Im Oktober letzten Jahres richteten sich zum 21. Mal die Blicke der Hotelbranche auf den Bayerischen Hof in München. Das Traditionshaus war einmal mehr der Austragungsort für die jährliche Preisverleihung zur Hotelimmobilie des Jahres, die das 196+ forum München bereits 2002 ins Leben rief und im Rahmen der gleichnamigen Fachkonferenz verleiht. Mit 33 Hotelbewerbungen aus dem gesamten europäischen Raum galt zwar die Teilnahme gegenüber den Vorjahren als weiter rückläufig, doch die Qualität der Einreichungen nimmt deutlich zu. Dies lässt sich darauf zurückführen, dass nicht nur das Hotel als solches in die Bewertung einfließt, vielmehr muss das Gesamtkonzept punkten bestehend aus den Kriterien Architektur und Gestaltung, Nachhaltigkeit, Wirtschaftlichkeit, technische Innovationen, Einfügen in das Projektumfeld sowie die Originalität.
Der Sieger kommt aus Österreich
Der 18-köpfigen interdisziplinär aufgestellten Jury fiel die Entscheidung nicht leicht, was sich aus den drei Finalisten erkennen ließ. Die Unterschiedlichkeit der Konzepte könnte größer nicht sein, doch eines eint die Endrundenteilnehmer: „Sie haben positive Effekte auf ihre jeweiligen Standorte“, erläutert der Jury-Vorsitzende Andreas Martin während der Preisverleihung.
Bei genauerer Betrachtung hatte die Jury jedoch abschließend eine klare Meinung. Das Falkensteiner Hotel Montafon in im Vorarlberg gelegenen Ort Montafon erfüllte die Auflagen am besten. Das 5-Sterne-Haus beeindruckt beispielsweise mit einer gelungenen und durchdachten Architektur, die aus der Feder des weltweit renommierten Architekturbüros Snohetta stammt. Die weit verbreitete Annahme, dass Snohetta ein norwegisches Büro sei, stimmt so nicht ganz, denn die Gründungsmitglieder stammen aus den USA, Norwegen und Österreich, genauer aus Innsbruck. Exakt dort befindet sich eine der Dependancen, geführt von Patrick Lüth. Jener Architekt ist es auch, der für das Konzept des Falkensteiner Hotels Montafon verantwortlich zeichnet. Die Topografie des abfallenden Geländes löste das planende Team mit einem in Holzhybridbauweise errichteten Gebäudekomplex mit zwei schräg darauf platzierten Zimmerflügeln. Die in 45 Grad gedrehten Loggien ergänzen das Gesamtbild der außergewöhnlichen Gebäudestruktur.
Die Idee und Umsetzung für die Innenraumgestaltung kommt von Vudafieri Saverino Partners aus Mailand. Ihr Entwurf lehnt sich an die für die Region typische Maiensässhütten an. Die Bauweise steht für Einfachheit und wird aus regional verfügbaren Materialien in teils losen zusammengefügten Bauteilen errichtet. Eine der Besonderheiten bildet ein selbststehender Zaun, der in verschiedenen Varianten innerhalb des Hotels zum Einsatz kommt. Der Eyecatcher entstand auf Basis des traditionellen Montafoner Schragazu. Hierbei kommen die Holzlatten komplett ohne Nägel aus, weil sie ihre Standstabilität lediglich durch eine Steckverbindung erhalten.
Energiewirtschaft mit eigenem Wasserkraftwerk
Doch nicht nur die Materialien und Bauweise zeigen in vorbildlicher Weise auf den Fokus der Nachhaltigkeit. Den Vorteil aus Wasser Abwärme und Kühlung für die Energieversorgung zu gewinnen, machten sich die Eigentümer und Hotelbetreiber der illwerke mit einem eigenen Wasserwerk zunutze. Besser kann eine nachhaltige Bewirtschaftung kaum aussehen, denn die autarke Generierung von Strom, Wärme und Kühlung dürfte sich für viele Jahre in der Kostenkomponente der Bewirtschaftung positiv niederschlagen. Eine gute Perspektive, da das Aushängeschild des 1700 Quadratmeter großen Wellnessbereichs inklusive einer großzügigen Wasserwelt einen nicht unerheblichen Teil der Energiekosten verbrauchen wird.
Sowohl Betreiber als auch die planenden Architekturbüros sind von dem einzigartigen Hotelkonzept überzeugt und wollen darüber hinaus mit weiteren Ideen die Ferienregion Schruns-Tschagguns zu einer attraktiven Urlaubsdestination entwickeln, den Bekanntheitsgrad erhöhen und damit neue Zielgruppen erschließen. KELLY KELCH
Erschienen im Tagesspiegel am 11.02.2024