Lynk & Co ist zurück und nimmt einen neuen Anlauf, um die europäische Kundschaft zu erobern. Die Tochter des chinesisch-schwedischen Joint Ventures von Geely und Volvo bringt ihr zweites Modell auf den Markt, schlicht 02 genannt. Der Vorgänger Lynk & Co 01 ist ein Plug-in-Hybrid, den es seit 2021 auch in Deutschland gibt. Im Dezember kommt eine aufgefrischte Version des 01 in den Handel, die neben neuen Ausstattungslinien und Farboptionen auch ein komplett neues Antriebskonzept bietet. Vorgestellt wurde das erste vollelektrische Modell der Marke für den europäischen Markt mit einer großen Dinnershow in Mailand - und nicht etwa in China. Kein Zufall, sondern ein deutliches Zeichen, dass der Hersteller nach Europa gekommen ist, um zu bleiben.
![Der in verschiedenen Farben leuchtende Lichtstreifen heißt bei Lynk & Co „Infinity Light“. Es lässt das Cockpit optisch schweben. Charakteristisch ist das an eine Spielekonsole erinnernde Lenkrad des Lynk & Co 02.](https://cms.transmatico.com/storage/pdfs/252499/extracted/img-003.png)
![Durch das Panoramadach dringt viel Licht in den Innenraum des Lynk & Co 02.](https://cms.transmatico.com/storage/pdfs/252499/extracted/img-001.png)
![Im Spoiler des Lynk & Co 02 sind alle Rücklichter versteckt, die ein Auto braucht.](https://cms.transmatico.com/storage/pdfs/252499/extracted/img-004.png)
![Schlaufe als Shortcut für das Computer-Menü.](https://cms.transmatico.com/storage/pdfs/252499/extracted/img-002.png)
Der Lynk & Co 02 basiert auf der SEA-Plattform (Sustainable Experience Architecture) von Geely, auf dem schon der neue Smart # 1, oder der Volvo EX30 stehen. Und trotzdem geht das coupéhaft gezeichnete SUV seinen eigenen Weg. Das Design des 4,46 Meter langen, 1,85 m breiten und 1,57 hohen SUV könnte man extravagant nennen. Es hat klare, knackige, schon fast provokante Linien, mit einem geschlossenen Kühlergrill und einem Heckspoiler, den man so noch nicht gesehen hat. Er endet in einem schmalen Lichtband, das sich über das ganze Heck erstreckt und in dem alle Leuchten versteckt sind, die so ein Auto braucht: Vom Blinker über das Bremslicht bis hin zum Rückfahrscheinwerfer.
Entwickelt wurde das Design zusammen mit den Lynk & Co-Kunden. Mehr als 6000 Wünsche und Anregungen hat das Designteam in Göteborg gesammelt. Manche Ideen wurden sogar umgesetzt. So bekommt man die Meldung „We've got the power“, wenn man die Ladeklappe öffnet. Mit der Mitteilung „Nope no engine here“ wird derjenige augenzwinkernd begrüßt, der in den Kofferraum schaut. Hübsche Spielereien, aber da ist noch ein Feature, das richtig, gut und nützlich ist: Neben den normalen Tönen einer Autohupe gibt es unter dem Titel „Hey Honk“ eine ganze Reihe von freundlichen Hup-Tönen, um mit der Umwelt zu kommunizieren. Bei echten Tests mit Fußgängern habe das System großen Anklang gefunden, sagt Lynk & Co. Die ersten sind die Schweden mit dieser Idee nicht. Auf Anregung des Chefs der britischen Geländewagenmarke Ineos, Jim Ratcliffe, wurde im Grenadier ein zusätzlicher warm klingender Hupton für Fahrradfahrer eingeführt. Dazu gibt es sogar einen eigenen roten Knopf.
