Beim Wohnungskauf ist bekanntlich besondere Sorgfalt geboten. Das gilt auch in Bezug auf geltende Mietverträge, die mit dem Vorbesitzer beziehungweise der Vorbesitzerin der Immobilie abgeschlossen wurden. Das Landgericht Berlin fällte dazu ein wichtiges Urteil: Demnach gilt eine mit dem Vorbesitzer geschlossene Vereinbarung bezüglich einer Eigenbedarfskündigung auch für den nachfolgenden Wohnungsbesitzer.
Und darum ging es im konkreten Fall, wie auf haufe.de, kostenlose-urteile.de und auf www. mietrechtsiegen.de nachzulesen ist: 2001 vereinbarten die Parteien eines Wohnungsmietvertrags nachträglich, dass eine Eigenbedarfskündigung seitens des Vermieters auf Dauer ausgeschlossen sei. Einige Zeit später kam es zu einem Eigentümerwechsel. Die neue Vermieterin kündigte das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs. Die Mieter wehren sich dagegen, verwiesen auf die bestehende Vereinbarung und weigerten sich auszuziehen. Daraufhin klagte die Vermieterin mit der Begründung, dass die Unterschriften des früheren Eigentümers und der Mieter mit einem Abstand von sechs Wochen geleistet worden seien. Zudem liege ein unzulässiger Vertrag zu Lasten Dritter vor, durch den sie als Rechtsnachfolgerin des bisherigen Vermieters in ungerechtfertigter Weise in ihren Rechten beeinträchtigt werde. Außerdem bemängelte sie, dass die Mieter ihr den Zutritt zur Wohnung verweigert hätten und machte darüber hinaus noch Schadensersatzansprüche in Höhe von 1065 Euro wegen angeblicher Beschädigungen der Mietsache geltend.
Das Landgericht (LG) Berlin entschied in allen Punkten gegen die Klägerin. Die Mietvertragsergänzung sei keine unzulässige Vereinbarung zulasten Dritter. Über die beteiligten Parteien hinaus habe der vereinbarte Ausschluss der Eigenbedarfskündigung zunächst keine Wirkung gehabt. Es sei Sache eines späteren Käufers, sich vor dem Kauf über die Konditionen eines bestehenden Mietverhältnisses zu informieren. Er könne gegebenenfalls ja auf den beabsichtigten Wohnungskauf verzichten. Die Vermieterin habe auch kein Recht zur anlasslosen Wohnungsbesichtigung. Eine Besichtigung bedürfe stets eines besonderen Anlasses, der das Interesse des Mieters an Ungestörtheit überwiege. Die bloße Absicht, Eigenbedarf geltend zu machen, reiche hierfür nicht aus.
Zudem wies das Gericht die Forderung auf Schadensersatz zurück. Es stellte klar, dass es sich bei den beschriebenen Mängeln um übliche Verschleißspuren eines 45-jährigen Mietverhältnisses handele. Es betonte, der Mieter sei nicht verpflichtet, erhebliche übliche Veränderungen oder Verschlechterungen, die durch vertragsgemäßen Gebrauch entstanden seien, rückgängig zu machen.
Auf mietrechtsiegen.de heißt es, das Urteil stärke die Position von Mietern, die sich auf vertragliche Vereinbarungen zum Ausschluss von Eigenbedarfskündigungen berufen. Es verdeutliche, dass solche Klauseln auch für spätere Erwerber bindend sein könnten. „Zudem schafft es Klarheit hinsichtlich der Grenzen des Besichtigungsrechts von Vermietern und der Verantwortlichkeit für normale Abnutzungserscheinungen in langjährigen Mietverhältnissen.“ (LG Berlin II, Urteil vom 16.5.2024, 64 S 198/22)
D. FRIEDRICH
Erschienen im Tagesspiegel am 02.11.2024