Drei Trends zeigen sich beim Blick auf das 2024er-Angebot der Pedelec-Hersteller besonders deutlich: Es wird massiv am Gewicht gespart, vor allem im Antriebsbereich. Und geklotzt anstatt gekleckert, wenn es um die Leistungsdaten der E-Motoren geht. Und die Technik wird immer ausgefeilter, auch die vieldiskutierte Kl, also die künstliche Intelligenz, hält Einzug beim elektrifizierten Radeln.
Leichte Antriebe versprechen besonders viel Spaß für alle Biker, die gerne selbst reichlich Kraft zusteuern, aber die Segnungen des E-Antriebs auf sehr anstrengenden Strecken gerne dabeihaben. Auch Schwergewicht Bosch ist jetzt mit dem Performance Line SX-Motor dabei. Der verbreitet sich geradezu viral bei vielen Leichtpedelec-Herstellern. Aus gutem Grund: Mit gerade mal zwei Kilo für den smarten Mittelmotor und ebenso viel für 400-Wattstunden-Akku sind sportliche Pedelecs mit unter 20 Kilo machbar. Und dank 55 Newtonmeter (Nm) maximalem Drehmoment und einer Spitzenleistung von 600 Watt kann das Gesamtpaket auch am Berg gut mithalten - entsprechende Tretfreude von Pilotin oder Pilot mal vorausgesetzt. -
In exakt die entgegengesetzte Richtung geht Hersteller Brose mit seinem neuen Drive3 Peak-Aggregat. Es wurde speziell für E-Mountainbikes entwickelt, liefert bis zu 95 Nm und eine Tretunterstützung von 410 Prozent. Das sollte auch für steile Anstiege reichen. Mit 2,9 Kilo bleibt das Gewicht des Antriebs noch im Rahmen. Knapp darunter liegt der Neuzugang von Yamaha namens PW-XM mit einem Drehmoment von 85 Nm und einem Gewicht von 2,6 Kilogramm. Die Japaner versprechen einen eindrucksvollen Antritt und einen automatischen Assistenz-Modus, der die Rauf- und Runterschalterei überflüssig machen soll. Top beim Drehmoment ist mit satten 130 Nm der neue Motor von Valeo aus Frankreich. Im sogenannten Cyclee ist ein Automatik-Getriebe integriert, eine lernende Software stellt beim Einsatz in Mountainbikes, Trekking- und Lastenrädern die optimale Unterstützung bereit. Einen Schritt weiter geht Urtopia mit seiner ersten Mittelmotor-Pedelec Fusion. Der Tiefeinsteiger integriert ChatGPT ins Zweirad, um etwa Tourenvorschläge oder dergleichen direkt auf den Bildschirm zu zaubern. Man darf gespannt sein, ob die Fusion eine Kl-Welle im Pedal-Sektor auslöst.
Auch Pedelecs mit dem neuen Pinion MGU werden in der kommenden Saison trotz durchwegs hoher Preise zuhauf die Radl-Pisten bevölkern. Die Abkürzung hinter dem Firmennamen steht für Motor Gearbox Unit und beschreibt exakt das Produkt: Antrieb und Getriebe sind in einer Einheit zusammengefasst, dirigiert werden sie von einer elektronisch betätigten Schaltung mit neun oder zwölf Gängen. Die Spitzenleistung liegt bei 600 oder 800 Watt, das Drehmoment bei 85 Newtonmeter - also auf dem Niveau des Bosch-Bestsellers Performance Line CX.
Auch mit deutlich weniger Kraft kann man ordentlich Freude am Radeln haben - das zeigt etwa das E-Strada 7.3.4. von Stevens. Damit bedient der Hamburger Hersteller den Trend nach Leichtigkeit. Das mit einem 40-Nm-Hinterrad-Antrieb von Mahle und einem Neungang-Getriebe von Pinion im Bereich des Tretlagers ausgestattete Tourenrad bringt auch dank des nur 250 Wattstunden fassenden Akkus unter 18 Kilo auf die Waage - somit sind auch kleine Trageaktionen machbar. In einer ganz anderen Gewichtsklasse ist das dickste Pedelec der neuen Saison unterwegs: das Hopper, ein 2,10 Meter langes Dreirad des gleichnamigen Start-ups aus Augsburg. Seine Besonderheit: Es verfügt über eine Hinterradlenkung - und über eine Karosserie, die vor Wind und Wetter schützen soll. Um die 125 Kilo bringt das für Radwege freigegebene Pedelec mit 112-Nm-Antrieb auf die Waage. Es bietet je nach Ausführung zwischen 126 und 216 Liter Kofferraum und ist mit Handscheibenwischer, Frontscheibenheizung und Blinker zu haben - zu Preisen von rund 13.500 Euro. Rudolf Huber
Erschienen im Tagesspiegel am 29.01.2024