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ARCHITEKTUR-METROPOLE ERSTER GÜTE

DAS WISSENSCHAFTSMUSEUM „MUSEU DE LES CIÈNCES PRÍNCEP FILIP“ BIETET NATURWISSENSCHAFT ZUM ANFASSEN UND MITMACHEN. FOTO: W. SEIPP

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ARCHITEKTUR-METROPOLE ERSTER GÜTE

Mit der „Stadt der Künste und Wissenschaften“ hat Valencia vor rund 25 Jahren EIN MODERNES WAHRZEICHEN geschaffen

In Valencias Kathedrale La Seu findet sich Erstaunliches: die ersten Renaissance-Malereien Spaniens, Reliquien, zwei Bilder von Goya oder der mystische Heilige Gral. Der Hauptanziehungspunkt für Besucher der südspanischen Stadt hat aber ein modernes Gesicht: die von 1994 bis 2009 errichtete futuristische „Stadt der Künste und Wissenschaften“ - „Ciutat des les Arts i les Ciències“ - im trockengelegten Flussbett Turia. Die strahlend weißen Bauten in Beton, Glas und Stahl, die mit ihren geschwungenen und gezackten Formen an Vogelflügel, riesige Fabelwesen, Muscheln oder Fische erinnern, sind umgeben von weiten Wasserflächen, in denen sich die Gebäude spiegeln. Sie tauchen in der Parklandschaft wie eine futuristische Traumstadt auf.

Das Ensemble aus Bühnen, Sälen, Forschungslabors und dem größten Aquarium Europas war als Fortsetzung der Stadtpalais und Barockkirchen, die die Innenstadt prägen, in Richtung des Meeres gedacht. Ein Besuchermagnet sollte entstehen, wie etwa die spektakulären Bauten des Guggenheim-Museums in Bilbao oder des Centre Pompidou in Paris. Die gigantischen Pläne des Komplexes aus fünf Bauten und einer spektakulären Brücke des in Valencia geborenen Architekten Santiago Calatrava und einem Bauwerk des spanisch-amerikanischen Architekten Felix Candela hatten jedoch ihren Preis: 1,3 Milliarden Euro wurden während der langen Bauphase verschlungen. Die Baukosten hatten sich vervierfacht und die Instandhaltung der Gebäude riss immer tiefere Löcher in die Taschen der Stadt. Als die Stadt weitere Millionenkredite zur Finanzierung der Bauprojekte aufnehmen wollte, schob die Zentralregierung in Madrid einen Riegel vor. 2012musste Valencia seine Zahlungsunfähigkeit verkünden. Als erstes Gebäude wurde 1998 das „Hemisfèric“ eröffnet, das einem riesigen Auge gleicht und mittels raffinierter Technik geschlossen werden kann. Im Inneren wurde ein Planetarium, ein 3-D-Kino und eine Lasershow eingerichtet.

Es folgte zur Jahrtausendwende das dreistöckige, interaktive Wissenschaftsmuseum „Museu de les Ciènces Príncep Filip“, in dem Naturgesetze anschaulich vorgeführt werden und Aktivitäten rund um Naturwissenschaften für jedes Alter angeboten werden. Der gezackte Dachfirst des 220 Meter langen und 55 Meter hohen Gebäudes erinnert an Dinosaurier-Rippen. Die zum Dach zulaufenden Stahlrippen sind fast vollständig verglast. Mit L'Umbracle schuf Calatrava als nächstes ein überdimensioniertes Portal und einen 320 Meter langen Zugangsbereich in die Ciutat des les Arts i les Ciències aus schwebenden weißen Bögen. Im oberen mit Palmen und heimischen Pflanzen gesäumten Freiluftgang finden sich Ausstellungen und Skulpturen zeitgenössischer Künstler.

Die Einweihung des „L'Oceanografic“, dem größten Aquarium Europas, konnte der 1997 verstorbene Architekt Felix Candela nicht mehr erleben. Er gilt als Pionier des Beton-Schalen Baus und konnte hier seine Vision in Form einer Wasserlilie verwirklichen. Spektakulär ist die Architektur von Eingangsgebäude und Restaurant, in dem man mitten unter den Fischen des umgebenden Wasserbeckens sitzt. Mit dem kugelförmigen Palau de les Arts de Reina Sofia, das sich im Südosten dem Besucher wie ein riesiges Haifischmaul öffnet, schuf Calatrava sein Meisterwerk. Er designte auch viele Details wie Türgriffe, das Treppenhaus bis hin zu Kachelgemälden. An der höchsten Stelle misst das Bauwerk 75 Meter und gilt vom Volumen als größtes Opernhaus der Welt.

Als letztes Gebäude der Ciutat des les Arts i les Ciències wurde im November 2009 schließlich das multifunktionelle „L'Agora“ eröffnet, das als Austragungsort verschiedener sportlicher und kultureller Veranstaltungen genutzt wird. Es sollte benannt nach dem Platz für Bürgerversammlungen im antiken Griechenland ein Symbol für das moderne Valencia werden. Wegen der Prunksucht ihrer Patrizier bekam Valencia einst den Beinamen „la Esplénida“, die Prächtige und es gab Korruptionsfälle rund um die pharaonenhaften Bauten. Dennoch wurde in der „Stadt der Künste und Wissenschaften“ einzigartige Architektur geschaffen, die ohne einen Hang zur Verschwendung kaum möglich gewesen wäre. Heutige Besucher sind davon immer noch fasziniert.                        WOLFRAM SEIPP

Er­schie­nen im Ta­ges­spie­gel am 02.11.2024

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