Johannesburg (dpa) - An der Einfahrt zu Durbans King Shaka International Airport schlug die Falle zu. In einem gestoppten Auto wurden südafrikanische Polizisten Mitte Februar schnell fündig: zwei schwere Elefanten-Stoßzähne lagen im Kofferraum - die drei Insassen wurden festgenommen.
In einer Lodge nördlich der Hafenstadt gab es kurz drauf drei weitere Festnahmen - eine Sondereinheit der Polizei hatte einen anonymen Hinweis bekommen, dass die Männer auf der Suche nach Käufern für Elfenbein waren. Fälle wie diese gibt es weiter, doch sie machten in den vergangenen Monaten seltener Schlagzeilen: Die strikten Corona-Beschränkungen drängten den Elfenbein-Schmuggel in den Hintergrund. Gesicherte Daten dazu gibt es aber nicht.
Tiere sind wegen des Lockdowns weniger geschützt
„In Südafrikas Krüger-Nationalpark etwa hat der Lockdown eindeutig dazu geführt, dass weniger Nashörner getötet wurden; vermutlich gilt das auch für Elefanten dort“, meint etwa Daniela Freyer von der Tierschutzorganisation Pro Wildlife - weist aber auf die spezielle Situation des eingezäunten Areals hin. „Die allgemeine Befürchtung ist, dass es in anderen Gebieten aufgrund des Lockdowns zu mehr Wilderei kommt, weil Ranger nicht auf ihren Posten bleiben können.“
Das sieht Heike Henderson von der Organisation Future for Elephants ähnlich. „Die Elefantenbestände gehen kontinuierlich zurück und haben einen historischen Tiefststand erreicht“, erläutert sie im Vorfeld des Tages des Artenschutzes am 3. März. Während vor allem in Zentral- und Westafrika die Wilderei weiter anhält, scheint sich zumindest in Ostafrika auch in Lockdown-Zeiten ein Abwärtstrend der Elefantenwilderei abzuzeichnen. „Aufgrund der Gesamtentwicklung wäre es aus unserer Sicht dennoch fatal, hieraus eine Entspannung der Situation für Elefanten herzuleiten“, meint sie - und betont: „Wir haben in den letzten 50 Jahren etwa 80 Prozent der Elefantenpopulation verloren.“
Höchster Elefantenbestand in Botsuana
Als renommierteste Quelle für die Bestandszahlen der Elefanten in Afrika gilt eine Datenbank der internationalen Tierschutzorganisation IUCN. Doch die letzte Veröffentlichung dieser Datenbank stammt von 2016 - basierend auf Zahlen, die 2015 erhoben wurden. Nach diesen Schätzungen gab es nach etwa zwei Millionen Dickhäutern im Jahr 1970 zu diesem Zeitpunkt noch 415.000 Elefanten. Allein in Botsuana waren es 131.626 Tiere. Das dortige Okavango-Delta ist weltweit wegen der spektakulären Landschaften und reichen Tierwelt berühmt und beherbergt den global höchsten Elefantenbestand.
Doch rätselhafte Todesfälle treiben dort seit gut einem Jahr die Tierschützer um. Zu Hunderten brachen Elefanten dort einfach zusammen, blieben leblos liegen. In diesem Jahr wiederholt sich das mysteriöse Szenario. „Von Januar bis heute wurden insgesamt 39 Elefanten-Kadaver identifiziert; erste Untersuchungen haben Bakterien oder Anthrax als Todesursache ausgeschlossen“, sagte Kabelo Senyatso, der Direktor der Nationalpark-Abteilung, der Deutschen Presse-Agentur Ende Februar. Die meisten Kadaver, die ihre bei Wilderern begehrten Stoßzähne noch besaßen, lagen in der Mombo-Region. Im Vorjahr starben rund 330 Elefanten 230 Kilometer entfernt ebenfalls im Okavango-Park.
Elefanten fehlt Lebensraum und Frischwasser
Die Behörden hatten damals Cyanobakterien, auch Blaualgen genannt, als wahrscheinliche Todesursache ausgemacht. Labortests mit Blutproben verendeter Tiere sowie Erd- und Wasserproben hätten ergeben, dass diese Gifte bildenden Mikroorganismen die Tiere im Okavango-Delta im Nordwesten des Landes töteten, hatte die Wildpark-Behörde Mitte September erklärt. Manche Arten von Cyanobakterien bilden potenziell tödliche Giftstoffe. Das kann zum Beispiel Folgen für Tiere beim Trinken aus Gewässern haben, wenn sich die Mikroben dort bei Algenblüten massenhaft vermehren.
Der Internationale Tierschutz-Fonds (IFAW) verwies in einer Erklärung auf Forschungsergebnisse des früheren IFAW-Beraters Rudi van Aarde, wonach auch die beengten Lebensräume der Dickhäuter mit beschränktem Zugang zu Frischwasser eine Rolle gespielt haben könnten. „Das tragische Massensterben im vergangenen Jahr hat es klar gemacht: Elefanten einzuengen kann verheerend sein“, so Jason Bell vom IFAW. Lesego Kgomanyane von Botsuanas Umweltministerium weist darauf hin, dass im Grenzgebiet mit Angola, Namibia, Sambia und Simbabwe historische Wanderrouten geöffnet werden sollen.
Übertragung von Viren an Süßwasserstellen
Ein internationales Forscherteam unter Leitung des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin belegte, dass Viren die wenigen Süßwasserstellen als Übertragungsweg nutzen können, um sich zwischen Tieren zu verbreiten. Das Team beprobte Wasserlöcher in Ökosystemen Afrikas und der Mongolei mit ausgeprägten Trockenzeiten und versuchte dann, ausgesuchte Tierviren darin zu züchten. Die im Fachjournal „Science of the Total Environment“ veröffentlichten Ergebnisse bestätigen, dass es tatsächlich funktioniert. Wasserlöcher können so eine Art Schlüsselstelle für die Übertragung von Krankheitserregern innerhalb und zwischen den Arten sein.
Sorgen bereitet Tierschützern auch ein geplantes Bohrprojekt auf der namibischen Seite des Okavangos, wo die kanadische Firma Recon nach Öl und Gas suchen will. Das Lizenzgebiet der Firma liege weitgehend im Kaza-Naturschutzgebiet, wo es auch schon die ersten Testbohrungen gegeben habe, meint Henderson. „Geplante seismische Untersuchungen haben nachweislich negative Auswirkungen auf Elefanten, deren letzte große Population Afrikas im Kaza lebt.“ Sie sieht auch Deutschland in der Pflicht, das mit über 35 Millionen Euro Hauptfinanzierer von Kaza ist.
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