Wolfsburg:Osterloh: Mehr Schlagkraft, aber keine „Rasenmähermethode“

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Bernd Osterloh, VW-Betriebsratschef, spricht. (Foto: Christophe Gateau/dpa/Archivbild)

VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh will schärfere Kostenziele unter dem Druck von Corona-Krise, Branchenumbruch und steigender Konkurrenz durch Tesla nur...

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Wolfsburg (dpa) - VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh will schärfere Kostenziele unter dem Druck von Corona-Krise, Branchenumbruch und steigender Konkurrenz durch Tesla nur mittragen, wenn der Vorstand auch eine weitere interne Verschlankung des Konzerns angeht. „Bei so einem Wildwuchs nützen uns unsere Größe und Skalierungskraft auf einmal nicht mehr viel“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf die große Zahl etwa der verwendeten Batteriezell-Varianten für Elektroautos. Hier hat Volkswagen derzeit noch rund zwei Dutzend mehr Ausführungen als der US-Wettbewerber. „Dabei geht es für die Kunden doch nur um das Ergebnis, nämlich maximale Reichweiten bei optimalem Verbrauch und guter Ladefähigkeit“, meinte Osterloh.

Das „Layout der einzelnen, im Fahrzeug versteckten Zellen“ müsse stärker vereinheitlicht werden, „um unsere Schlagkraft als Konzern voll ausspielen zu können“, sagte der oberste Belegschaftsvertreter, der auch im VW-Aufsichtsrat sitzt. „Sonderwege und Extrawürste der Marken müssen der Vergangenheit angehören.“ Der Wolfsburger Autohersteller sucht schon länger nach weiteren Sparpotenzialen - dabei verlangt der Betriebsrat vom Top-Management aber auch, eine Verringerung der Vielfalt an Ausstattungen sowie besser abgestimmte Prozesse statt personeller Mehrbelastungen in den Blick zu nehmen.

„Mehr Effizienz ist immer gut“, sagte Osterloh zu den jüngst bekräftigten Produktivitätszielen von Vorstandschef Herbert Diess. „Die Frage ist nur: Wie komme ich dort hin?“ Der Aufsichtsrat hatte Diess vor Weihnachten prinzipiell Rückendeckung für das Vorhaben gegeben, innerhalb der nächsten drei Jahre die Fixkosten um weitere fünf Prozent zu senken - der genaue Plan soll im jetzt angelaufenen ersten Quartal näher ausgearbeitet werden. Als Etappensieg des Betriebsrats galt dabei bereits die Zusage des Managements, mögliche neue Einsparungen nur im Rahmen bestehender Programme umzusetzen.

Aus Sicht Osterlohs kann VW noch Reserven aus einer engeren Absprache von Entwicklung, Beschaffung und Produktion mobilisieren: „Es nützt wenig, wenn man ein großartiges Auto entwickelt, das die Produktion nachher nur beschwerlich bauen kann. Das Modell muss schon so geplant werden, dass die Aufbaufolge nachher voll funktioniert.“ In den kommenden Jahren pumpt VW Milliarden in E-Mobilität und Vernetzung.

Nur mehr Tempo oder „Personalkürzungen nach der Rasenmähermethode“ lehnt er ab: „Da setzt man an, wenn man nicht mehr weiter weiß und ein Strohfeuer für die Börsenwelt haben will.“ 2020 war es wegen des hohen Drucks und technischer Probleme in der Golf-Produktion erneut zu Auseinandersetzungen zwischen Betriebsrat und Vorstand gekommen. Diess erklärte zuletzt zu den weit besseren Finanzierungschancen von US-Konzernen wie Tesla oder Apple am Kapitalmarkt, dass VW auch aus diesem Grund intern stärker auf Kosten und Effizienz achten solle. Das Unternehmen müsse sich „deutlich verbessern, um in der Zukunft wettbewerbsfähig zu sein und ein besseres Ranking zu bekommen“.

In die Berechnung der VW-Vorstandsgehälter sollen ergänzend zum Geschäftserfolg bald auch Ziele zu Umwelt, Sozialem und guter Führung einfließen - was schon einmal eingeführt, zwischenzeitlich aber wieder zurückgestellt worden war. Die nächste Hauptversammlung soll nun darüber entscheiden. „Das wundert und ärgert mich ein bisschen“, meinte Osterloh dazu. „Hätten wir das Vorhandene einfach verfeinert und etwas verbessert, hätten wir alles gehabt, was wir brauchen.“

Inzwischen erkennten sogar Finanzmarktgrößen wie Larry Fink - Chef des weltgrößten Vermögensverwalters Blackrock -, dass auch solche Themen wichtig seien, um Management-Erfolge zu messen: „Wie sich Konzerne um die Umwelt, ihre Belegschaft und die Regionen an ihren Standorten kümmern, das alles ist ein knallharter Wettbewerbsfaktor und von zentraler Bedeutung für Kaufentscheidungen der Kundschaft.“

Die anhaltend schwierige Pandemie-Lage, die derzeit etwa zu Engpässen bei wichtigen Zulieferteilen wie Halbleitern führt, mache auch Volkswagen das Leben schwer, räumte Osterloh ein. „Wir wissen nicht genau, wie sich Corona weiterentwickelt.“ Es sei möglich, dass weitere Schlüssellieferanten von Personal- und Arbeitsausfällen betroffen würden. Berichten zufolge kalkuliert VW intern bereits mit einer spürbaren Minderproduktion wegen ausbleibender Komponenten.

Bei Elektromodellen seien die Zulieferer insgesamt stärker gefragt, mahnte Osterloh. „Wenn wir E-Autos bauen wollen, brauchen wir alles, was dazugehört. Fehlt ein wichtiges Teil wie die Batterie in hinreichenden Mengen, läuft das nicht.“ Beschwerden darüber, dass Autokonzerne zunehmend Komponenten selbst herstellen, könne er nicht nachvollziehen. „Natürlich sind die Zulieferer weiter ein wichtiger Wirtschaftsfaktor der deutschen Autoindustrie - aber bewegen müssen sie sich schon selber.“ Das Batteriezell-Geschäft sei gewinnträchtig, jedoch brauche man rechtzeitige Vorleistungen. „Ich glaube, da verschenken gerade auch die deutschen Zulieferer echte Chancen.“

Hohe Erwartungen hat der Betriebsratschef an das neue Software-Ressort im Konzernvorstand. „Lange ist nichts passiert“, sagte er. „2017 hatte ich dann noch mal gesagt, dass wir dafür jemanden an höchster Stelle brauchen. Jemanden, der oder die sich kreativ darüber Gedanken macht: Wie muss die IT in einem so großen Unternehmen in fünf Jahren aussehen? Da brauchen wir mehr Koordination.“ Eine Top-Zuständigkeit für das Thema sei wichtig. „Nicht zuletzt geht es dabei auch um unsere Attraktivität als Arbeitgeber.“ Osterloh sprach sich dafür aus, die Führung des Bereichs mit einer Managerin zu besetzen.

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