China träumt

Im Design ist der BYD Seal U ein SUV, die entsprechenden Geländeeigenschaften sind nur rudimentär, es gibt keinen Allrad-Antrieb. Foto: BYD

Mobile Faszination Mai 2024

China träumt

Build Your Dreams bringt ein ambitioniertes Familien-SUV auf den Markt - zu einem Kampfpreis

Die neue Nummer 1 kommt aus China. Mit 526.000 verkauften E-Autos im vierten Quartal 2023 hat BYD den Branchenprimus Tesla vom Thron gestoßen. Und jetzt will das Mega-Unternehmen (Akkus, Solar, LkW, Züge) auch in Deutschland Fahrt aufnehmen. Im vergangenen Jahr hat der Konzern, der ausgeschrieben „Build Your Dreams“ heißt, vier Modelle auf den Markt geworfen. Jetzt kommt mit dem Seal U der erste größere SUV, der gegen VW ID.4, Skoda Enyaq iV & Co antritt. Aber nicht nur der Preis ist mit 41.990 Euro eine Kampfansage. Auch technisch haben die Chinesen aufgeholt. 4,80 Meter lang, 1,67 Meter hoch - der Seal U hat stattliche Dimensionen. Geräumig ist er auf alle Fälle. Das liegt auch an den selbst entwickelten, flachen und deshalb platzsparenden Blade-Batterien. In den Kofferraum passen 552, respektive 1.440 Liter, wenn die (verstellbare) Rückbank umgeklappt ist. Überdurchschnittlich gut präsentiert sich das Interieur, auch von der Verarbeitung her. Das vegane Leder fühlt sich edel an. Wenig Hartplastik, dafür viele unterschäumte Kunststoff-Flächen. Der Ganghebel ist ein Bleikristall-Imitat und erinnert an den Siebener von BMW. Natürlich haben die Chinesen ihr Cockpit voll digital und sogar mit einem Head-up-Display ausgerüstet Der Gag bei BYD: Das 15,6 Zoll große Infotainment-Tablett lässt sich drehen. So wird aus dem Hochformat im Handumdrehen ein breiter Screen. Der Sinn erschließt sich nicht sofort. Wenn man aber weiß, dass in China der Wohnraum knapp ist, dann ahnt man: Das Auto ist ein zweites Wohnzimmer. Filme ansehen oder online zocken - dafür kann man einen breiten Bildschirm brauchen. Das Auto als Spielekonsole: Auch das ist in China möglich. Lenkrad, Bremse und Gaspedal des Seal U können für diese Zwecke entkoppelt werden. So kann man mit dem eigenen Auto ein virtuelles Rennen fahren.

Den BYD Seal U gibt es in den Varianten Comfort und Design. Der Unterschied sitzt im Unterboden. Das günstigere Modell hat eine 71,8 kwH-Batterie und kostet 41.990 Euro. Die Version„Design“ verfügt über 87-kWh und kostet 3.000 Euro mehr. Unterschiedlich sind auch die Reichweiten: 420 oder 500 Kilometer bei einem Verbrauch von 14,5 (15,2 kWh) auf 100 Kilometern. Nach unseren Testfahrten erscheint das als realistisch. Wir lagen bei etwas sportlicherer Fahrweise bei 17,7 kWh. Allerdings merkt man dem Auto an, dass es als Familienkutsche ausgelegt wurde. Da steht der Komfort im Vordergrund, auch wenn der ein oder andere harte Stoẞ bis zur Wirbelsäule durchdringt. Die Lenkung ist für unseren Geschmack ein wenig zu schwammig, die Bremsen teigig. Auch der Frontantrieb mit dem nervösen Grip bei Volllast und in den Kurven steigert nicht unbedingt die Freude am Fahren. Das sind aber alles Petitessen, denn insgesamt lässt sich der Seal U flüssig bewegen und auch die Leistung von 160 kW reicht aus. Beim Laden hat der Seal Schwächen. Mit Gleichstrom schafft er 115 oder 140 kW (Design). Dass die Ladezeiten mit 27 (29) Minuten angeben werden - aber von 30 auf 80 Prozent, und nicht wie üblich von 20 auf 80 Prozent: Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Von 20 bis 80 Prozent sind es übrigens 42 oder 43 Minuten. Weil wir grad bei Schwächen sind: Das Display ist zwar drehbar, leider nicht ganz blendfrei. Die Reaktionszeit lässt keine Wünsche offen. In Sekundenschnelle werden Touch-Befehle umgesetzt und auch die Bilder der Fahrzeugkameras (360 Grad) sind gestochen scharf. Ebenfalls lobenswert: Der Seal U hat vorne gleich zwei Fächer, um große Smartphones drahtlos aufzuladen.

rdf

Er­schie­nen im Ta­ges­spie­gel am 21.05.2024

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