TV-Duell im Wahlkampf:"Viel Bla Bla ohne Ergebnis"

Das Konzept des TV-Duells bedarf einiger Überarbeitung. Viele Zuschauer überzeugte das Format nicht. SZ-Leser sagen ihre Meinung.

Zum TV-Duell zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Frank-Walter Steinmeier ("Ausweitung der Kampfzone", 15. September) schreiben Leser:

"Zustimmen muss man der Kritik von Kurt Kister an dem "Format", an der "Art der Sendung". Es war schlicht lächerlich, vier Vertreter von Fernsehsendern zwei Politikern gegenüberzustellen. Das Duell zwischen den profilneurotischen Moderatoren und zwei seriösen Politikern ging eindeutig zugunsten der letzteren aus.

Die sogenannten Moderatoren, die immer wieder in überheblicher Pose ihre Meinungen zum besten gaben, sollte man in einen Lehrgang schicken, in dem sie die Rolle eines Moderators üben können. Und was sollte die Beobachter-Runde von Anne Will? Können denn CSU- und SPD-Politiker ein politisches Fernsehgespräch (mehr war es doch nicht) parteipolitisch neutral kommentieren?

Es ist zu befürchten, dass in Deutschland der aus USA importierte Unsinn der Fernseh-Duelle fortgeführt wird. Wenn das schon sein muss, sollte man die Politiker mit einem Moderator an einen runden Tisch setzen. Proporzprobleme wird es bei Fernsehsendern ja nicht geben."

Dr. Jürgen Harbich Feldkirchen-Westerham

Fragen auf schlichtem Niveau

"Das legendäre Duell Nixon gegen Kennedy leitete ein Moderator; bei den Duellen Schröder-Stoiber und Schröder-Merkel genügten zwei. Jetzt mussten es gleich vier sein, die sich natürlich profilieren wollten. Also teilten sie uns und den Kandidaten ihre Meinung mit, statt scharf, kurz und gezielt zu fragen, und benahmen sich ungezogen, indem sie von den ersten Minuten an die zum Duell Angetretenen in ihrer Argumentation unterbrachen.

Herr Plasberg verwechselte überdies in seiner unpassenden Freizeitkluft wohl auch noch die politische Arena mit einem Sportstadion. Auch Moderatoren sollten den höchsten Repräsentanten der deutschen Politik Respekt zollen.

Die Fragen der Vier bewegten sich auf schlichtem Niveau bis hinunter zum Ackermann-Abendessen, das ihnen wichtiger zu sein schien für die Gestaltung der Politik der nächsten vier Jahre als die Einstellung unserer Politiker zu Bildung, Lösung der sozialen Probleme, Klimaschutz, Europa- und Außenpolitik und - wenn man von der Frage nach dem Ausstieg aus der Atomenergie absieht - Energiepolitik.

Auch die Platzierung der Fragen war nicht ausgewogen. Nahezu bei jedem neuen Problem wurde die Frage zuerst dem Herausforderer gestellt, sodass sich dieser gut profilieren konnte und der Verteidigerin nur mehr die undankbare Rolle einer Korrigierenden blieb. Ich wünsche mir für ein zukünftiges TV-Duell einen einzigen, wirklich kompetenten, sehr kritischen Fragesteller, der beiden Kontrahenten gleiche Chancen gibt."

Rudolf Haller München

Müder Auftritt ohne Schlagabtausch

"Was sich diese vier Moderatoren in Gegenwart von mehr als 14 Millionen Zuschauern an Verhalten und Fragen den beiden Politikern gegenüber geleistet haben, verdient nur die Note "ungenügend". Alle vier verstanden es über die gesamte Zeit leider nicht ein einziges Mal, dass von den beiden zu Befragenden wenigstens kurzfristig ein verbaler Schlagabtausch zu Stande kam, worauf die Mehrzahl der TV-Zuschauer eigentlich gehofft hatten."

