Hopfenveredlung St. Johann GmbH: Ohne Hopfen kein Bier

Die weltweit größte Hopfenverarbeitungsanlage steht im Landkreis Kelheim. Foto: Hopfenveredelung St. Johann

Leben und Arbeiten in Niederbayern

Hopfenveredlung St. Johann GmbH: Ohne Hopfen kein Bier

Die weltgrößte Hopfenverarbeitungsanlage befindet sich im Dorf Sankt Johann bei Train im Landkreis Kelheim und spielt eine Schlüsselrolle in der weltweiten Bierproduktion

Ohne Hopfen kein Bier, weshalb es erstaunlich ist, dass die globale Ernte jedes Jahr nur etwa 120.000 Tonnen beträgt, obwohl dieses Getränk weltweit von so vielen Menschen konsumiert wird. Und ein Viertel des Gewächses wird in der neuen und weltweit größten Anlage in dem kleinen Dorf Sankt Johann bei Train im Landkreis Kelheim verarbeitet. Auf dem Gelände entstehen aus Rohhopfen kleine Pellets und ein konzentrierter Extrakt. Dadurch wird der Hopfen besser haltbar und lässt sich leichter transportieren und weiterverarbeiten.

Dreiviertel der Hopfenprodukte werden exportiert, etwa die Hälfte in Länder außerhalb der EU. Sogar in China, Japan und in den USA sind im Bier Produkte aus dem niederbayerischen Unternehmen enthalten. Der Standort ist kein Zufall, sondern liegt nahe an der Hallertau, dem größten zusammenhängenden Hopfenanbaugebiet der Welt.

Die Hopfenbauern liefern ihre Ernte getrocknet und in rechteckige Ballen gepresst nach Sankt Johann ins Kühllager. Zwischen 80 und 90 Prozent des Hopfens stammen aus Deutschland, der Rest kommt aus Polen, Tschechien und Slowenien. Anschließend werden die Pakete geöffnet, der Hopfen gereinigt und zu Pulver vermahlen. Zwei Drittel werden zu Pellets verarbeitet und sauerstoffdicht verpackt, ein Drittel wird extrahiert. Daraus entsteht eine zähe Flüssigkeit wie Honig, die bitter schmeckt und in Dosen und Fässer abgefüllt wird. Der Extrakt ist ein reines Naturprodukt ohne chemische Zusätze. Es stellt neben Pellets die Haupteinsatzform von Hopfen in Brauereien dar. Das schonende und umweltfreundliche Verfahren der CO₂-Extraktion wird im Werk Sankt Johann bereits seit Mitte der 1980er Jahre angewendet und hat das ursprüngliche Produktionsverfahren unter Anwendung von Alkohol und heißem Wasser abgelöst. Die Hopfenverarbeitungsanlage ist seit 2020 in Betrieb. Die Investition belief sich auf rund 65 Millionen Euro. Die Kapazität der Anlage in Sankt Johann liegt bei 30.000 Tonnen, das entspricht circa zwei Drittel der deutschen Ernte.

Außerdem stehen auf dem elf Hektar großen Werksgelände, Lager- und Kühlhallen, ein Labor, in dem die Endprodukte analysiert werden, sowie eine kleine Brauerei zu Forschungszwecken, um neue Sorten und Anwendungen zu testen. Die Lagerkapazitäten umfassen bis zu 11.000 Tonnen Rohhopfen und 23.500 Tonnen der Fertigprodukte. Gesellschafter der Hopfenveredlung St. Johann GmbH sind die HVG Hopfenverwertungsgenossenschaft und die Nürnberger Hopfenverarbeitungsfirma „Barth Haas“. Der Genossenschaft gehören rund 1000 Mitglieder an, von denen die meisten aus der Hallertau stammen, wo 85 Prozent des deutschen Hopfens angebaut werden. Die übrigen Genossen sind Bauern aus Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen sowie aus Tettnang in Baden-Württemberg. Durch die Beteiligung an der Verwertungsgenossenschaft profitieren die Landwirte nicht bloß vom Verkauf ihrer Ernte, sondern auch vom nächsten Schritt in der Wertschöpfungskette.

„BarthHaas“ ist ein familiengeführtes Unternehmen aus Nürnberg, 1794 gegründet und heute die weltgrößte Handelsfirma in Sachen Hopfen. Nürnberg war seinerzeit der wichtigste Handelsplatz für Hopfen. Firmengründer Georg Barth lieferte mit dem Planwagen Hopfen an Kleinstbrauereien in der Umgebung aus. Unter der Regie seiner Söhne waren es bereits 400 Brauereien. 1868 wurde die erste Sendung nach New York verschifft. Die Hopfenveredlung St. Johann GmbH betreibt zwei Standorte in Sankt Johann und in Wolnzach, wo früher die Hopfenextraktion stattfand. Als die Anlage dort modernisiert werden musste, entschlossen sich die Betreiber, in Sankt Johann zu investieren, um Synergieeffekte zu erzielen. In dem modernisierten Werk in Sankt Johann arbeiten 190 Menschen, am Standort Wolnzach sind 80 Menschen beschäftigt, aber nicht mehr mit Hopfen, sondern mit der Extraktion etwa von Kakaobohnen. Der Prozess der Pelletierung und Extraktion ist energieaufwendig, ursprünglich hatte das Unternehmen auf ein gasbetriebenes Blockheizkraftwerk gesetzt, das Wärme und Strom gleichzeitig liefert. Der Ukrainekrieg brachte wegen der gestiegenen Gaspreise die Kalkulation durcheinander. Inzwischen liefern Fotovoltaikanlagen den Strom und Pflanzenreste aus der Extraktion, der Treber, der früher als Viehfutter nach Italien geliefert wurde, wird verheizt. Das Blockheizkraftwerk ist lediglich für Spitzenlasten im Einsatz. 

Peter Bierl

Er­schie­nen im Ta­ges­spie­gel am 13.07.2024

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