Auf die Lynk & Co-Community gehen aber auch technische Features zurück. Da ist zum einen die Klimaanlage, die sich jetzt auch per Handy-App steuern lässt, und etwas, das in China schon weit verbreitet ist, aber langsam auch die Europäer begeistert: Mittels einer Kamera im Rückspiegel lassen sich Selfies (hoffentlich nicht während der Fahrt) machen und versenden. Und dann gibt es noch eine Spielerei, die relativ ungewöhnlich ist: das Infinity Light. Das Lichtband zieht sich in der zweigeteilten Instrumententafel quer über die ganze Breite und lässt das Armaturenbrett auf einem unendlich scheinenden Luftkissen schweben. Peugeot hat so etwas Ähnliches in den Elektro-SUVs E-3008 und E-5008. Das Infinity Light gibt es in vier Stimmungsvarianten: Fireworks, West Coast, Moonlight Love und Neo City.
Weil wir gerade beim Unkonventionellen sind: Links neben dem Lenkrad, das vom Design her an ein Volant aus einer Spielekonsole erinnert, befindet sich eine schnöde Schlaufe mitten im digitalen Wunderland.
Mit ihr lässt sich auf dem 15,4 Zoll großen Infotainment-Bildschirm mit einem Griff das Menü öffnen, mit dem man sein Fahrzeug an Mitglieder der Community weitervermieten kann. Mit diesem Sharing-Prinzip war Lynk & Co in den Markt gestartet. Manch einer soll mit dem Weiterverleihen seines Modells 01 bis zu 2500 Euro im Monat dazuverdient haben. Car-Sharing wird es beim Lynk & Co 02 auch geben allerdings setzen die Schweden mit dem chinesischen Herz auch auf Leasing und Kauf. Dazu soll ein Händlernetz aufgebaut werden, teilweise auch mit Volvo. Zurück zum Lynk & Co 02. Angetrieben wird er von einem 272 PS und 343 Nm Drehmoment starken Elektromotor auf der Hinterachse. In 5,5 Sekunden sprintet das SUV recht flott von 0 auf Tempo 100. Befeuert wird der Antrieb von einer 66 kWh großen Batterie, die je nach Ausstattungslinie für 435 oder 445 Kilometer gut sein soll. Der Verbrauch soll bei 17,6 respektive 17,1 kWh auf 100 Kilometern liegen. Warum die More-Variante weiter kommt und weniger Energie braucht, liegt zum einen an der Wärmepumpe, die mit an Bord ist, zum anderen am Kühlergrill mit den beweglichen Belüftungsklappen.
Aufgeladen wird mit 11 kW respektive 22 kW (gegen Aufpreis), wenn man Wechselstrom hat. Bei Gleichstrom geht es am Schnellader mit 150 kW zur Sache. Von 10 auf 80 Prozent soll sich der Akku in 30 Minuten auffüllen. So viel Pause sollte man sich bei längeren Fahrten ohnehin gönnen. Die Anhängelast kann sich ebenfalls sehen lassen: Sie liegt bei 1600 Kilogramm. Und noch eine Zahl, die erwähnenswert ist: Das Kofferraumvolumen des nur 1,8 Tonnen schweren Fünfsitzers liegt bei 410 Litern, wenn die Rücksitzbank umgeklappt ist, dann sind es 1400 Liter.
Während es den 01 zum Marktstart nur in zwei Farben und einer Ausstattungslinie gab, führt Lynk & Co neue Varianten und eine breitere Farbpalette ein. Die Basis des 02 heißt „Core“ und startet bei 34.495 Euro. Darüber ist, More“ angesiedelt. Hier geht es ab 39.495 Euro los. Neben der Wärmepumpe und dem besseren AC-Lader kommt das Elektro-SUV serienmäßig mit Panoramadach und 360-Grad-Kamera daher. Die Preise sind eine klare Kampfansage an die Konkurrenz. So viel Auto für das Geld bekommt man zurzeit nicht oft.
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Erschienen im Tagesspiegel am 18.11.2024