Prof. Dr. Gerhard Schlund München

Selbst Sarah Palin ist besser

"Das sogenannte Wahlduell war nicht einmal ein Duett, sondern bestenfalls eine Präsentation zweier Schlaftabletten. Dennoch spiegelte dieses Trauerspiel die vergangenen vier Jahre Merkelscher Politik wider - viel Blabla ohne greifbare Ergebnisse!

Solch auswendig gelernte Antworten und Statements, getragen von einer eher negativen Körpersprache, müssen doch Vollblut-Politiker wie Franz Josef Strauß und Willi Brandt in ihren Gräbern rotieren lassen. Selbst eine fünft-klassige Politikerin wie Sarah Palin hat sich im US-Wahlkampf in einer Weise präsentiert, von der unsere beiden Kandidaten nur lernen könnten."

Gerd Jakubowski Rohrdorf

Langweilig? Nein, anständig.

"Nach dem Fernsehduell sehe ich dem Wahltag viel entspannter entgegen: Da haben sich zwei kluge Köpfe präsentiert, die plausible, wenn auch unterschiedliche Ideen für die Zukunft unseres Landes haben.

Gott sei Dank sind sie nicht auf die Anfeuerungen in den Medien (und der Interviewer) hereingefallen, die gerne mehr Aggressivität und mehr persönliche Gemeinheiten gehabt hätten. Nach Strauß, Stoiber, Schröder und Konsorten tat das sehr gut. Langweilig? Nein, anständig."

Monika Heilmeier-Schmittner Kirchberg

Ein zahmes Interview mit der Kanzlerin

"In einem handzahm geführten Interview ("Wir retten keine Unternehmen, sondern wahren Chancen", 12./13. September) konnte Frau Merkel das übliche Wahlkampfblabla verbreiten. Wer braucht so einen Journalismus? Keine harte Frage zu von ihr gebrochenen Wahlversprechen, etwa bei der Mehrwertsteuer.

Keine harte Frage, wie sie mit ihrer angeblichen Politik für die Mitte vereinbaren kann, dass Normalarbeitnehmern seit ihrer Kanzlerschaft immer noch weniger real verfügbares Einkommen bleibt, ja, sogar erstmals ein nominaler Einkommensrückgang gegeben ist. Während zugleich Gewinne aus Unternehmen und Kapitalanlagen immer noch weiter steigen. Keine harte Frage zur Generationengerechtigkeit - die durch die Rentengarantie einseitig zu Lasten der Nichtrentner und künftigen Rentner aufgekündigt wurde."

Stephan Wunsch Ludwigsburg

Der Politik-Inszenierung überdrüssig

"Es mag ja sein, dass das Duell im Wortsinn keines war und sich das Fernsehen zu wichtig nimmt. Wenn man aber die Expertenrunde betrachtet, die die ARD für die Anschlussdiskussion engagiert hatte, wünschte man sich, das Fernsehen nähme sich etwas wichtiger und würde beim Zuschauer statt mit billigem Effekthascher-Flitter, mit verständlicher Kompetenz punkten wollen.

Wer wurde uns denn da als Fachmann/frau vorgesetzt? Für die CDU übte sich eine gescheiterte CSU-Existenz in der Nacherzählung, für die SPD mühte sich ein Mann im Lob, der selbst gern von den Wahlplakaten grinsen würde, den Unterhaltungsfaktor analysierte ein Regisseur, der offensichtlich nicht begriffen hat, dass der Großteil der Menschen der Inszenierung von Politik überdrüssig ist und der glaubt, Krisen ließen sich mit Leidenschaft bewältigen.

Und last but not least durfte in der illustren Runde eine Hochglanz-Klatschtante, die sich rühmen kann, den Untergang eines Bundesministers im Swimmingpool vorbereitet zu haben, sich wünschen, Angela Merkel möge in einem Wahlkampfduell über ihren Pflaumenkuchen referieren. Da konnte sich der Zuschauer nur noch an die RTL-Leihgabe Günther Jauch klammern, der den am vorbei wabernden Geschwafel verzweifelnden Bürger gab."

Sabine Krempl München

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