Aus 4 mach 5

Der neue Audi A5, also der alte A4, fällt durch sein selbstbewusstes Design auf. Er hat an Größe ziemlich zugelegt und strebt in die obere Mittelklasse: Nicht ganz zu Unrecht findet Autor Rudolf Bögel.

Mobile Faszination November 2024

Aus 4 mach 5

Bei Audi ändern sich die Namen der neue A5 ist eigentlich ein A4 und will in die Oberklasse

Eigentlich ist das ganz einfach. Wer künftig einen Audi mit einer geraden Nummer kauft, der fährt ein Elektroauto. Die ungeraden Nummern sind für Verbrenner reserviert. Und so wird aus dem alten A4 jetzt der neue A5, das Coupé mit dem gleichen Namen entfällt. Die Modellreihe, die jetzt die Ziffern wechselt, ist 30 Jahre alt und den Kinderschuhen natürlich längst entwachsen. Mit einer Länge von 4,83 Metern und einer Breite von 1,86 Metern übertrifft der A4 seinen Vorgänger um 1,3 respektive 7,0 Zentimeter. Auch beim Radstand legt er zu: 2,90 Meter und damit 7,0 Zentimeter mehr stehen zur Verfügung und bieten vorne wie hinten viel Platz für die Passagiere. Der Kofferraum des Kombis fasst 476 Liter (1442 bei umgeklappter Rückbank). Das ist kaum weniger als beim alten A4.

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Den Kinderschuhen entwachsen - beim Aussehen voll erwachsen. Wohl kein A4 zuvor hatte so viel Charakter wie der A5. Der dreidimensionale Kühlergrill mit den großen Lufteinlässen macht schon was her. Das Heck erhält seine Wucht durch das durchgehende Lichtband, das als aufpreispflichtige OLED-Ausführung sogar kommunizieren kann. Wenn man sich beispielsweise einem Stauende nähert, leuchten kleine rote Dreiecke auf, um den Hintermann zu warnen. Für Freunde der Limousine gibt es eine große Neuerung: Kofferraumklappe und Heckscheibe kommen, wie bei einem Sportback, in einem Stück daher. In einer anderen Welt fühlt man sich, wenn man das alte Audi-Cockpit noch im Kopf hat und nun im neuen A5 Platz nimmt und die grifflosen Türen (man öffnet sie durch leichten Druck in einer Mulde) schließt. Hier empfängt uns ein digitales Universum. 11,9 Zoll groß ist der Digital-Tacho, 14,5 der Infotainment-Bildschirm, und über dem Handschuhfach gibt es auf Wunsch auch noch ein Bildschirmchen (10,9 Zoll) für den Beifahrer. Nicht zu vergessen das individuell konfigurierbare Headup-Display, das 85 Prozent größer ist als das des Vorgängers- und um mindestens so viel übersichtlicher. Sprachsteuerung ist selbstverständlich mit an Bord - das digitale Assistenzsystem funktioniert mit der künstlichen Intelligenz von Chat GPT. So weit, so High Class. Wenn man sich im komfortablen (auch nach längeren Strecken noch bequemen) Fahrersitz räkelt, den Blick über das Raumschiff-Cockpit schweifen lässt, dann fühlt man sich wirklich dort, wo einen das Audi-Marketing haben möchte. Nämlich in der oberen Mittelklasse. Hier möchte man den neuen A5 nämlich positionieren. Nicht zuletzt spricht dafür die selbstbewusste Preisgestaltung von 45.200 Euro für das Basismodell mit dem 150-PS-Motor. Weitere 1650 Euro werden für den Kombi fällig.

Und jetzt kommt das Aber: Wer sich die verwendeten Materialien dort ansieht, wo man normalerweise nicht hinschaut - dann pocht man bei Audi nicht mehr nur ausschließlich auf Qualität, sondern teilweise auch auf günstiges Hart-Plastik. Kommen wir zu den wirklich erfreulichen Dingen. Motoren, Lenkung, Fahrwerk. Das zählt zur heiligen Dreifaltigkeit der Marke mit den vier Ringen. Und hier wurden wirklich keine Kompromisse gemacht. Zur Verfügung steht zum Beispiel ein 2,0-Liter Turbo-Benziner mit wahlweise 150 oder 204 PS, der in 9,8 oder 7,6 Sekunden von 0 auf 100 rennt und einen Verbrauch zwischen 6,6 und 7,1 Liter hat. Wie alle anderen Motoren verfügt er über einen Turbolader mit variabler Turbinengeometrie, der für einen homogenen Drehmoment-Aufbau bei niedrigen Drehzahlen sorgt. Der Antritt ist kräftig.

