Früher galt der ausgebaute Dachboden oder das Mansardenzimmer unter dem Dach als günstige Möglichkeit, den Platz für Wohnzwecke zu nutzen. Heute wird eine Wohnung im Dachgeschoss eines Mehrfamilienhauses, eines Reihenhauses oder in einem Hochhaus gerne zur Maisonette-Wohnung für gehobene Ansprüche umgebaut. Bezeichnet wird damit ein offener Wohnraum (meist unter dem Dach), der durch eine Innentreppe über zwei oder mehr Stockwerke miteinander verbunden ist und das Gefühl eines kleinen Hauses - im Französischen „Maisonette“, die Verkleinerungsform von Maison - vermittelt. Das Wohnen auf verschiedenen Ebenen unterscheidet den Wohnungstyp von einer Dachgeschosswohnung, einer Mansarde oder einem Penthaus, das ursprünglich eine eigenständige Wohneinheit auf dem Dach bezeichnet. Bei sehr hohen Wohnungen wird manchmal eine Zwischendecke eingezogen. In diesem Fall spricht man von einer Duplex-Wohnung. Manchmal werden die Begriffe allerdings vermischt und etwa eine großzügige Dachgeschosswohnung oder eine Maisonette-Wohnung als Penthaus angepriesen. In der Schweiz ist auch die Bezeichnung „Attika-Wohnung“ gebräuchlich. Manche Maisonette-Wohnungen verbinden im Erdgeschoss zwei oder mehrere Ebenen miteinander. Der Zugang zu einem Garten vermittelt dann umso mehr das Gefühl, in einem kleinen Haus zu wohnen. Bei Maisonette-Wohnungen in den oberen Etagen wird häufig auch ein Wintergarten oder der Austritt auf eine Dachterrasse mit eingeplant.
Maisonette - offener Wohnraum im „kleinen Haus“
Vorteile einer Maisonette-Wohnung sind der offene Grundriss, der luftig und weiträumig wirkt und vielfältige Blickachsen und Gestaltungsmöglichkeiten bietet. Die zwischen den Ebenen verbindende Innentreppe wird oft zum zentralen Gestaltungselement. Große Fenster in der Dachschräge lassen viel Licht in die Wohnräume und ermöglichen oft Ausblicke über die Dächer der Stadt. Der offene Raum mit einer Treppe über mehrere Stockwerke ist aber auch der Nachteil einer Maisonette-Wohnung, da Rückzugsmöglichkeiten beschränkt sind. Barrierefrei sind die Wohnungen in der Regel nicht und ein Treppenlift an der zentralen, innenliegenden Treppe stört die Ästhetik der Innenarchitektur. Für Familien oder ältere Menschen ist eine solche Wohnung daher oftmals nicht geeignet. Die Dachschrägen in vielen Maisonette-Wohnungen können beim Aufstellen von Möbeln oder Aufhängen von Bildern stören und schränken den nutzbaren Wohnraum ein. Durch die offene Bauweise wird zudem mehr Energie verbraucht als in einer Etagenwohnung. Der offene Wohnraum lässt sich schlechter dämmen. Maisonette-Wohnungen unter dem Dach heizen sich im Sommer vor allem im Obergeschoss stark auf. Isolierverglasungen mit integriertem Sonnenschutz können direkte Sonneneinstrahlung und starke Wärmeentwicklung abhalten. Das ist allerdings nur bei geschlossenen Fenstern wirksam. Gelüftet werden sollte nur morgens und spät abends, wenn die Luft außen abgekühlt ist. Eine Klimaanlage ist daher bei vielen Maisonette-Wohnungen ratsam. Gemessen an der Quadratmeterzahl des Wohnraums sind Maisonette-Wohnungen meist teurer als Etagenwohnungen.
Penthaus - Refugien ganz weit oben
Um noch einiges teurer sind in der Regel Penthäuser. Sie versprechen das Gefühl einer eigenen Wohneinheit, eines von Nachbarn ungestörten Lebensgefühls und einer grünen Oase mit frischer Luft über den Unbilden der Stadt. Umlaufende Dachterrassen und Dachgärten mit üppigem Pflanzenwuchs gehen oft in mehrere Himmelsrichtungen und ermöglichen weite Panoramablicke über die umliegenden Dächer. Krönung des luxuriösen Lebensgefühls ist für viele ein Pool auf der Dachterrasse. Meist führt ein eigener Aufzug in das Eigenheim - das „Haus im Haus“ - auf dem Dach oder die Weiterfahrt bis in die oberen Etagen ist an eine Chipkarte gebunden. Die höheren Heizkosten in luftiger Höhe im Vergleich zu einer Etagenwohnung werden die meisten Penthaus-Bewohner angesichts hoher Kauf- und Mietpreise verschmerzen können. Dass der Platz auf Hochhausdächern eine besondere Qualität hat, zeigen Penthaus-Wohnungen in New York oder hierzulande in Frankfurt. In Hamburg, München und Mannheim entstanden auf Hochbunkern aus dem zweiten Weltkrieg exklusive Penthäuser über mehrere Etagen. Ein Abriss der massiven Stahl-Betonbunker mit Wandstärken von teilweise zwei Metern wäre den Städten zu teuer gekommen, deshalb wurden sie unter Denkmalschutz gestellt und für einen symbolischen Preis verkauft. Der Durchbruch für Fenster oder Durchgänge ist bei einem solchen Stahlbeton-Koloss nur mit Diamantschleifern möglich, was mit erheblichen Kosten verbunden ist. In München entstand so in der Ungererstraße auf einem Hochbunker ein exklusives Penthaus mit rund 380 Quadratmetern Wohnfläche, das einen ganz besonderen Wohnkomfort und Ausblicke über die Stadt bis zur Zugspitze verspricht. Mehr als sieben Monate brauchte es allein für die Fensteröffnungen, in denen sich 14 Arbeiter durch den Beton arbeiteten.
Die Erfindung des elektrischen Fahrstuhls ermöglichte zu Beginn des 20. Jahrhunderts den bequemen Zugang zu den oberen Geschossen. Vorher galt die „Beletage“ im ersten oder zweiten Obergeschosse als bevorzugte Wohnadresse eines Mehrfamilienhauses. Dienstboten und Hausangestellte waren meist in Mansardenwohnungen unter dem Dach untergebracht. Schon in den 20er Jahren entstanden ikonische Penthaus-Wohnungen, wie etwa das „Atico“ in Valencia, das mit seinen geschwungenen Treppenläufen und runden Ecken immer noch modern wirkt. Auch Le Corbusier wusste Anfang der 50er Jahre schon um die Qualität von Dachterrassen. Die Cité Radiéuse in Marseille, ein vertikal gestalteter komfortabler Wohnkomplex für 1600 Bewohner mit Schulen, Einkaufsmöglichkeiten und Freizeiteinrichtungen, galt zu seiner Zeit als ultramodern. Auf den Dachterrassen entstanden für alle Bewohner nutzbare Penthäuser mit Schwimmbecken und Sporthalle.
Angesichts des knappen Platzes in den Städten schreitet die Nutzung von Dachflächen für Aufbauten und Dachgärten voran. Bleibt zu hoffen, dass der rare Platz dann nicht nur exklusiv für Penthäuser genutzt wird.
WOLFRAM SEIPP
Erschienen im Tagesspiegel am 02.03.2024