In ziemlich genau einem Monat hat das Haus der Bayerischen Geschichte einen wahren Grund zu feiern: Seit fünf Jahren beleuchtet das Museum, das weltweit zu den modernsten gezählt wird, all das, was den Freistaat zu etwas ganz Besonderem macht: Historisch, menschlich und in der Relation mit der Welt. Die Feierlichkeiten rund um den 4. Juni dürften von der guten Laune profitieren, die sich die Verantwortlichen hoffentlich seit der guten Nachricht vom Jahresbeginn bewahrt haben: Über eine Million Besucher haben sich das fulminante Haus und seine Ausstellungen seit der Eröffnung im Jahr 2019 bereits angesehen. Eine Bestätigung des Konzepts und der Arbeit, die dahintersteckt, wie auch der bayerische Staatsminister für Wissenschaft und Kultur Markus Blume hinsichtlich dieser positiven Bilanz feststellte: „Mit viel Museumsliebe, Expertise und Originalität erweckt das Museumsteam unsere Vergangenheit zum Leben.“ Und auch die Regensburger Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer zeigte sich angetan: „Das Haus der Bayerischen Geschichte ist ein attraktiver Magnet für Menschen aus nah und fern, um nach Regensburg zu kommen.“ Doch was ist es genau, das hier offenbar für so viel Anziehungskraft sorgt? Mit Sicherheit spielt neben den Ausstellungen und attraktiver Lage am Donau-Ufer auch die besondere Architektur des Ensembles eine große Rolle. Modern sollte sie sein und sich gleichzeitig in die historische Struktur mit Dom und Altstadt einfügen können. Eine Aufgabe, der sich das Frankfurter Architekturbüro Wörner Traxler Richter erfolgreich angenommen hat. Sein Entwurf mit den zwei Baukörpern Museum und „Bavariathek“, einer neuen Promenade und einer Freitreppe zur Donau samt neuem Stadtplatz überzeugte die Jury eines weltweit ausgelobten Architektur-Wettbewerbs. Der Beginn eines Mammut-Projekts, das vier Jahre Bauzeit und alles in allem fast 100 Millionen Euro an Baukosten in Anspruch genommen hat.

Das Museumsgebäude aus Stahl und Stahlbeton wird von kühn gezeichneten und wie gefaltet wirkenden Dächern gekrönt und von einer fast 3000 Quadratmeter großen Keramikfassade eingekleidet. Die Jury, die dem Museumsbau gleich 2019 den renommierten Architektur-Preis „FIABCI Prix d'Excellence Germany“ in Gold verlieh, sagte dazu: „Geschaffen wurde eine skulpturale Großform, die sich aus dem Kontext der historischen Altstadt ableitet und Elemente des Stadtgefüges wie Gassen, Straßen, Plätze und die verwobene Dachlandschaft aufgreift.“ So setzt sich auch im Inneren die spektakuläre Gestaltung fort. In 17 Metern Höhe schafft eine eindrucksvolle Konstruktion aus Stahl und Glas die sichtbare Verbindung zu Fluss und Stadt, der weit dimensionierte Schauraum mit 360-Grad-Panorama ist schon für sich allein ein echtes Erlebnis und die Dauerausstellungsfläche auf 2500 Quadratmetern lockt die Besucher direkt unters Dach, wo sie die Exponate dennoch in bis zu elf Meter hohen Räumen betrachten können. Zwei Brücken, ein Fenster zum Foyer und eines zum Regensburger Dom ermöglichen darüber hinaus wunderbare Blicke auf die nähere Umgebung. Was für eine Entwicklung für ein Areal, das zuvor nur ein schnöder Parkplatz gewesen war. Auch technisch ist das neue Gebäude auf der Höhe der Zeit. Im Prinzip ist es ein gigantisches Passivhaus mit einer luftdichten Außenhülle, innovativer Klimatisierung und hoher energetischer Effizienz. Die sogenannte „Bavariathek“ ist zwar Teil des Ensembles, soll aber als „städtebaulich eigenständiger Baustein“ gesehen werden. Architektonisch wurden auch hier viele optische Verbindungen zum historischen Gefüge ermöglicht, im Vergleich zum Museumsgebäude wirkt das Gebäude durch seine unkomplizierte Form und die cleane Fassade aber fast schon schlicht. Dennoch erscheint es nicht als Fremdkörper, sondern fügt sich zwanglos ein. Verbindend und dennoch für sich stehend passt es so ganz selbstverständlich zu seiner Funktion als Ort der Forschung, der Ausbildung und der Wissensvermittlung für Schüler, Studierende und alle Interessierten.

