Anzeige

Klimawandel am Friedhof

Viel Grün, wenig Versiegelung - so werden Friedhöfe zu wichtigen Orten, an denen kühle Luft entsteht. Foto: Pixabay

Die letzten Dinge regeln

Klimawandel am Friedhof

Mit geschickter Bepflanzung können kühlende Effekte für die Umgebung geschaffen werden

Der Klimawandel macht auch vor Friedhöfen nicht Halt. Hier gilt es durch geschickte Bepflanzung an die veränderten Bedingungen anzupassen. Denn die wenig versiegelten und mit vielen unterschiedlichen Pflanzen bestückten parkähnlichen Anlagen können durchaus einen abkühlenden Effekt auf die städtische Umgebung haben. Lange Hitzeperioden können zum Absterben von Pflanzen führen, vor allem, wenn der Grundwasserspiegel so stark gesunken ist, dass er von den Wurzeln nicht mehr erreicht werden kann. Bei Bäumen reißen Stämme durch zuviel Sonne auf und Pflanzen haben eine erhöhte Anfälligkeit für Schädlinge. 

Pflanzenbeet statt Versiegelung durch eine Grabplatte

Wer bei der Grabgestaltung an Pflanzen denkt, die Trockenheit und Hitze vertragen und wer mit einem Beet statt mit einer Versiegelung durch eine Grabplatte eine Grünfläche gestaltet, hat schon viel gewonnen. Viel zu oft wird jedoch der klimatische und ökologische Nutzen von Friedhöfen unterschätzt. Bei einer „Friedhofskulturellen Tagung“, die vor einiger Zeit in Heilbronn stattgefunden hatte, gab Professor für Urbanen Raum und Landschaft, Jens Lüdeke, Praxistipps. „Auch Friedhöfe können wichtige innerstädtische Kühlflächen darstellen“, erklärte der Professor an der Hochschule für Technik in Berlin. So habe ein Baum die Kühlungswirksamkeit von vier Wohnungsklimaanlagen – vorausgesetzt er hat genug Wasser zum Gedeihen. Außerdem sollte der Boden nicht so stark ausgetrocknet sein, dass er das Regenwasser nicht mehr richtig aufnehmen kann und alles wegfließt. Hier kann durch eine Durchwurzelung der oberen Bodenschichten mit Pflanzen, die eine größere Wurzeltiefe haben, gegengesteuert werden. 

Der Einzelne hat natürlich wenig Einflussmöglichkeiten, um eine Friedhofsgestaltung zu beeinflussen, klimaangepasste Friedhofsplanungen liegen in der Hand der Kommunen. Oft kann man aber durch Anregungen in einem Schreiben an die Friedhofsverwaltung einen Anstoß geben, die Situation zu verändern. Abgesehen davon kann man aber auch am Einzelgrab ein wenig bewirken. Zum Beispiel indem man trockenheits- und hitzeresistente Arten – in genügend tiefen Pflanzgruben – auf sein Grab pflanzt. Von einigen Pflanzen wird man sich auf lange Sicht verabschieden müssen. Statt raspelkurzen Rasen empfiehlt der Professor grüne Bodendecker und Stauden, da sie um ein Drittel mehr Niederschlag aufnehmen könnten als reines kurzgeschnittenes Gras. Es hilft auch, wenn selten gemäht wird, denn der Verdunstungs- und Kühlungseffekt ist bei großen Pflanzen höher als bei kleinen, oder es wird so fleißig gegossen, dass der Effekt kompensiert wird. Bei guter Wasserversorgung heizt sich die Rasenfläche nämlich weniger auf und in den Abendstunden kann kühle Luft entstehen. Die Kühlwirkung entfällt, wenn trockene Grasflächen sich aufheizen. Bei langen Gräsern fällt die Aufheizung geringer aus. Beete mit vielen Pflanzen und Stauden können sich übrigens selbst Schatten spenden, auch das bewirkt eine niedrigere Aufheizung – gegossen werden muss aber schon, damit der Effekt erhalten bleibt. 

Hohe Mauern blockieren den Luftaustausch nach draußen

Auch Friedhofseinfassungen haben Auswirkungen auf den klimatischen Luftaustausch. So verhindern beispielsweise hohe Mauern und dichte Zäune einen horizontalen Luftaustausch. „Die Ventilation in der Umgebung wird geblockt“, hat Professor Lüdeke festgestellt. Das bedeutet, dass die im Friedhof dank der vielen Pflanzen entstandene Kaltluft nicht zur Kühlung der versiegelten städtischen Flächen nach außen abfließt, sondern innerhalb der Mauern gehalten wird. Bis ein Meter hohe Mauern und Zäune sowie Hecken bewirken zumindest einen teilweisen Luftaustausch. Die kühle Luft kann darüber hinweg strömen. Dafür spenden Hecken, Zäune und Mauern Schatten. Durchlässige Zäune ermöglichen einen Luftaustausch. Hier kann die Kaltluft abfließen, haben die Studien ergeben.

Er­schie­nen im Ta­ges­spie­gel am 12.06.2024

Das könnte Sie auch interessieren