Pellworm (dpa) - Wer an die nordfriesischen Inseln denkt, denkt an Sylt, Föhr und Amrum. Und Pellworm? Haben weniger Menschen auf dem Zettel.
Dabei ist die vierte nordfriesische Insel nicht einmal die kleinste, zumindest flächenmäßig. Doch was Urlauberzahlen und Bekanntheit angeht, steht Pellworm im Schatten ihrer Schwestern. „Es ist schade, dass wir immer hinten runter fallen“, sagt Kurdirektorin Sarah Michna. „Es wird der Insel Pellworm einfach nicht gerecht, wenn immer nur von den drei anderen gesprochen wird.“ Michna ist seit 2018 Kurdirektorin auf Pellworm. Die Allgäuerin will Pellworm sichtbarer, als Urlaubsort bekannter machen.
Die grüne Insel im Wattenmeer
Der Tourismusboom früherer Jahrzehnte ging an Pellworm weitest gehend vorbei. Der fehlende Sandstrand trug wohl auch dazu bei. Denn das, was viele Urlauber mit einer Nordseeinsel verbinden - den weißen Sandstrand - sucht man auf dem Eiland auch vergebens. Die Strandkörbe stehen auf dem Deich - hier grüner Strand genannt - und bei Ebbe kann man sich statt in die Wellen ins Watt stürzen.
Und so geht es auf dem rund 37 Quadratkilometer großen Eiland deutlich beschaulicher zu als auf Amrum oder Föhr und als auf Sylt erst recht. Die Zahl der Gäste und auch der Übernachtungen hat sich auf der grünen Insel im Wattenmeer zwar in den vergangenen Jahren gesteigert: Gut 185 000 Übernachtungen gab es im Jahr 2019, 2016 waren es rund 157 000. Aber: Auf Sylt werden regelmäßig mehr als sechs Millionen Übernachtungen gezählt, auf Föhr etwa 1,8 Millionen und auf dem nur rund 20 Quadratkilometer großen Amrum rund 1,3 Millionen.
Viele Kühe und Ruhe
Auf Pellworm gibt es kein aufregendes Nachtleben, keine hübsche Strandpromenade und keine kilometerlangen Sandstrände. Allerdings auch keine Probleme mit Staus und zu viel Autoverkehr, keine Bettenburgen und riesige Luxushotels. Stattdessen viele Kühe und noch mehr Schafe. Und Ruhe. Aber Ruhe muss ja nichts Negatives sein, sie sei ein hohes Gut, findet Michna.
Auf Pellworm könne man entschleunigen, sagt Michna. Hier sei nichts Aufgesetztes, „so leben die Pellwormer“. Die Gäste könnten sich als Teil der Inselgemeinschaft fühlen. Zum Teil kämen die Urlauber bereits in dritter Generation und lebten die Entwicklung dieser Insel mit. „Es ist tatsächlich so: einmal Pellworm, immer Pellworm - oder nie wieder.“ Denn man muss schon gut mit sich selber können auf Pellworm. Bespaßung und Entertainment von außen gibt es eher nicht.
Für Jugendliche wenig Angebote
Neben dem Tourismus ist die Landwirtschaft der zweite große Einkommensbringer auf der Insel. Und das sei auch gut so, sagt Michna. Es gebe genügend Urlaubsdestinationen, wo nichts los sei ohne Gäste. Dennoch, auch Pellworm muss und will sich touristisch weiterentwickeln. „Wir haben natürlich Defizite, gerade in der Nebensaison“, sagt die Kurdirektorin. Und auch für Jugendliche beispielsweise gibt es auf der Insel nicht wirklich viele Angebote. „Aber ich denke, da werden wir auch schon was finden, was zu der Insel passt und nicht aufgesetzt ist.“
Toller Sternenhimmel
Ein Projekt, mit dem Pellworm gerade in der dunklen Jahreszeit Gäste anziehen will, ist die Anerkennung als offizielle Sterneninsel. Pellworm will sich von der International Dark-Sky Association (IDA) als anerkannte Sternenparks registrieren lassen. Denn auf Pellworm ist es nachts wirklich dunkel. Einen Sternenhimmel wie hier sieht man nicht überall. „Das passt zu uns“, sagt Oliver Jedath von der Projektgruppe Sterneninsel Pellworm. Und zu dem sanften Tourismus mit Radfahren, Natur und wenig Trubel.
Große Hotels, „300-Betten-Burgen“, soll es nach dem Willen Michnas auf Pellworm nicht geben. „Weil es der Insel nicht gut tun würde. Aber wir müssen natürlich Entwicklung zulassen.“
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