Innovation ist das Zauberwort in Industrie und Handel. Aber so wichtig es ist, dort zeitgemäße Wege zu beschreiten, so sehr bereitet es Planern Probleme, die richtige Infrastruktur bereit zu stellen, die diesen Entwicklungen den nötigen Freiraum und die unabdingbaren „Werkzeuge“ bietet. Wie sollen Gewerbeflächen gestaltet sein und welche Ausstattung sollen sie zur Verfügung stellen? Hierbei in die Zukunft zu schauen, ist umso schwieriger, da zugleich auch die Komponenten der Infrastruktur wie Mobilität, digitale Vernetzung et cetera nicht zuletzt unter dem Postulat der Nachhaltigkeit eine tiefgreifende Veränderung erfahren. Zudem muss selbst die kritische Fachkräfteentwicklung beachtet werden, da sie möglicherweise zu einer neuen Strukturierung der Arbeitsprozesse zwingen wird.
Damit ist die Komplexität der Frage nach einem zukunftsfähigen Gewerbegebiet allerdings noch lange nicht umrissen, denn nicht alles, was neu ist, erweist sich per se als innovativ. Zudem ist selbst innerhalb einer Branche die Weiterentwicklung flächendeckend nicht einhellig in eine Richtung vorgezeichnet, zumal auch der regionale Branchenmix unterschiedliche Möglichkeiten eröffnet. Kurzum: Es gibt kein Universalrezept. Jede Region muss für sich selbst Strategien entwickeln, wie Gewerbegebiete ökonomisch, ökologisch und sozialverträglich auf spezifische Weise in eine erfolgreiche Zukunft führen.
Innovation!
Wegweisend dazu kann die Initiative „PERFORM Zukunftsregion Frankfurt RheinMain“ der regionalen Industrie- und Handelskammern (IHK), die seit 2016 länderübergreifende Projekte vorantreibt, herangezogen werden. Das zentrale Instrument auf der Suche nach einem zukunftsfähigen Gewerbegebiet ist eine Innovationsplattform im Internet: www.perform-frankfurtrheinmain.de . „Sie ermöglicht Austausch und Vernetzung fernab der institutionellen Pfade und über Grenzen von Kommunen und Ländern hinweg. Auch Unternehmer sind aufgerufen, sich zu beteiligen: Sie können mit diskutieren und eigene Ideen einbringen, bei deren Realisierung die Kammern unterstützen“ (IHK Darmstadt). Angesprochen sind alle Akteure von Stadt- und Regionalplanung sowie des Bauwesens, aber auch Institutionen und Wissenschaftseinrichtungen. Diese Initiative setzt also auf eine öffentliche Diskussion und Synergien statt auf starre Muster.
Die Entwickler der Initiative haben nach einer sorgfältigen Analyse der Situation und mit dem Ziel zu einer der attraktivsten und wettbewerbsfähigsten Regionen weltweit aufzusteigen“ auf Basis von Themenfeldern und deren Zielen ein Gerüst geschaffen, das die eingereichten Projekte grob zuordnet. Die Themenfelder sind allerdings weit gefasst: „Metropolentwicklung“, „Mobilität und Verkehr“, „Flächenentwicklung“ sowie „Gründungs- und Innovationsregion“.
Die Niederrheinischen IHK formulierten indes die wenig innovative Broschüre „Zukunftsfähigkeit von Gewerbegebieten“, um erst im Resümee festzustellen: „Der erste und gleichzeitig wichtigste Schritt zur Durchführung erfolgsversprechender Maßnahmen in Ihrem Gewerbegebiet ist die Netzwerkbildung. Ohne die Kooperation von Unternehmen im Gebiet und städtischen Vertretern verringern sich die Erfolgsaussichten.“ In Folge wird auch die Gründung einer Immobilien- und Standortgemeinschaft (ISG) vorgeschlagen, „mit dem gemeinsamen Ziel einer Aufwertung des Gebietes durch private Projekte“.
Das Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (UMSICHT) verfolgte in einer Untersuchung einen anderen Ansatz: „Weniger Ressourcen, mehr Wettbewerbsfähigkeit“. In dem Fall wird die Zukunftsfähigkeit von Gewerbegebieten im Einklang von Ökologie und Ökonomie gesehen. Als zentrale Handlungsfelder wurden dementsprechend Abfallwirtschaft, Regenwasserbewirtung und Mobilität betrachtet. Die Entwicklung und Erprobung entsprechender Konzepte fanden in zehn Gewerbegebieten mit klein- und mittelständischen Unternehmen innerhalb von drei Jahren statt.
Reinhard Palmer
Erschienen im Tagesspiegel am 02.08.2025