Noch spannender wird es beim einzigen Diesel 2,0 TDI (ab 58.200 Euro) und dem S6 (ab 80.150 Euro). Denn beide Verbrenner werden mit dem neuen Audi-MHEV-plus-System ergänzt. Üblicherweise unterstützt ein Riemenstartergenerator die Mild-Hybrid-Fahrzeuge. Das Plus bedeutet bei Audi, dass auch noch ein Triebstranggenerator zum Einsatz kommt. Klingt komisch, handelt sich aber nur um eine weitere E-Maschine, die direkt an der Kardanwelle anschiebt. Sie hat 24 PS und steuert ein Drehmoment von 230 Nm bei. Dadurch sorgt sie für mehr Durchzug im unteren Drehzahl-Bereich und lässt das Fahrzeug bei konstanten Geschwindigkeiten segeln. Beim Rangieren oder Einparken arbeitet die E-Maschine allein. Dass beim 2,0 TDI und beim 3,0 Liter großen V6-Benziner, der das S-Modell antreibt, noch zwei weitere Maschinen den Takt angeben, merkt man beim Fahren nicht. Reibungslos arbeitet das Antriebsteam zusammen. Der Diesel beschleunigt linear und kraftvoll mit 400 Nm Drehmoment, bis er in 6,9 Sekunden Tempo 100 erreicht hat. Damit ist der Selbstzünder der zweitbeste im Bunde, nur der S5 rennt mit seinen 367 PS noch schneller. Er schafft die 100 in 4,5 Sekunden. Dazu klingt es fröhlich aus dem Doppelrohren, kernig, aber nie aufdringlich. Traktion hat das Auto ausreichend - ist ja auch ein Quattro mit Allrad-Antrieb. Beim Verbrauch ist der Diesel sparsam. Wir sind mit knapp 6,5 Litern ausgekommen, haben den Motor auf den gebirgigen Teststrecken aber ordentlich laufen lassen. Die prognostizierten 5,1 Liter halten wir deshalb für möglich.

Dass der neue Audi A5 wie ein junger Gott um die Kurven fetzt und dabei so richtig Spaß macht, hat mehrere Gründe. Da ist zum einen die Progressivlenkung, die noch direkter arbeitet als beim Vorgänger und sich schön eicht gängig beim Rangieren verhält, bei sportlicher Fahrweise aber die notwendige kräftige Rückmeldung abliefert. Ein Genuss! Vergnügungssteuer verdächtig ist auch das aufpreispflichtige und um 20 Millimeter tiefer gelegte Sportfahrwerk, das mit seinen adaptiven Dämpfern das Fahrzeug perfekt in der Balance hält. Hart, manchmal herzlich - aber im Komfortmodus ausreichend bequem. Für mehr Agilität in den Kurven sorgen die hecklastige Auslegung des Allrad-Antriebs und das sogenannte Brake-Torque-Vectoring. Durch das gezielte Anbremsen der kurveninneren Räder erhöht sich die Dynamik, mit der das Fahrzeug um die Ecke geht. Schneller werden durch Bremsen - das ist doch mal was ganz anderes. Unser Fazit: Der neue Audi A5 rückt nicht nur zahlenmäßig nach oben, sondern will auch an der Oberklasse anklopfen. Technisch ist das gelungen, ohne Frage. Auch beim Design spielt er eine Liga höher. Jetzt muss er nur noch Erfolg haben. Denn der A5 tritt in große Fußstapfen. Vom A4 haben sich im vergangenen Jahr noch 237.000 Autos verkauft. Damit sind Limousine und Kombi eine der wichtigsten (Verkaufs-)Säulen von Audi. Da darf nichts schiefgehen.
Rudolf Bögel

Er­schie­nen im Ta­ges­spie­gel am 18.11.2024

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