Kaum etwas beobachten penible Mitbürgerinnen und Mitbürger so genau wie die korrekte Mülltrennung. Das kann teilweise groteske Züge annehmen, wenn-wie tatsächlich geschehen-geflüchtete Menschen in ihrer Unterkunft erst einmal das Sortieren von Hausmüll, Papier und Plastik in einem eigenen Kurs erlernen müssen. Es kann aber auch ein bestehendes Mietverhältnis total zerrütten, wie ein spezieller Fall aus Hamburg zeigt. Über diesen wird unter anderem auf dejure.org, auf haufe.de und auf anwalt.de berichtet.
Im Mietvertrag für eine Einzimmerwohnung im Dachgeschoss eines Mehrfamilienhauses in Hamburg ist festgelegt, dass die Mieterin zur Mülltrennung verpflichtet ist („Es gilt eine Pflicht zur Mülltrennung durch den gelben Sack, sowie Altglas- und Papier-Container. Diese ist einzuhalten.“). Die Vermieterin wollte jedoch beobachtet haben, dass die Mieterin seit ihrem Einzug im Oktober 2021 den Müll nicht ordnungsgemäß trennte und vor allem PET-Flaschen, Plastikverpackungen und Glas im Hausmüll entsorgt hatte. Sie mahnte daher die Mieterin mehrfach ab und sprach schließlich die fristlose und hilfsweise die ordentliche Kündigung aus. Obwohl die Mieterin jeden Verstoß gegen die Mülltrennungspflicht bestritt, beantragte die Vermieterin schließlich vor dem Amtsgericht die Räumung der Wohnung ohne Frist und forderte vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten zusätzlich zur Räumungsklage. Dabei legte sie dem Gericht einige Fotos vor, die belegen sollten, dass die beklagte Mieterin Plastik, Glas und Papier im Hausmüll entsorgt hatte.
Das Amtsgericht Hamburg-Blankenese erachtete die Klage der Vermieterin zwar als zulässig, jedoch als in der Sache unbegründet. Die Vermieterin habe weder die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB, noch für eine ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB hinreichend dargelegt.
Nach Auffassung des Gerichts hatte die Vermieterin nicht überzeugend darlegen können, dass die Mieterin die Mülltrennungspflicht erheblich verletzt hatte. Zudem hatten die Richter Zweifel, ob der beanstandete Müll eindeutig der beklagten Mieterin zuzuordnen sei. Denn nur auf einem der Fotos war ein Zettel im Hausmüll zu erkennen, auf dem der Namen der Mieterin stand. Unklar sei hingegen, so die Richter, von welchen Mietern im Mehrparteienhaus der restliche falsch eingeworfene Müll stamme. Zudem merkte das Gericht an, dass einzelne bedruckte Zettel wie Fahrkarten und leere Toilettenpapierrollen im Hausmüll entsorgt werden dürfen, ohne dass Mieter gegen das Gebot der Mülltrennung verstoßen. Doch selbst wenn alle von der Vermieterin vorgetragenen Müllverstöße von der beklagten Mieterin hergerührt hätten, sah das Amtsgericht keinen ausreichenden Grund für eine fristlose oder ordentliche Kündigung des Mietvertrags. Die Entscheidung beruht auf einer Abwägung der Interessen der Mieterin am Fortbestand des Mietverhältnisses gegenüber dem Umfang der dokumentierten Verstöße gegen die Mülltrennung. Allerdings: „Die Bedeutung eines solchen Verstoßes gegen die Mülltrennungspflicht könnte aber durchaus anders ausfallen, wenn es sich um umfangreichere Verstöße über einen längeren Zeitraum handelt oder erhebliche Auswirkungen auf das Mietobjekt, andere Mieter oder den Vermieter hat“, heißt es auf anwalt.de. Denn eine Kündigung wegen fehlender Mülltrennung komme dann in Betracht, wenn es sich um umfangreichere Verstöße in einem längeren Zeitraum handelt, der Müll wiederholt nicht abgeholt wird, gegen den Vermieter ein Bußgeld verhängt wird oder sich andere erhebliche Auswirkungen auf das Mietobjekt, den Mieter oder den Vermieter ergeben“, wie Harald Büring auf haufe.de schreibt. (AG Hamburg-Blankenese, Urteil v. 24.02.2023, 533 C 159/22)
DOROTHEA FRIEDRICH
Erschienen im Tagesspiegel am 04.05.2024