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Frei Otto: 100 Jahre Leichtigkeit in der Architektur

Für die Olympischen Spiele 1972 von Frei Paul Otto mit erdacht und bis heute geliebt: die Zeltdach-Konstruktion im Münchner Olympiapark. Foto: Olympiapark München/Fabian Stoffers

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Frei Otto: 100 Jahre Leichtigkeit in der Architektur

Zum 100. Geburtstag des visionären Architekten Frei Otto: Ein Blick auf seine Meilensteine wie die Zeltdach-Konstruktion im Münchner Olympiapark, die Multihalle Mannheim und die Vogel-Voliere Hellabrunn

Vielleicht war ihm die Liebe zur Leichtigkeit schon in die Wiege gelegt, als Frei Paul Otto am 31. Mai 1925 in Chemnitz das Licht der Welt erblickte, denn seine Mutter hatte damals wohl schon beschlossen, ihrem Sohn einen ungewöhnlichen Vornamen zu geben: „Frei zu sein, soll ihr Lebensmotto gewesen sein. Und tatsächlich wurde aus dem Kind ein Mann, der sich beruflich ganz der Freiheit in der Architektur widmen sollte. Meist mehr als Ideengeber denn wirklicher Baumeister, aber er setzte Impulse, die Generationen von Gestalterinnen und Gestaltern noch heute beeinflussen, und aus denen Bauwerke wurden, die außergewöhnlich sind. Leichtbau und organische Architektur sollten zu Königsdisziplinen Ottos werden, was sich bereits während seines Studiums an der Technischen Hochschule Berlin und 1954 mit dem Erscheinen seiner Doktorarbeit mit dem Titel „Das hängende Dach“ abzeichnete. Zuvor hatte er ein halbes Jahr in den USA verbracht, wo er das Werk der damaligen Architektur-Avantgarde zum Teil in persönlichen Begegnungen kennenlernen konnte. 

Bei einem Besuch im Büro eines New Yorker Bauingenieurs fiel dem jungen Architekten aus Deutschland das Modell der „Dorton Arena“ ins Auge. Eine Mehrzweckhalle, die aber gar nicht danach aussah, sondern durch ihre geschwungene Form und die kühne Seilkonstruktion ziemlich spektakulär wirkte. Eine weitreichende Inspiration für Ottos Gesamtwerk, das sich neben der konkreten Gestaltungsarbeit auch aus seiner Lehrtätigkeit ergab, unter anderem ab 1976 mit einer langjährigen Professur an der Universität Stuttgart. Die Widmung für die wohl berühmteste Arbeit, an der Frei Paul Otto beteiligt war, begann aber schon Ende der 1960er Jahre, als er sich zusammen mit dem Architekten Günter Behnisch an die sensationelle Dachkonstruktion für das Sportstätten-Ensemble des Münchner Olympiageländes für die Sommerspiele 1972 machte. Allein schon wegen der immensen Dachfläche von fast 75.000 Quadratmetern ein herausforderndes Unterfangen, vor allem aber natürlich wegen der so visionären Ausführung mit riesigen Seilnetzen an bis zu 80 Meter hohen Stützen. 

Trotz der gigantischen Ausmaße wurde die Konstruktion zur sichtbaren Signatur der gewünschten „heiteren Spiele“ und zum Symbol für Leichtigkeit in der Architektur, das internationale Anerkennung fand. Touristen und die Münchnerinnen und Münchner selbst lieben das Bauwerk heute wie damals und werden vielleicht sogar daran erinnert, wenn sie dem Tierpark der bayerischen Landeshauptstadt einen Besuch abstatten: Die Großvoliere in Hellabrunn, die nahezu unsichtbar ein Areal von 5000 Quadratmetern überspannt, ist eine typische Arbeit von Frei Paul Otto. 1980 wurde sie in Betrieb genommen und bald mit dem bayerischen Architekturpreis des Bunds Deutscher Architekten ausgezeichnet. Nicht die einzige Würdigung, die Otto zuteilgeworden ist. Die wichtigste erhielt er allerdings erst nach seinem Tod im Jahr 2015: Den Pritzker Architecture Prize für das „Schöpfen unvergesslicher Gebäude und Orte“, wie es in der Begründung der Jury hieß. 

Von seinem kleinen aber feinen Beitrag zur Popkultur gar nicht zu reden: Musikfans erinnern sich vielleicht an die „Umbrellas“, die wunderbaren Bühnenschirme. Die er für die 1978er Konzert-Tour der legendären Band Pink Floyd gestaltet hat. Legendär ist auch die Gitterschale, die sich Frei Paul Otto als Tragwerk für die „Multihalle“ in Mannheim ausgedacht hat. Sie gilt als größte frei geformte Holzgitter-Schalenkonstruktion der Welt, und darüber hinaus als wertvolles Beispiel für organische Architektur. 1975 für die Bundesgartenschau in der baden-Württembergischen Stadt errichtet. Wird sie seit mehreren Jahren aufwendig saniert. Um sie mit neuem Nutzungskonzept als kreativen Raum für die Bürgerinnen und Bürger zu erhalten. 100 Jahre alt wäre Frei Paul Otto in diesem Mai geworden, dass seine Bauwerke heute noch so viel Strahlkraft haben und mit so viel Verve bewahrt werden, hätte ihn sicher auch selbst mit viel Leichtigkeit erfüllt.
KAI-UWE DIGEL

Er­schie­nen im Ta­ges­spie­gel am 03.05.2025

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