im Frühjahr 2024 eröffnet werden. Der Komplex steht auf dem südwestlichen, ehemaligen Grundstücksteil der Firmenzentrale des Sicherheitskonzerns Giesecke+Devrient (G+D) im Münchner Stadtteil Bogenhausen – der Konzern ist Bauherr des Großprojekts hier an der Prinzregentenstraße 159 a-d. Auf einer Bruttogrundfläche von circa 42.000 Quadratmetern bietet der Komplex Raum für etwa 2000 Arbeitsplätze. Die gesamte Fläche wird von Der Bogen GmbH & Co. KG als Bauherrin im Bestand gehalten und komplett vermietet – vorzugsweise an etablierte Unternehmen und Start-ups aus den Bereichen Hochsicherheitstechnologie, Digitalisierung und Automatisierung.

Mit im Boot: das nun seit 75 Jahren aktive, international tätige Architekturbüro Henn mit 380 Mitarbeitern und Hauptsitz München, spezialisiert auf Büro- und Industriebauten. Martin Henn vom gleichnamigen Büro studierte an der ETH Zürich, an der Columbia University New York und ist nun seit 2008 für Henn tätig, seit 2012 als Partner und seit 2017 als Geschäftsführer und Head of Design, in dritter Generation. Er sagt: „Das Büro entwickelt sich weltweit von einem Ort der Arbeit hin zu einem Ort des Austauschs und der Kollaboration. Daher werden Orte zum Interagieren und zum informellen Dialog immer wichtiger.“ Er beobachtet, dass physische und virtuelle Räume immer mehr verschmelzen, zudem Teamarbeit an Bedeutung gewinnt – eine Entwicklung weg vom Star-Architekten hin zu Star-Teams, wenn man so möchte. Die Erfahrungen durch die Pandemie lehrten ihn zudem, gerade Büro-Gebäude von Anfang an verstärkt auf Veränderungen auszurichten. Büroschachtel, das war gestern: Statt von einseitiger Ausrichtung als Monofunktion spricht Henn von Nutzungsvielfalt und Integration ins städtische Gefüge, um Anreize für Mitarbeiter zu schaffen. Auch als Büroviertel konzipierte Stadtteile hätten ausgedient, so Henn.


Gerade die An- und Einbindung ins tägliche Leben mache einen Arbeitsplatz attraktiv. Alles Aspekte, die künftigen Leerstand von Gewerbeimmobilien vermeiden sollen. Trotz der häufigen Nutzung vom Home Office? Das gehöre gemäß Henn zum „Mobilen Arbeiten“, zu welchem er auch das Arbeiten von unterwegs mit einrechnet. Der Designer und Architekt Matto Thun, Jahrgang 1952, gründete sein Studio in Mailand 1984 und prägt seitdem die Design- und Architekturlandschaft, seit 2001 als Matteo Thun & Partners. Thun entwirft Privathäuser, Hotels, Spitäler und Bürogebäude. Aspekte rund um Natur und Nachhaltigkeit gehören seit Jahrzehnten zu seinen professionellen Prinzipien. Seit 2020 auch mit eigenem Standort in München vertreten, zeichnete das Büro für das Interior von „Der Bogen“ verantwortlich. Dabei stand die „Individualisierung des Nutzers“ im Vordergrund, die sich zum Beispiel in den vier unterschiedlich gestalteten Foyers äußert. Ein Restaurant und eine Bar fungieren als soziale Treffpunkte, dazu gibt es ein Fitnessstudio und öffentliche Geschäfte – all das „in house“ zu haben, erbringe eine langfristige Perspektive für die Nutzung des Baus, so Thun. Auch der aktuelle Hype um Künstliche Intelligenz (KI) bereitet Thun vorerst keine Sorgen: „Der Ersatz von Mitarbeitern, ihrer Kreativität, ihrer Erfahrung und der interdisziplinäre Austausch von Know-how wird in der nächsten Zeit nicht stattfinden.“ So soll der Komplex als eine Art neues Stadtzentrum und als Anziehungspunkt für das Viertel dienen und die Nachbarschaft aufwerten. „Ein Büro muss heutzutage mehr sein als ein Büro“, so Thuns Fazit. FRANZISKA HORN
Erschienen im Tagesspiegel am 20.01.2024