Dauerausstellung zeigt, wie Bayern tickt
Für die meisten Besucher beginnt die Reise durch die bayerische Geschichte im lichtdurchfluteten Foyer des Museums. Hier im Erdgeschoss befinden sich auch ein Shop, das eigene Wirtshaus, in dem Spezialitäten aus den Regionen des Freistaats serviert werden, sowie der Donausaal als zusätzliche Ausstellungsfläche. Mit der Rolltreppe geht es dann ganz nach oben zur Dauerausstellung „Wie Bayern Freistaat wurde und was ihn besonders macht“, dem zentralen Element innerhalb des Ausstellungskonzepts. Auf 2500 Quadratmetern dreht sich alles um die Entwicklung des Landes vom Königreich bis heute. 1000 Exponate können bestaunt werden, kulturelle Besonderheiten sorgen für Erstaunen und zaubern sogar öfter mal ein Lächeln ins Gesicht. Es gibt tolle Beispiele für die Bandbreite an Dialekten zu hören, zu berühmten Festen und auch zur Verwurzelung in der Religion. Keinesfalls darf man sich das also wie eine Aneinanderreihung von Schautafeln vorstellen. Es gibt thematische Kabinette, eine Art von kleinen Bühnen, auf denen den historischen Ereignissen förmlich ein echtes Forum geboten wird. Ob man versucht, dem mysteriösen Tod König Ludwigs II. auf die Spur zu kommen, auf einem originalen Stuhl des alten Plenarsaals des bayerischen Landtags Platz nimmt, um sich mal wie ein Politiker zu fühlen, oder insgesamt einfach eine Ahnung davon bekommt wie Bayern so tickt – ist alles möglich. Auf unterhaltsame und im besten Sinn lehrreiche Weise bekommt man auf dem chronologischen Rundgang so viel mit. Besonders schön an dem Konzept: Es geht nicht nur um die heiteren Seiten der bajuwarischen Geschichte und der Lebensart. Auch wichtige ernste Themen wie etwa die Zeit des Nationalsozialismus oder die Veränderung idyllischer Landschaften finden auf angemessene Weise ihren Platz. Ein absolutes Muss ist übrigens auch der Medientisch mit der „Heimat im Kleinformat“ im „Kultur-Kabinett“. Das ist eigentlich ein riesiges leuchtendes Satellitenbild Bayerns, das man mit Tablets selbst erkunden kann. Über 2000 Gemeinden sind hier zu finden. Mit Infos, Besonderheiten, Wappen und für Freunde der Zahlen auch mit viel statistischem Material.

Neues in den Ausstellungen
Seit Ende März wird die Dauerausstellung um ein weiteres großes Thema ergänzt: „Weltenbrand! Bayern im Ersten Weltkrieg“ illustriert mit vielen neuen Ausstellungsstücken die Entwicklungen und das große Leid dieser Zeit. Neben persönlichen Dingen wie Kartenspielen oder einem zu Herzen gehenden Foto-Album kann man im „Grafik-Kabinett“ einen Blick auf damals im Sinne von Durchhalteparolen zensierte Zeitungen und Zeitschriften werfen oder sich mit Hilfe eines eigens produzierten Films über die Rolle Bayerns in der Kolonialzeit informieren. Große Themen ansprechend zu präsentieren, ist die Spezialität des Hauses der Bayerischen Geschichte, und „groß“ ist dabei mitunter auch wörtlich zu nehmen. Zum Beispiel, wenn einfach so mal eine echte Gondel am Museum angeliefert wird, wie im letzten Februar. Früher hat sie als Teil der Allgäuer Tegelbergbahn jedes Jahr Hunderttausende Wanderer transportiert, und nun steht sie in Regensburg, um die neue Sonderschau „Ois anders: Großprojekte in Bayern 1945-2020“ eindrucksvoll zu ergänzen. Die geht noch bis zum Dezember 2024 und erinnert an mächtige Vorhaben, die den Freistaat nachhaltig verändert haben. Vom Tourismus in den Alpen über Kontroverses wie dem Flughafen im Erdinger Moos bis hin zur fortschreitenden Urbanisierung der Städte im Land.
Kai-Uwe Digel
Editorial von der Redaktion des Magazins „Leben und Arbeiten in der Oberpfalz“
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
eine Region mit ortsansässigen und dabei international tätigen Unternehmen, weltweit bekannten Manufakturen, Hochschulen und Bildungseinrichtungen, eine Region geprägt von Tradition und Moderne, Historie und Innovation, Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort – das ist die Oberpfalz.
Aber auch Genuss und Freizeit haben hier einen hohen Stellenwert. So blickt die Karpfenzucht in der Oberpfalz auf eine jahrhundertelange Geschichte, und die älteste Whisky-Destillerie in Deutschland befindet sich auch hier. Und für die Sportbegeisterten bietet die Region ebenfalls viel, wie etwa den Steinberger See mit einer der größten Wasserski- und Wakeboardanlagen Deutschlands.
Eins steht fest: Leben und arbeiten lässt es sich gut in der Oberpfalz!
Viel Vergnügen beim Lesen wünscht Ihnen Ihre Redaktion.
Erschienen im Tagesspiegel am 04.05.2024